Nach einer ersten Euphoriewelle in Bezug auf die Digitalisierung setzt bei vielen Unternehmen scheinbar ein Gewöhnungsprozess ein. Das liegt vor allem daran, dass die Digitalisierung nicht die erhofften sprunghaften Erfolge mit sich bringt, sondern die Unternehmensprozesse schrittweise verbessert. In der aktuellen Studie „Transformation erfolgreich managen“ aus dem Februar 2019 machen Entscheider zahlreicher Unternehmen ihrem Unmut Luft. Die Potenzialanalyse gibt Einblicke in den Ist-Zustand der Digitalisierung und zeigt, welche Weichenstellungen Betriebe heute vornehmen sollten, um digital erfolgreich zu sein.
Die Studie „Transformation erfolgreich managen“ (Download und Infografik am Ende des Artikels) wurde im Februar 2019 von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z-Institut durchgeführt. Im Rahmen der Studie erfolgte eine Befragung von 354 Entscheidern und Fachkräften aus Unternehmen diverser Branchen. Unter anderem wurden Banken, Versicherungen, Telekommunikations- und Medienunternehmen, die öffentliche Verwaltung und diverse verarbeitende Gewerbe in den Blick genommen. Das Ziel war es, einen möglichst umfassenden Überblick über den Ist-Zustand der Digitalisierung in Deutschland zu gewinnen. Insbesondere wurde hierbei nach den bereits erreichten Erfolgen und den noch bestehenden Schwierigkeiten bei der digitalen Transformation gefragt. Die Befragung wurde online durchgeführt.
Viele Unternehmen sind offenbar ermüdet von der Beschäftigung mit der Digitalisierung. Gerade einmal 12 % sehen in ihr nach wie vor die zentrale Aufgabe der Zukunft. Dieser Zahl stehen 81 % der befragten Unternehmen gegenüber, die in der digitalen Transformation lediglich eine Aufgabe unter vielen sehen. Das liegt vor allem daran, dass die Digitalisierung bisher nicht zu einem Boom geführt hat, der die Umsätze markant in die Höhe schießen ließ. Stattdessen erzeugt sie einen schrittweisen Umbau der Unternehmensprozesse, der wiederum kontinuierliche Umsatzsteigerungen und Vorteile mit sich bringt. Viele der Befragten würden sich etwas mehr Tempo wünschen. Denn gerade einmal bei einem Viertel der Betriebe hat die Digitalisierung nachweislich zu Umsatzsteigerungen geführt.
In der Umfrage wurde deutlich, dass 46 % der befragten Unternehmen bereits digitale Geschäftsmodelle entwickelt haben. Allerdings sind 69 % der Befragten mit dem bisher Erreichten nur mäßig zufrieden und würden dem eigenen Betrieb in Sachen Digitalisierung ein „befriedigend“ oder schlechter ausstellen. Außerdem zeigte sich, dass in den meisten Firmen nach wie vor die althergebrachten Hierarchien und Strukturen vorliegen. Diese aufzubrechen und eine moderne Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu erreichen, scheint sehr schwierig zu sein. Gerade das wäre aber nötig, um die Digitalisierung zum Erfolg werden zu lassen.
Ein weiterer zentraler Punkt, den die Studie zutage brachte, ist, dass es in den meisten Firmen an digitalem Know-how fehlt. Ohne das nötige Fachwissen ist es aber nicht möglich, die digitale Transformation sinnvoll durchzuführen. Insgesamt gaben 42 % der Befragten an, dass die IT im eigenen Betrieb nicht flexibel genug sei. Außerdem empfinden 37 % der Befragten die Entscheidungsprozesse im Betrieb als ungeeignet. Viele Entscheidungen würden viel zu langsam getroffen, was wiederum auf die starren Hierarchien zurückzuführen sei, die in den Firmen vorherrsche.
Die Studie hat gezeigt, dass die Digitalisierung von vielen Unternehmen nur noch als eine Aufgabe unter vielen verstanden wird. Hierin sieht Simon Oberle von Sopra Steria eine große Gefahr. Im Rahmen der digitalen Transformation genügt es seiner Meinung nach einfach nicht, analoge Prozesse lediglich zu digitalisieren. Vielmehr sei ein radikaler Paradigmenwechsel gefragt. Hierunter versteht Oberle die Etablierung komplett neuer Geschäftsprozesse, bei der Kommunikationskanäle entwickelt, Standards für Plattformen vereinheitlicht und eine digitale Infrastruktur aufgebaut wird. Erst diese Schritte würden nämlich das wahre Potenzial der Digitalisierung offenbaren und zu erkennbaren Erfolgen für das Unternehmen führen.
Eine weitere Aufgabe, die sich aus der Befragung ergibt, besteht in der Realisierung eines umfassenden Digitalisierungskonzepts. Das Silo-Denken ist in den meisten Betrieben leider nach wie vor vorhanden. Es fehlt eine umfassende End-to-End-Strategie, bei der sämtliche Abteilungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ins Boot geholt werden. Sämtliche Daten und die komplette Software müssen Teil des Digitalkonzepts werden und die gesamte Belegschaft – inklusive der Führungsetage – muss aktiv an der erfolgreichen Umsetzung der Digitalisierung mitarbeiten.
Denn nach wie vor lagern viele Führungskräfte die Digitalisierung in ihrem Betrieb aus. Sie beauftragen die IT-Abteilung mit deren Umsetzung, setzen sich selbst aber kaum damit auseinander. Viele wollen die für die digitale Transformation notwendigen Aufgaben und Investitionen nicht sehen und lagern diese daher aus. Dieses Denken führt aber dazu, dass die Digitalisierung nur irgendwie nebenher läuft und ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen kann. Besser wäre es, die Digitalisierung zur Chefsache zu erklären und ihr die Bedeutung und den Raum zukommen zu lassen, die sie verdient.
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