In Sachen Digitalisierung macht den Schweden so leicht niemand etwas vor. Viele europäische Länder schauen in Bezug auf die digitale Transformation voller Bewunderung auf den nördlichen Nachbarn. Doch diese Innovationsfreude könnte zu einer echten Gefahr für die schwedische Demokratie werden. Denn immer mehr ältere Schweden nutzen das Internet nicht. Da digitale Medien und Technologien in Schweden aber so weit verbreitet sind, werden sie hierdurch von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen.
Wer an die Digitalisierung in Europa denkt, denkt zumeist als erstes an Schweden. Das skandinavische Land investiert nämlich viel in die digitale Transformation und hat bereits eine Menge Bereiche des Alltags komplett digitalisiert. Der öffentliche Nahverkehr setzt zum Beispiel auf Karten- und App-Zahlungen und auch auf öffentliche Toiletten gelangt man ohne eine solche Karte nicht mehr. Hinzu kommt, dass sich Parkgebühren in manchen Regionen ausschließlich per App begleichen lassen. Steuererklärungen, die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler digital einreichen, werden besonders schnell bearbeitet, sodass die jeweiligen Personen das ihnen zustehende Geld schneller erstattet bekommen. Im Gesundheitswesen ist die Digitalisierung ebenfalls stark vertreten.
Aber auch viele Privatunternehmen verabschieden sich immer mehr von nicht-digitalen Angeboten. So ist es zum Beispiel in den Filialen eines schwedischen Kinounternehmens nicht mehr möglich, irgendetwas mit Bargeld zu bezahlen. Viele Restaurants und Bars akzeptieren ebenfalls nur noch Kartenzahlungen. Des Weiteren genießen in diversen Supermärkten Kundinnen und Kunden Vorteile, die sich für das bargeldlose Zahlen entscheiden. Viele Filialen sind mit einer Vielzahl von Selbstbedienungskassen ausgestattet, aber nur noch mit einer oder sehr wenigen Kassen, an denen eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter sitzt. Wo man auch hinschaut, sieht man in Schweden die Digitalisierung am Werk.
So viele Vorteile die digitale Transformation Schweden auch gebracht hat, für die ältere Generation wird sie zu einem echten Problem. So sind von den 10,2 Millionen Einwohnern Schwedens beachtliche 500.000 nicht im Internet aktiv, berichtet www.idea.detet www.idea.de. Die meisten hiervon sind älter als 75. Somit sind auch das Online-Banking und die Nutzung von Apps für diese Menschen nicht möglich. Ferner haben sie oft keine Karten, um Waren und Dienstleistungen zu bezahlen, sondern vertrauen nach wie vor auf Bargeld. Eine weitere Entwicklung ist, dass diese Menschen zu Hause nicht mehr über einen Fernseher verfügen. Neue Modelle sind nämlich mit so vielen Funktionen versehen und die Einrichtung ist so kompliziert, dass sich viele ältere Menschen nicht an diese Herausforderung heranwagen.
Das führt zu ernsten Konsequenzen im Alltag. All die Angebote, die ausschließlich digital zur Verfügung stehen, können diese Menschen nicht nutzen. Außerdem erhalten sie über ihren Fernseher so keine wichtigen Informationen und sind auch wissenstechnisch von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. Den meisten Betroffenen ist ihr fehlendes Wissen peinlich und sie wenden sich bei Problemen nicht an jemanden, der ihnen helfen könnte. Auf diese Weise wird die Digitalisierung nicht zur Technologie, die vereint und Brücken baut, sondern zu einem Hindernis, das Menschen in ihrer Lebensqualität einschränkt.
Christina Tallberg sieht in dieser Entwicklung eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie. Sie arbeitet bei der schwedischen Rentenorganisation „Pensionärernas Riksorganisation“ und beobachtet die schleichende Ausgrenzung älterer Menschen mit Sorge. Sie sagt, dass viele Informationen nur noch über das Internet verfügbar seien. Wer das Internet nicht nutze, könne sich somit über diverse Themen gar nicht informieren. Das ist zum Beispiel während des Wahlprozesses ein Problem. Wie sollen sich mündige Bürger eine fundierte Meinung bilden, wenn ihnen der Zugriff auf die hierfür notwendigen Informationen verwehrt wird?
Eine mögliche Lösung sieht Linda Reneland-Forsman in einem vom Staat bestellten Digitalhausmeister. Die Sozialwissenschaftlerin und Pädagogin meint, dass in Häusern und Einrichtungen ein Hausmeister dafür zuständig sei, das einwandfreie Funktionieren der Anlagen sicherzustellen. Ebenso müsse es eine Person geben, die sich darum kümmert, dass die technischen Geräte aller Menschen fehlerfrei funktionieren. So hätten auch ältere Menschen die Möglichkeit, technische Geräte und moderne Technologien zu nutzen und könnten sich ohne Scham an eine Stelle wenden, die ihnen bei Problemen hilft. Diese Aufgabe lasse sich nur durch „neue Arbeitsplätze und Institutionen“ lösen.
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