Zeit für Innovationen „Made in Germany“

Zeitmangel ist eine Krankheit unserer Gesellschaft. Subjektives Zeitempfinden wird als stressig oder überbordend empfunden. Für echte Innovationen bleibt erst recht keine Zeit. Zu sehr sind wir abgelenkt von Routineaufgaben, die wahre Zeitfresser sind. Dabei können wir dieses Dilemma einfach lösen, denn viele dieser wiederkehrenden Aufgaben lassen sich mithilfe von digitalen Automatisierungsprozessen abbilden. So schaffen wir wieder Freiräume – für Innovationen „Made in Germany“.

Ein Mensch lebt im Durchschnitt rund 29.000 Tage. Das mag auf den ersten Blick lange erscheinen, auf den zweiten Blick merkt man schnell, dass die Tage rasch vergehen. In der Hektik des Alltags vergessen wir oft die Dinge, die uns wichtig sind oder für die es sich lohnt Zeit aufzuwenden. Zu beschäftigt sind wir – nun ja – mit dem beschäftigt sein. Oder wir verbringen unsere Zeit mit sich wiederholenden Routineaufgaben, für die es bislang keinen vernünftigen Workflow gab.

Die Zeit und ihre Physik

Die Zeit an sich ist dabei ein faszinierendes Konzept. Betrachtet man Zeit aus der Sicht der Physik, so scheint sie recht eindeutig definierbar. Sie wird als feste physikalische Größe mit dem Formelzeichen „t“ formuliert und zählt damit zu den grundlegenden Größen. Zeit beschreibt eine Abfolge von Ereignissen und hat eine eindeutige und unumkehrbare Richtung. Sie läuft stetig und unaufhaltsam in eine Richtung ab, von der Vergangenheit, die wir erforschen können, in die Zukunft, die offen ist, von der Geburt zum Tod. Die Zeit definiert ein „vorher“ und „nachher“. Wir teilen sie in Einheiten, die man genau messen kann; Stunden, Minuten, Sekunden. Legte man früher fest, dass 24 Stunden, einer Umdrehung der Erde um sich selbst entsprechen, so lässt sich Zeit heute viel exakter bestimmen: Eine Sekunde entspricht 9.192.632.770 Perioden der Strahlung des Überganges zwischen den beiden Hyperfeinstruktur-Niveaus des Grundzustandes von Atomen des Elements Cäsium-133.

Philosophischer Exkurs

Schwankt man über zur Philosophie, so begegnet einem die Zeit in zahlreichen Varianten und Interpretationen. Langeweile, Stress, Muße oder doch Kurzweiligkeit. Das sind alles Ausdrücke, mit denen wir unterschiedliche Erlebnisse im Umgang mit unserer Lebenszeit verbinden. Formuliert man diese Begriffe um in Zeitmangel, Zeitfülle, Zeitreichtum oder Zeitleere, kommt man schon sehr nah an das menschliche Zeitempfinden. Zumal diese Begriffe enge Verbindungen miteinander eingehen.

Es gibt zum Beispiel langweiligen oder kurzweiligen Stress. Setzen Sie sich im Europapark in eine Achterbahn, dann werden Sie kurzweiligen Stress erleben. Verrichten Sie hingegen Akkordarbeit an einem Fließband oder halten ein schreiendes Kind im Arm, erleben Sie aller Wahrscheinlichkeit nach langweiligen Stress.

Über diese Zusammenhänge haben sich Menschen schon früh den Kopf zermartert. Die Zeiterfahrungen finden ihre begrifflichen Fassungen beispielsweise in den Lebenskunstlehren der antiken Philosophie wieder. Vor allem in den stoischen und epikureischen Schulen, in denen es immer auch um den richtigen Umgang mit der Lebenszeit geht, ist das Thema stark vertreten. Gerade die Frage nach der „Muße“, im lateinischen Otium, die freie Zeit, als Erlebniszeitform stand dabei vorne an. Muße haben heißt, unter anderem, Souveränität über seine Lebenszeit ausüben zu können. Denken Sie an die E-Mail Benachrichtigungen, die sich im Nu abschalten lassen. Eine Wonne.

Zeit: aus physikalischer und philosophischer Sicht
Bildquelle: Pixabay, Gert Altmann

Wie man es dreht und wendet, die Zeit scheint vor allem zwei Eigenschaften zu haben. Sie rinnt unaufhaltsam weiter in eine Richtung und wir empfinden sie allzu oft als „knapp“. Aber was hat die Zeit mit der Frage nach digitalen Innovationen zu tun? Mehr als Sie vielleicht auf den ersten Blick meinen. Schließlich drehen sich viele der aktuellen Technologiefragen rund um das Thema Effizienzsteigerung und gleichzeitig ist der Bedarf an echten Innovationen, die die großen Fragen der Menschheit beantworten so groß wie zuvor. Der Globus ist überbevölkert, wir kämpfen mit der Klimakrise, eine Pandemie überschattet das zweite Jahr unser Dasein und Probleme wie der globale Hunger sind auch allgegenwärtig. Alles Themen, die nach echter Veränderung schreien – Innovationen eben. Und nicht immer, aber oft, sind diese technische Natur.

Um diesen Innovationsthemen den nötigen Freiraum zu geben, stellen sich auf der anderen Seite   Effizienzfragen. Und das geschieht nicht ohne Grund. In unserer schnelllebigen Zeit müssen wir immer schneller auf Ereignisse oder Anforderungen reagieren können. Einer der wichtigsten Skills in die in der Businesswelt gefragt sind, ist die Fähigkeit sich in kürzester Zeit auf eine neue Situation einzustellen und sich den Gegebenheiten anzupassen. Wir müssen in jeder Situation in der Lage sein, richtig zu reagieren. Seien es Markttrends, wirtschaftliche Verschiebungen oder eine sich anbahnende Disruption.

Deshalb brauchen wir Technologien, die uns die langweiligen und zeitraubenden Arbeiten abnehmen. Technologien, die uns den Rücken freihalten, wenn es mal besonders stressig wird. Nur so können wir uns der zahlreichen Anforderungen an Neuerungen und an steigender Geschwindigkeit stellen.

 

Technologien Made in Germany
Bildquelle: Pixabay

Richten wir unseren Blick nach China oder in die USA finden wir schnell leuchtende Beispiele, wenn es um technologische Innovationen geht. Sei es die Allrounder-App WeChat vom Tech-Giganten Tencent mit der die chinesischen Bürger quasi ihr gesamtes Leben über eine App abwickeln können – von Flugreisen, bis zu Bezahldienstleistungen hin über eine Chatfunktion innerhalb eines sozialen Netzwerkes. In den USA kommt ein Groh der Innovationen aus dem Silicon Valley, das seit Jahren Spitzenreiter in Sachen Digitalisierung und Automatisierung ist.

Automatisierung – als Mittel zum Zweck

In der Marketingwelt ist die Zeit der bunten offline Bildchen und Plakate vorbei. Jeder, der was auf sich hält, bewegt sich mindestens online – (und offline.) Die meisten aber sind längst übergangen zu intelligenten Tools, die ihre Kampagnen verwalten, SEO Tools, die dafür sorgen, dass der Google Crawler sie findet und Real-Time-Bid-Management und Data-Management Plattformen als komplexe MarTech- Infrastruktur. Sie bringen große Datenmengen miteinander in Zusammenhang und geben Aufschluss über das Kundenverhalten, sowie die daraus abzuleitenden Handlungsempfehlungen.

Marketing Automatisierung ist aus der Branche nicht mehr wegzudenken. Es gibt schlicht zu viele Routineaufgaben oder manchmal ist allein die schiere Kampagnengröße manuell nicht mehr zu managen. Im B2B Sektor ist die Allrounder Suite Hubspot ein schillerndes Beispiel für Marketing Automatisierung. Hier lässt sich von E-Mails, über Workflows über personalisierte Kampagnen quasi alles automatisieren. Hubspots Software verfügt zudem über ein Lead Scoring System, das dazu gedacht ist, die einzelnen Kontakte je nach Relevanz und potentieller Kaufkraft zu bewerten.

Nehmen wir einmal an, wir hätten ein Lead-Scoring- System von 1-100. Die Person, die für den Kauf unserer Software relevant ist, ist der IT-Direktor eines Unternehmens. Deshalb legen wir in der Software fest, dass es eine IT-Direktor Persona geben soll. Diese erhält automatisch 60 Punkte. Abonniert diese Person dann auch den Newsletter erhält sie weitere 10 Punkte. Besucht die Person dann noch weitere Websites, lädt sich relevanten Content, wie zum Beispiel ein Whitepaper oder ein E-Book herunter, erreicht sie irgendwann den Schwellenwert von 100 Punkten und wird automatisch zu einem „heißen Lead“ für Sales. Entsprechend wird im Hintergrund ein Trigger ausgelöst, der wiederum automatisch eine Benachrichtigung an die Sales Abteilung versendet, dass Person XY mit dem Profil als IT-Direktor sich gerade besagten Inhalt angesehen hat und eine Kontaktaufnahme zu diesem Zeitpunkt sinnvoll wäre.

Möglicherweise wünscht die Person mehr Informationen zum Produkt oder möchte eine Demo. Für mich als Marketerin, die sich lieber strategischen Themen widmet, ein echter Genuss und eine riesige Zeitersparnis. Natürlich muss das System im Hintergrund vorher einmal aufgesetzt werden und das Aufsetzen der Workflows, der Templates und Kampagnen ist alles andere als trivial, aber dieser Einmalaufwand lohnt und erspart einem, auf lange Sicht gesehen, viel Arbeit.

Werfen wir einen Blick in Richtung Rechtswesen, dann finden wir auch hier schon erste Feldversuche, wenn es um darum geht Prozesse zu automatisieren und Zeit zu sparen.

Das Technologieunternehmen IBM brachte ein Programm mit dem Namen „JustizMemoria“ auf den Markt, das die Richter bei ihrer Arbeit unterstützen sollen. Die Idee dahinter ist simpel: Dort wo Richter mit einer großen Arbeitslast zu kämpfen haben und massenhaft Verfahren bearbeiten müssen, kann Technologie helfen. Die Schriftsätze sind meist umfangreich und kaum standardisiert und die zu regelnden Angelegenheiten werden immer komplexer. Nicht zu Letzt deshalb, weil durch neue Geschäftsfelder auch neue Rechtsthemen aufkommen.

Im Allgemeinen werden drei algorithmische Entscheidungsarten klassifiziert. Die erste Einteilung bezieht sich auf das Algorithmen basierte Entscheiden. Hier werden die Entscheidungen von Menschen getroffen, die sich auf algorithmisch berechnete (Teil-) Informationen stützen. Die zweite Kategorie betrifft Algorithmen getriebene Entscheidungen. Menschliche Beschlüsse, die durch die Ergebnisse algorithmischer Systeme in einer Weise geprägt werden, dass der tatsächliche Entscheidungsspielraum und damit die Selbstbestimmung des Menschen eingeschränkt werden können.

Von Algorithmen determinierten Entscheidungen ist dann die Rede, wenn die Beschlüsse automatisch und ohne menschliches Zutun getroffen werden. Hier ist dann auch kein menschliches Eingreifen im Einzelfall mehr vorgesehen. IBMs Programm widmet sich der ersten Kategorie. Hier sollen menschliche Entscheidungen durch die maschinelle Sortierarbeit einer künstlichen Intelligenz erleichtert werden.

Ansatzpunkte im Einsatz von künstlicher Intelligenz sind das schnelle Erfassen von unstrukturierten Texten, sowie ein zentraler Schnellzugriff auf verfügbares Wissen. IBM Watson hat es sich mit seinem Programm JustizMemoria zur Aufgabe gemacht genau diese administrative Arbeit zu übernehmen. So kann zum Beispiel die Betriebskostenverordnung im Mietshaus genau unter die Lupe genommen werden und auf etwaige Fehler überprüft werden. IBM gibt an, dass das Programm zum Beispiel in der Lage sei, Entitäten und Sinnzusammenhänge in Texten zu erkennen.

Hinzu kommt, dass JustizMemoria fähig sein soll, strittige Betriebskosten aufzuzeigen, sowie die Relationsarbeit zu automatisieren und den Sachverhalt vorzuformulieren. Durch sein Feedback trainiert der Nutzer die Software, die bei der Urteilserstellung unterstützen soll und auch bei der Vor- und Nachbereitung von Verhandlungen assistiert. Auf diese Weise verbringen die Richter viel weniger Zeit damit sich durch die Aktenberge zu wühlen, sondern können sich auf die Fälle und auf die dahinterstehenden Personen konzentrieren. Das hier eingesparte Zeitpensum ist enorm.

Das sind nur zwei der etlichen Beispiele, die man für die Automatisierung von Prozessen anbringen kann. Man wird in jeder Branche fündig, denn es gibt quasi keine Industrie, die nicht von ineffizienten und kostspieligen Prozessen betroffen ist. 

Des Pudels Kern – oder warum Automatisierung sinnvoll ist

Automatisierung in der digitalen Welt übernimmt die Arbeiten, die kein oder nur noch wenig menschliches Zutun benötigen. Sie schafft uns Freiräume für den ohnehin schon vollgepackten Arbeitsalltag. In großen Industriehallen finden wir automatisierte Prozesse und erachten sie als selbstverständlich. Beim Thema Digitalisierung schrecken wir aber oft noch vor den großen Transformationsprozessen zurück. Dabei ist die Automatisierung digitalisierter Abläufe nichts anderes als Prozessoptimierung. Und diese Stellschrauben müssen wir uns zu Nutze machen.

Als digitaler Vorreiter gilt Deutschland nicht. Diese Illusion muss man sich auch nicht machen. Die USA und China sind uns in technologischer Hinsicht um Lichtjahre voraus und auch Länder, wie Schweden oder Finnland liegen vor uns. Was wir aber machen können, ist von ihnen zu lernen. Zu verstehen, was die Vorzeigerländer in Sachen Digitalisierung und Prozessautomatisierung besser machen, als wir und Vorgehensweisen für uns adaptieren. Denn das ist der Schlüssel für Innovationen, die wieder „Made in Germany“ sind. Jahrzehntelang war das Prädikat „Made in Germany“ das Siegel für Qualität und echte Wertarbeit. Davon ist nur noch wenig übrig.

Dabei haben wir die Ressourcen und das Know-how im Land, um dieses Qualitätsversprechen wieder mit Leben zu füllen und echte Innovationen auf den Markt zu bringen.

Wichtig dabei ist: Innovationen brauchen Zeit. Sie lassen sich nicht einfach von heute auf morgen entwickeln und sind übermorgen auf dem Markt. Innovationsfindung ist ein Prozess, der manchmal über mehrere Jahre andauert. Auch die Idee vom einsamen Genie, der in seinem dunklen Zimmer sitzt und irgendwann mit einer bahnbrechenden Idee die Menschheit bereichert, ist eher die Ausnahme.

In der Regel finden Innovationsprozesse im Rahmen des Austausches verschiedener Menschen miteinander statt. Ideen werden entwickelt, es wird getestet, es wird nachgebessert und im iterativen Prozess entsteht dann etwas, das neu und im besten Fall besonders gut ist. Wie ist das bei Ihnen? Wann haben Sie sich das letzte Mal wirklich Zeit genommen, um tiefgreifend über eine Idee nachzudenken?

Um aber wieder mehr Raum für Innovationen und kreatives Problemlösen zu schaffen, müssen wir dafür sorgen, dass wir die Prozesse, die uns Zeit rauben, so effizient wie möglich zu gestalten. Hier sind Digitalisierung – und damit eng verbunden – Automatisierung der zentrale Schlüssel für langfristigen Erfolg. Überall da, wo wir bereichsübergreifende Kommunikationsstränge verbessern können, Produktionsketten unterbrechungsfrei oder Logistik Just-in-time automatisieren können, liegt großes Potential verborgen.

Es liegt an uns, uns mit den notwendigen Voraussetzungen zu wappnen, um diesem subjektiven Empfinden von Zeitmangel Herr zu werden und wieder Nährboden für Ideen zu schaffen, die die Welt verändern.

Quellenangaben:

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