Das lineare Fernsehen verliert durch die Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. Das betrifft nicht zuletzt Nachrichtensendungen wie die Tagesschau oder die Rundschau. Medienhäuser haben unter anderem die Aufgabe, neue Kanäle für ihre Inhalte zu finden und die Zielgruppe auf eine neue Art und Weise anzusprechen. Hierbei ist es wichtig, Medienpartnerschaften einzugehen und Nachrichten von den Themen her zu denken. Anja Müller von der Rundschau im BR Fernsehen hat einige Einblicke in ihre Arbeit gegeben. Wir stellen zentrale Aussagen ihres Interviews auf br.de mit Jonathan Schulenburg vor:
Früher haben die Menschen zu einer bestimmten Zeit vor dem Fernseher gesessen und auf die Nachrichten gewartet. Diese Zeiten sind endgültig vorbei. Heutzutage haben alle Menschen immer und überall jederzeit alle Nachrichten zur Verfügung. Hierdurch verändern sich die Aufgaben von Medienhäusern und Nachrichtenmagazinen. Sie sind nicht länger die Hauptbezugsquelle für Nachrichten, sondern sind lediglich ein Anbieter unter vielen.
Diese Entwicklung führt dazu, dass Medienhäuser neue Schwerpunkte bei ihrer Arbeit setzen. Es geht heutzutage vor allem darum, Inhalte zu vertiefen und bestimmte Situationen zu analysieren und einzuordnen. Zuschauerinnen und Zuschauer sind daran interessiert, dass bestimmte Nachrichten in einen großen Gesamtkontext gesetzt werden. Außerdem ist es ihnen wichtig, dass die Nachrichten, die sie erhalten, ehrlich und umfassend sind. Deswegen spielen Aspekte wie der Faktencheck und das Verifizieren von Bildern in der Arbeit von Nachrichtenagenturen und Medienhäusern zunehmend eine wichtige Rolle.
Des Weiteren verändert sich die Geschwindigkeit, in der Nachrichten präsentiert werden. Menschen nehmen sich nicht mehr so viel Zeit, um komplette Nachrichtensendung von vorne bis hinten anzugucken. Deswegen müssen einzelne Beiträge in sich abgeschlossen sein und gut konsumiert werden können. Zudem müssen in den sozialen Netzwerken Inhalte sehr schnell zur Verfügung stehen und ansprechend präsentiert sein. Ansonsten wenden sich Nutzerinnen und Nutzer an die Angebote der Konkurrenz, die in großer Zahl zur Verfügung stehen.
Heutzutage konsumieren Menschen Nachrichten über eine Vielzahl von Kanälen. Das lineare Fernsehen ist hierbei nur noch einer unter vielen. So sind immer mehr Menschen auf YouTube unterwegs, wenn Sie Nachrichten suchen. Andere informieren sich bei Instagram. In diesem Zusammenhang sind klare Unterschiede bei den Generationen festzustellen. Das Durchschnittsalter der Zuschauerinnen und Zuschauer im linearen Fernsehen liegt bei über 38. Jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer nutzen eher andere Kanäle. Sie sind an Nachrichten interessiert, wollen allerdings nicht zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort sein müssen, um sie zu konsumieren.
Auf YouTube haben Nachrichtensendungen großen Erfolg. Dieselben Inhalte, die auch im linearen Fernsehen zu sehen sind, werden hier regelmäßig von einer großen Zahl an Nutzerinnen und Nutzern angesehen. Diese haben ein Bedürfnis danach, flexibel zu sein und sich die Nachrichten dann anzugucken, wenn es Ihnen passt. Die Präsentationsform und die Inhalte finden sie jedoch gut und würden nicht darauf verzichten wollen.
Anders sieht es bei sozialen Netzwerken und speziell Instagram aus. Hier müssen Nachrichten ganz neu verpackt und präsentiert werden. Vor allem die angebotenen Videos müssen bestimmten Kriterien gerecht werden, um die Erwartungen der Zielgruppe zu erfüllen. Somit ist es nötig, für solche Kanäle spezielle Inhalte zu produzieren und diese viral gehen zu lassen. Hierfür ist es erforderlich, dass in den Medienhäusern spezielle Fachleute sitzen, die sich mit den sozialen Medien und digitalen Inhalten gut auskennen.
Unterschiedliche Zielgruppen wünschen sich eine jeweils andere Ansprache durch Medienhäuser und Nachrichtensendungen. Wer das lineare Fernsehen konsumiert, hat eine bestimmte Erwartungshaltung, was in den Nachrichtensendungen zu sehen sein soll. Auch das Verhalten der Nachrichtensprecherinnen und Nachrichtensprecher ist bestimmten Erwartungshaltungen unterworfen. Um die Zielgruppe ansprechen und an sich binden zu können, ist es notwendig, diese Erwartungen zu erfüllen.
Auch in den digitalen Medien herrschen Erwartungshaltungen vor. Diese unterscheiden sich jedoch häufig stark von denen der Nutzerinnen und Nutzer des linearen Fernsehens. Es ist wichtig, hier klare Unterscheidungen zu treffen und herauszufinden, welche Erwartungen die jeweilige Zielgruppe an ein Format stellt. So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Reporterinnen und Reporter vor Ort äußerst beliebt sind. Ihre Reportagen stehen für die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer für Seriosität und geben einen anschaulichen Einblick in einen bestimmten Sachverhalt oder eine Thematik. Solche Methoden zu finden, zu realisieren und ansprechend zu präsentieren ist die große Herausforderung, der sich Medienhäuser heutzutage gegenüber sehen.
Angesichts einer wachsenden Konkurrenz ist es für Medienhäuser unerlässlich, Medienpartnerschaften einzugehen und mit Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten. Hierbei kommt es darauf an, eine klare Zielsetzung zu verfolgen und ein Medienkonzept zu entwickeln. Einige Formate zielen darauf ab, als besonders seriös, glaubwürdig und vertrauenswürdig eingeschätzt zu werden. Andere haben eher den Anspruch, ein hohes Unterhaltungspotential zu besitzen und spaßig zu sein. Jedes Medienhaus muss ich entscheiden, welchen Weg es geht und welche Assoziationen es bei der jeweiligen Zielgruppe auslösen möchte. Die gesamte Strategie und alle Inhalte müssen dann dahingehend ausgerichtet werden, dieses selbstgesetzte Ziel zu erreichen.
Außerdem geht es bei solchen Partnerschaften darum, Kompetenzen zu bündeln und ein gutes Teamwork hinzubekommen. Die meisten Medienhäuser sind bei linearen Inhalten sehr gut aufgestellt und kennen sich aus. Digitale Inhalte sind hingegen nach wie vor etwas Neues und erfordern komplett andere Herangehensweisen. Das betrifft die technische Seite ebenso wie die Präsentationsformen. Hier kompetente Frauen und Männer zu finden, die sich für die Realisierung ansprechender und professioneller digitaler Inhalte einsetzen, ist eine wichtige Aufgabe.
Eine wichtige Methode besteht darin, sämtliche Inhalte von den Themen her zu denken. Das bedeutet, dass sich die Medien- und Nachrichtenhäuser mit den Lebensgewohnheiten der Menschen sehr gut auskennen müssen. Sie müssen wissen, welche Inhalte die Zielgruppe interessieren und wie und wo sie diese konsumieren. Erst wenn Sie das wissen, können sie sich eine geeignete Präsentationsform überlegen, um die jeweiligen Themen und Inhalte darzustellen. Nachrichtenformate arbeiten daher heutzutage sehr themennah und überlegen erst in einem zweiten Schritt, wie eine formatgerechte Präsentation aussehen könnte.
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