Dass digitale Angebote stark nachgefragt sind, erfährt das Schweizerische Bundesarchiv in Bern aktuell am eigenen Leib. Das Archiv hat einen Service entwickelt, mit dem Nutzerinnen und Nutzer Dossiers nach Hause bekommen können. Die Anfrage war jedoch so groß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Abarbeitung der Anfragen kaum hinterherkommen. Nach einer Phase des Ausprobierens wurden nun effiziente Arbeitsprozesse entwickelt. Dieser Fall lässt sich exemplarisch auf die gesamte Digitalisierung in Deutschland übertragen.
Wer Dokumente und Akten aus dem Schweizerischen Bundesarchiv studieren wollte, musste sich bisher auf den Weg dorthin machen. Im Lesesaal konnten die vielfältigen Papiere dann eingesehen und gelesen werden. Das Archiv wollte seinen Nutzerinnen und Nutzern das Leben nun deutlich vereinfachen. Zu diesem Zweck wurde ein Service ins Leben gerufen, der Dossiers bestimmter Akten digitalisiert und kostenlos per E-Mail versendet.
Mit diesem Service ist es Nutzerinnen und Nutzern möglich, Inhalte zu Hause zu studieren, ohne sich auf den Weg zum Bundesarchiv machen zu müssen. Außerdem könnten die per E-Mail versendeten Dokumente immer und überall gelesen und genutzt werden. Gerade Studentinnen und Studenten würden so eine größtmögliche Flexibilität genießen und könnten zum Beispiel auch im ÖPNV oder beim Warten auf den Arzt lesen und lernen.
Dieser Service kommt bei der Zielgruppe sehr gut an. Bereits wenige Tage, nachdem das Projekt umgesetzt wurde, hatten sich bereits 300 Menschen um ein Dossier beworben, berichtet bluewin.ch. Mit diesem Interesse hatte das Bundesarchiv nicht gerechnet. Eigentlich wollte es die bestellten Dossiers innerhalb von zwei Tagen einscannen und an die angegebenen E-Mail-Adressen herausschicken. Inzwischen kommt es jedoch dazu, dass Interessierte bis zu 7 Wochen warten müssen, bevor sie ihre Bestellung erhalten.
Das kommt daher, dass das Bundesarchiv mit einem solchen Interesse nicht gerechnet hat. Es ging davon aus, dass sich nur einige wenige solche Dossiers bestellen würden. Hiermit wären die abgestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Scannen und Versenden durchaus klargekommen. Durch das rege Interesse reichen die Kapazitäten jedoch nicht aus und die genutzten Arbeitsprozesse waren zur Bewältigung des Ansturms ungeeignet.
Das Bundesarchiv versucht nun, sich auf die aktuelle Situation einzustellen und die eigenen Arbeitsprozesse zu optimieren. Zu diesem Zweck werden bis zu neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereitgestellt, die sich ausschließlich um die eingehenden Anfragen kümmern. Sechs hiervon sind externe Fachleute, die sich mit der Materie besonders gut auskennen.
Die ergriffenen Maßnahmen zeigen bereits erste Früchte. So dauert es mittlerweile nicht mehr so lange, bis ein Dossier digitalisiert ist. Allerdings wurden auch Beschränkungen bei den Bestellungen eingeführt. Diese sollen dafür sorgen, dass sich die Wünsche in gewissen Grenzen halten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer Arbeit hinterherkommen.
Dieses exemplarische Beispiel für den Umgang mit der Digitalisierung betrifft die Schweiz, lässt sich aber nahezu uneingeschränkt auch auf Deutschland übertragen. Anbieterinnen und Anbieter wissen genau, dass die Digitalisierung extrem wichtig ist und auch in Zukunft eine besonders große Rolle spielen wird. Deswegen wollen sie digitale Angebote bereitstellen und das eigene Unternehmen digital transformieren. Allerdings fehlen häufig Erfahrungswerte, wie das am besten vonstattengehen soll. Eine so große Umwandlung wie die Digitalisierung hat noch niemand erlebt. Deswegen kommt es zu Schwierigkeiten im Anfangsprozess, die dann Stück für Stück überwunden werden müssen.
Es ist aber extrem wichtig, die Digitalisierung nicht aus Angst vor solchen zwischenzeitlichen Überforderungen ganz sein zu lassen. Dass das Angebot des Schweizerischen Bundesarchivs zu solchen Problemen geführt hat, lag vor allem daran, dass die Digitalisierung unterschätzt wurde. Das darf heutzutage nicht mehr passieren. Menschen haben ein Interesse an digitalen Angeboten und nutzen diese rege. Sie vereinfachen ihr Leben und machen es ihnen möglich, besonders effizient zu arbeiten. Deswegen sollten Anbieterinnen und Anbieter davon ausgehen, dass ihre Projektideen Erfolg haben werden. Stattdessen halten viele die Digitalisierung nach wie vor für eine Randerscheinung, für die sich schon nicht so viele Leute interessieren werden. Ein gefährlicher Trugschluss.
Denn nur wer den eigenen Erfolg einplant und die Digitalisierung ernst nimmt, kann diese bestmöglich vorbereiten. Dann lassen sich Arbeitsprozesse bereits im Vorfeld so gestalten, dass sie einer regen Anfrage gerecht werden und es möglichst zu keinen Problemen und Schwierigkeiten kommt. Natürlich wird bei jedem neuen Projekt zunächst einmal nicht alles rund laufen. Hier ist es dann möglich, Anpassungen vorzunehmen und das Angebot schrittweise zu optimieren. So hat es das Schweizerische Bundesarchiv ja getan. Wenn die Digitalisierung jedoch nicht unterschätzt würde, ließen sich viele Probleme bereits im Vorfeld vermeiden.
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