Neue Gesetze sorgen für Umschwung und verleihen mancher Sparte wahre Energieschübe. Veränderungen hat auch die EU-Regulierung zum 1. Juli 2021 eingeführt. Sie ist zudem als One Stop Shop Regelung oder kurz „OSS“ bekannt und betrifft die Umsatzsteuer. Ein Bereich, der vor allem für Händler im Netz wichtig ist. Die neuen Steuerpflichten betreffen fast alle EU-Mitgliedsstaaten.
Eingeführt wurden die neuen Steuerpflichten unter der Bezeichnung der Vereinfachung. Künftig soll es also für Verkäufer komfortabler sein, der Steuerpflicht nachzukommen. Grund hierfür liegt im Alter der Umsatzsteuerregelung, die noch aus den 90ern stammt und erst viel zu spät einen Anstoß zur Reformierung erhielt. Gerade Händler, die ihre Waren international durch Europa senden, stehen vor einem Berg an Steuerrechtsregelungen der jeweiligen Länder. Das soll nun geändert werden.
Im Jahre 2017 erfolgte dann die Umformung des E-Commerce Packages in den sogenannten One Stop Shop. Umgesetzt werden sollte der One Stop Shop Anfang 2021, nun ist es im Sommer so weit. Anstelle von komplizierten Hürden der Steuerabgabe im Ausland, handeln Anwender nun alles via Umsatzsteuer-Compliance am Absendeort aus. Was zunächst verwirrend klingt, macht langfristig durchaus Sinn, denn so werden sowohl Sprachbarrieren durchbrochen als auch Abläufe entzerrt. Aus diesem Grund ist der One Stop Shop für Amazon-Händler interessant. Dafür jedoch gilt es einiges zu beachten, denn wann und wo und wie die Umsatzsteuer anfällt, ändert sich im Juli deutlich.
Händler, die ihre Waren in das europäische Ausland versenden, kennen das Problem unterschiedlicher Steuerrechte. Viele Jahrzehnte hatte man sich an Gegebenheiten gewöhnt, insbesondere an solche, die eine Abgabe der Umsatzsteuer erst bei größeren Summen verlangen.
Spezifisch als § 3c UStG definiert, ist das Gesetz auch als sogenannte Lieferschwelle bekannt. Mit Lieferschwellen kamen vor allem kleinere Unternehmen oder Starter nicht in die Bedrängnis, bereits zu Beginn der Umsatzsteigerung auf Steuerprobleme zu stoßen. Wer seine Pakete zum Beispiel von Frankreich nach Polen schickte, musste nicht sofort die Umsatzsteuer in Polen abtreten, denn diese Regulierung war an gewisse Bedingungen geknüpft.
Ursprünglich lag die Umsatzsteuerabgabe der Lieferschwelle bei einem Betrag von 100.000 Euro. In der Realität gilt dies jedoch nur in Luxemburg, Deutschland und in den Niederlanden. Alle anderen EU-Länder setzen bereits bei einer Summe von 35.000 Euro an. Dennoch bietet diese Option etlichen Betrieben einen Bonus, um am Anfang die Steuern im Heimatland zahlen zu können. Erst danach wird der im jeweiligen Adressaten-Land geltende Steuersatz fällig, der zwischen 17 und 27 Prozent liegen kann.
Viele Firmen profitieren dabei von günstigen Steuerbedingungen andere liefern hingegen womöglich mit geringeren Erträgen. Bis zum Juli dieses Jahres wird das Lieferschwellenprinzip jedoch weiter existieren. Neben einigen Vorteilen besitzt es den entscheidenden Nachteil umfassender Bürokratie. Für etliche Betriebe fällt es schwer im Sendeland die steuerlichen Nachweise zu erbringen, die unterschiedlichen Regulierungen zu beachten sowie zusätzlich für jedes Sendeland einen Steuerberater zu engagieren.
Ab Überschreitung von 35.000 Euro sind Unternehmen somit gezwungen sich in den einzelnen Ländern vom Finanzamt registrieren zu lassen. Ein aufwendiger und mühsamer Prozess. Mit dem One Stop Shop soll jedoch alles anders werden. Wenn im Juli das EU VAT E-Commerce Package startet, fällt die alte Lieferschwelle weg und sämtliche Teilnehmerländer orientieren sich am neuen Konzept des One Stop Shop.
Auch nach Inkrafttreten der neuen OSS Regulierung und dem Wegfall der Lieferschwelle, bleibt den meisten Betrieben einiges an Arbeitsaufwand noch nicht komplett erspart. Da Umsatzsteuer-Sonderprüfungen etwa auch auf vergangene Jahre zurückgreifend wirken, sind hierbei noch die Aspekte der zu diesem Zeitpunkt geltenden Lieferschwellen-Regulierungen zu beachten. Auch in einer Betriebsprüfung kann diese noch rechtliche Auswirkungen haben.
Innergemeinschaftliche Fernverkäufe sowie digitale Dienstleistungen sind ab dem 01.07.2021mit einem netto Schwellenwert von 10.000 Euro pro Kalenderjahr gekennzeichnet. Obwohl die generelle Lieferschwelle wegfällt, besteht bis zu diesem Betrag die Umsatzsteuerpflicht im jeweiligen Land des Firmensitzes. Erst über diesem Betrag liegende Umsätze erhalten pro Jahr ihre Besteuerung im Bestimmungsland. Anschließend übermitteln die Händler ihre Beträge dem OSS. Dort wird ebenfalls die Begleichung vorgenommen. Die Verteilung der eingenommenen Umsatzsteuern erfolgt anschließend über das Bundeszentralamt für Steuern. Fernverkäufe werden also über den One Stop Shop im jeweiligen Land des Firmensitzes gemeldet. Dies greift aber nur in Verkaufssituationen vom Betrieb zum direkten Endverbraucher. Steuerpflichtig werden aber auch Marktplätze, wie dies bei Amazon der Fall ist.
Händler, die auf das Amazon FBA setzen, profitieren zwar von komfortablen Logistiklösungen, in Sachen Steuerabgabe wird es bald jedoch etwas komplizierter. Der One Stop Shop für Amazon-Händler befindet sich im jeweiligen Sitzstaat der Verkäufer, soweit so gut.
Dennoch kommen neue Hürden auf die Seller bei Amazon zu, denn anders als im Regelfall, verkaufen sie nicht an den direkten Endverbraucher, sondern nehmen den Umweg über Amazon als Marktplatz und Vertreiber der Waren. Damit letztere aber zügig im Versand landen, erfolgt ein stetiger Wechsel der Produkte in jeweilige Lagerorte innerhalb einzelner EU-Länder.
Für Amazon ist die Ausführung solcher Logistik-Arbeit inzwischen Routine und Händler profitieren von einem schnellen Versandsystem was letztlich zufriedene Kunden generiert, die gerne einkaufen und Umsätze steigern. Amazons Commingling-Transaktionen, die eine Steuererklärung zur Mammutaufgabe machen und aus Commingling_Sells und Commingling_Buys bestehen, sorgen jedoch nicht gerade für weniger Komplexität in der Bewältigung von Steuerfragen.
Insbesondere Händler mit großem Sortiment können die Umlagerungen ihrer Waren nicht steuern, sie erfolgt automatisch über Amazon, zeitnah zur Bestellung. Dabei entstehen jedoch grenzüberschreitende Umlagerung von Waren aller Art, die rechtlich als Innergemeinschaftliche Verbringungen im Ursprungsland bezeichnet werden und damit die Lagerung in eben jenen sechs EU-Staaten bezeichnet. Hinzu kommen sogenannte korrespondierende Erwerbe im Bestimmungsland.
Lieferungen, Lagerungen und Erwerbe in den unterschiedlichen Ländern laufen nicht im Namen Amazons, sondern über den Händler. Dieser kann hierbei aber nicht auf den One Stop Shop für Amazon-Händler setzen und hat nachfolgend das Problem weiterhin in den einzelnen Ländern steuerliche Registrierungen durchführen zu müssen. Somit besitzt der One Stop Shop für Amazon-Händler zwar ein gutes Anliegen, könnte jedoch am Ende für viele Verkäufer ihre Umsatzsteuerabgabe verkomplizieren. Kompliziert wird es dann, wenn auch noch die jeweiligen Steuersätze für unterschiedliche Produkte in unterschiedlichen Ländern zu ermitteln sind.
Diskutieren Sie mit! Gerne hier in den Kommentaren oder auf sellercentral.amazon.com, wo das Thema schon heiß diskutiert wird.
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