Neues Elektrogesetz – Warum die ganze Aufregung?

Die namhaften Onlinehandelsverbände laufen derzeit Sturm gegen das neue Elektrogesetz und seine Auswirkungen auf den Onlinehandel. Dabei handelt es sich nur um eine Gesetzesnovelle. Denn tatsächlich existiert das „ElektroG“ bereits seit 2005 und ist für gestandene Onlinehändler ein vergleichsweise alter Hut. Neu ist, dass der Onlinehandel, insbesondere bei der Rücknahme von Altgeräten, unter bestimmten Voraussetzungen in die Pflicht genommen wird. Zudem enthält das neue Gesetz weitere Anforderungen, die alle Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten gleichermaßen betreffen. Hier ein vergleichsweise kurzes Briefing für alle, die sich fragen: „Warum die ganze Aufregung?“

Inhalt

Was ist WEEE, was ist ElektroG?

Am 24. Oktober 2015 ist das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) in Kraft getreten. Hierbei handelt es sich um die deutsche Umsetzung der Elektroaltgeräterichtlinie der EU, genannt „WEEE“ (Waste Electrical and Electronic Equipment oder kurz gesagt E-Schrott), welche das fachgerechte Recycling von Altgeräten und dessen Finanzierung durch die Inverkehrbringer (Hersteller, Vertreiber) in allen EU-Mitgliedstaaten regelt.

ADR-konformes Elektroaltgeräte-Erfassungssystem von take-e-way: Hoch belastbar, stapelbar, einschließlich Deckel mit Schnappverschluss – insbesondere für Altgeräte, die Lithiumbatterien und -akkumulatoren enthalten können. (Quelle: take-e-way)

Deutschland hat die WEEE mit anderthalb Jahren Verzögerung als einer der letzten EU-Staaten umgesetzt. Andere Länder waren sehr viel schneller, wodurch viele deutsche Händler überrascht wurden. Insbesondere aus Österreich, wo die neue WEEE deutlich früher umgesetzt wurde, hagelte es in den letzten Wochen zahlreiche Abmahnungen an deutsche Unternehmen, von denen durchschnittlich jedes fünfte aufgrund der sprachlichen Nähe – z.B. über Onlineshops – nach Österreich verkauft.

Was ist ein Elektrogerät?

Elektro- und Elektronikgeräte im Sinne des Gesetzes sind „Geräte, die (…) zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind oder der Erzeugung, Übertragung und Messung von elektrischen Strömen und elektromagnetischen Feldern dienen“. Also kurz: alles, was Strom braucht, um im Sinne des Kunden eine bestimmte Funktion zu erfüllen, ist höchstwahrscheinlich auch ein Gerät im Sinne des ElektroG.

Wer ist betroffen?

Betroffen, bzw. „Hersteller“ im Sinne des Elektrogesetzes sind Sie zum Beispiel dann, wenn Sie Geräte unter ihrem Namen oder ihrer Marke herstellen bzw. herstellen lassen und in Deutschland anbieten oder Geräte anderer Hersteller auf dieselbe Weise anbieten bzw. gewerbsmäßig weiterveräußern. Anbieten meint dabei zum Beispiel schon das Präsentieren von Geräten auf Messen oder in Produktkatalogen. Wenn Sie also Elektrogeräte anbieten und natürlich auch verkaufen, sollten Sie jetzt weiterlesen. Übrigens: Ab nur einem Gerät sind Sie dabei. Mindestmengenregelungen gibt es in Deutschland nicht, um alle Hersteller gemäß dem Verursacherprinzip am Recycling zu beteiligen. 

Wie funktioniert das Altgeräte-Recycling in Deutschland?

In Deutschland gibt es hinsichtlich der Altgeräte-Entsorgung eine geteilte Produktverantwortung. Haben Sie mal auf die Rückseite Ihres iPhones geschaut? Dort finden Sie das Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne. Es sagt Ihnen, dass Sie Ihr Altgerät nicht im Restmüll entsorgen dürfen (Verbot!). Dafür können Sie es an ca. 1.900 Recyclinghöfen in ganz Deutschland kostenlos abgeben. Der Recyclinghof wird in Entsorgerkreisen auch „Übergabestelle“ genannt. Denn dort wird gar nicht recycelt, sondern nur gesammelt. Ist der E-Schrott-Container voll, meldet sich die Kommune bei der Behörde, bei der alle Fäden des Elektrorecyclings in Deutschland zusammenlaufen: die Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) in Fürth. Und nun kommen Sie als Onlinehändler ins Spiel: 

Warum die Registrierung bei der Stiftung EAR?

Alle Hersteller, die Elektrogeräte in Deutschland anbieten bzw. verkaufen, zeigen dies zuvor bei der Stiftung EAR an, um sich zunächst als Unternehmen und dann die Geräte selbst zu registrieren. Nun kann die EAR anhand Ihrer Verkaufsmengen ermitteln, wie viele Geräte Sie im Vergleich zu allen anderen Herstellern in Verkehr gebracht haben und wie viele Altgeräte Sie in Relation zu Ihrem Marktanteil recyceln müssen. Achtung: Die Registrierung beantragt zu haben, berechtigt noch nicht zum Anbieten oder zum Verkauf.

Die erteilte Registrierung muss vorliegen, bevor(!) Vertriebsaktivitäten erfolgen. Ignorieren sollten Sie als Betroffener Ihre Pflichten nicht. Denn bis zu 100.000 Euro Bußgeld, die Abschöpfung der entstandenen Gewinne aus dem unregistrierten Verkauf, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und sogar ein generelles Verkaufsverbot können die Konsequenzen sein. Denn anders als bei so manchen Auflagen sorgt die Stiftung EAR mit ihrem öffentlich einsehbaren Onlineregister der registrierten Hersteller für einen regen Vollzug der Marktteilnehmer untereinander. Experten haben berechnet, dass der weltweite Konsum dazu führt, dass die Primärrohstoffe für Elektronik in ca. 200 Jahren aufgebraucht sein werden. Entsprechend streng werden Umweltverstöße sanktioniert. In anderen Branchen ist das ElektroG daher zu einem gern verwendeten Grund geworden, unliebsame Konkurrenz in die Schranken zu weisen. Drum sind Sie gut beraten, rechtzeitig zu handeln:

Unserer Erfahrung nach (wir helfen Onlinehändlern bereits seit über 10 Jahren beim ElektroG) dauert eine Registrierung durch die Stiftung EAR derzeit 5-6 Wochen. Da aber die EAR durch das Inkrafttreten des neuen Elektrogesetzes ihr System umstellen muss und es zu vielen Neu- und Änderungsregistrierungen kommen wird, vermuten wir, dass die Registrierung deutlich länger dauern könnte. Gesetzlich hat die EAR sogar 12 Wochen Zeit, um eine Registrierung zu prüfen und zu bewilligen. Unsere Empfehlung ist daher, die Registrierung zeitnah vorzubereiten. 

E-Schrott-Container gewonnen. Und nun?

Wie Sie zuvor erfahren haben, registrieren Sie sich bei der EAR, um als verantwortlicher Hersteller Altgeräte zu recyceln. Der nächste volle E-Schrott-Container, egal, wo in Deutschland dieser stehen mag, wird daher möglicherweise Ihnen zum Recycling zugewiesen. Sie bekommen also irgendwann und unvorhersehbar oft sogenannte Abhol- und Bereitstellungsanordnungen von der EAR. Einen vollen E-Schrott-Container müssen Sie dann innerhalb von 3 Tagen abholen und gleichzeitig einen leeren Container am Recyclinghof anliefern lassen, damit dort weiter gesammelt werden kann. Die Altgeräte müssen Sie in einem qualifizierten Entsorgungsfachbetrieb i.S.d. ElektroG recyceln lassen und dies gegenüber der EAR dokumentieren. Damit wird ausgeschlossen, dass Sie die Abfälle illegal beseitigt haben. Je nachdem, welche Gerätearten Sie verkaufen, tragen Sie die Kosten oder profitieren Sie von der Vergütung, die durch logistik, Behandlung/Verwertung und einem möglicherweise positiven Marktwert der Geräte entstehen, die Sie recyceln lassen müssen.

Bis hierhin nichts neues

Alles, was Sie bis hierher gelesen haben sowie Mengenmeldungen, insolvenzsichere Garantien, Kennzeichnungspflichten und andere hier nicht weiter zu erläuternde Begleiterscheinungen des Elektrogesetzes sind tatsächlich für alte Hasen ein nicht minder alter Hut. Hierbei helfen Ihnen gerne Dienstleister, wie zum Beispiel take-e-way, die Sie von den meisten Aufgaben entlasten. Alles was nun folgt, sind die Neuheiten:

Kommt oben drauf: Rücknahmepflicht für Altgeräte

Bis zum 24.07.2016 müssen Onlinehändler ab 400 qm reiner Elektro-Versand- und/oder Lagerfläche die Voraussetzung zur kostenlosen Rücknahme von Elektroaltgeräten in zumutbarer Entfernung zu ihren jeweiligen Endkunden im gesamten Bundesgebiet eingerichtet haben und entsprechend nachweisen können. Zudem sind damit umfassende Registrierungs-, Melde- und Hinweispflichten verbunden, die Sie erfüllen müssen. Bei der Rücknahmepflicht handelt es sich also um eine weitere Aufgabe zusätzlich zu der bisherigen Verpflichtung zur Abholung und fachgerechten Entsorgung von Altgeräten, die Ihnen von Recyclinghöfen in ganz Deutschland durch die EAR zugewiesen werden können. Der Verweis auf öffentlich-rechtliche Annahmestellen ist in diesem Fall jedoch nicht zulässig. Das sind die Gründe, warum die Onlinehandelsverbände gegen das ElektroG Sturm laufen. Hintergrund dieser zusätzlichen Rücknahmeverpflichtung ist das Ziel der neuen WEEE-Richtlinie, durch eine Ausweitung der Sammelstellen für Elektroaltgeräte die Sammel- und Verwertungsquoten deutlich zu erhöhen. take-e-way bietet hierfür eine kostengünstige und auf Gegenseitigkeit basierende Rücknahmesystemlösung speziell für Onlinehändler an, bei der die Händler von einander als Sammelstelle profitieren und damit die ihre Auflagen erfüllen können.

Verkauf in andere EU-Länder

Sofern Sie Ihre Geräte in andere EU-Länder an private oder gewerbliche Endverbraucher verkaufen, müssen Sie die WEEE-Regularien der jeweiligen Länder beachten. Dazu gehören in der Regel die Registrierung bei der nationalen WEEE-Behörde und/oder die Teilnahme an einem nationalen Rücknahmesystem sowie regelmäßige Meldungen der Verkaufsmengen, anhand derer sich die Kosten für die Altgeräteentsorgung i. d. R. bemessen.

Der Bevollmächtigte

Zudem benötigen Sie in den meisten Ländern entweder eine eigene Niederlassung oder müssen alternativ einen Bevollmächtigten benennen, um dort legal verkaufen zu dürfen.

Die Anfang 2015 neu gegründete get-e-right GmbH als Schwesterfirma der take-e-way stellt zum Beispiel den gesetzlich geforderten Bevollmächtigten für Unternehmen ohne eigene Niederlassung in Deutschland (www.get-e-right.de). Für alle anderen EU-Länder, in denen keine eigene Niederlassung besteht, stellt take-e-way im Rahmen seines europaweiten Partner-Netzwerks die notwendigen Bevollmächtigten zur Verfügung oder vermittelt hierfür geeignete Organisationen.

Übrigens: Ausländische Hersteller ohne eigene Niederlassung in Deutschland, die als Hersteller im Sinne des ElektroG Geräte verkaufen, müssen bis zum 24.04.2016 gegenüber der Stiftung EAR einen Bevollmächtigten in Deutschland benannt haben. Informieren Sie am besten auch Ihre ausländischen Partner darüber.

Neu dabei: Photovoltaik-Module

Bis zum 01.02.2016 müssen sich auch Hersteller von Photovoltaikmodulen in Deutschland bei der EAR als solche angezeigt bzw. registriert haben. PV-Module definiert das Gesetz als „elektrische Vorrichtungen, die zur Verwendung in einem System bestimmt sind und zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie entworfen, zusammengesetzt und installiert werden“. Wer seine Geräte in dieser Definition wieder findet, sollte entsprechend schnell aktiv werden.

VERE e.V. hilft Onlinehändlern

Der Verband zur Rücknahme und Verwertung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten (VERE e.V.) hilft Ihnen bei Schwierigkeiten und Benachteiligungen, die Ihnen als KMU-Unternehmen bei der Erfüllung des neuen ElektroG entstehen. Schildern Sie uns gern Ihre Probleme: Wir sprechen diese – selbstverständlich unter Wahrung Ihrer Anonymität – bei den zuständigen Behörden an und setzen uns für eine Lösung ein. Kontakt: 04021901064 oder info@vereev.de

Ähnliche Artikel