Ubuntu 25.10 „Questing Quokka“ markiert einen Wendepunkt in der Linux-Geschichte: Die beliebte Distribution verabschiedet sich endgültig von X11 und setzt ausschließlich auf Wayland. Mit GNOME 49, Rust-basierten Systemkomponenten und zahlreichen Sicherheitsverbesserungen zeigt Canonical, wohin die Reise für moderne Desktop-Systeme geht.
Am 10. Oktober 2025 hat Canonical Ubuntu 25.10 mit dem Codenamen „Questing Quokka“ veröffentlicht. Diese Zwischenversion markiert einen historischen Wendepunkt: Erstmals läuft der GNOME-Desktop ausschließlich unter Wayland – X11 gehört der Vergangenheit an. Für viele Nutzer wirft diese Entscheidung Fragen auf: Was bedeutet das für meine gewohnten Anwendungen? Lohnt sich ein Update? Und welche Neuerungen rechtfertigen den kompletten Umstieg auf die neue Display-Server-Technologie?
Die Antwort ist differenzierter, als Sie vielleicht erwarten. Ubuntu 25.10 ist mehr als nur eine weitere Inkrement-Version – es ist ein Vorgeschmack auf das, was uns mit Ubuntu 26.04 LTS im April 2026 erwartet. Wir von digital-magazin.de haben die wichtigsten Änderungen analysiert und zeigen Ihnen, warum dieser Schritt längst überfällig war.
Die wohl bedeutendste Änderung in Ubuntu 25.10 betrifft das Display-Server-System. Während X11 (auch bekannt als X.org oder X Window System) seit den 1980er Jahren der Standard für grafische Oberflächen unter Linux war, setzt Canonical nun konsequent auf den moderneren Nachfolger Wayland. Diese Entscheidung kam nicht über Nacht – bereits seit Ubuntu 21.04 ist Wayland die Standardsitzung, doch Nutzer konnten bislang beim Login zwischen Wayland und X11 wählen.
Mit Ubuntu 25.10 ist diese Wahlmöglichkeit für GNOME-Nutzer verschwunden. Der Desktop läuft ausschließlich unter Wayland. Das klingt zunächst radikal, doch in der Praxis bedeutet es nicht das komplette Aus für ältere Anwendungen. Dank XWayland – einer Kompatibilitätsschicht – funktionieren klassische X11-Anwendungen weiterhin problemlos. XWayland fungiert als Vermittler zwischen alter und neuer Welt und sorgt dafür, dass Sie Ihre gewohnten Programme ohne Einschränkungen nutzen können.
Die Frage, die sich viele stellen: Warum dieser Bruch mit einer bewährten Technologie? Die Antwort liegt in den fundamentalen Architekturdifferenzen zwischen X11 und Wayland. X11 stammt aus einer Zeit, als Computer noch anders genutzt wurden – Netzwerktransparenz war wichtiger als Sicherheit, und Multi-Monitor-Setups waren Zukunftsmusik.
Wayland hingegen wurde von Grund auf für moderne Anforderungen entwickelt. Die Architektur ist schlanker, die Sicherheitsmechanismen strenger und die Performance besser. Besonders bei High-DPI-Displays, variablen Bildwiederholraten und HDR-Inhalten spielt Wayland seine Stärken aus. Was in der Theorie überzeugend klingt, zeigt sich auch in der Praxis: Nutzer berichten von flüssigeren Animationen, geringerem Input-Lag und einem insgesamt reaktionsschnelleren System.
Ubuntu 25.10 bringt GNOME 49 mit – und diese Desktop-Umgebung hat sich mächtig gemausert. Auf den ersten Blick fallen die verfeinerten Animationen und das aufgeräumtere Interface auf. Doch die eigentlichen Verbesserungen stecken im Detail.
Der Sperrbildschirm wurde komplett überarbeitet und bietet jetzt integrierte Medien- und Energiekontrollen. Sie müssen den Computer nicht mehr entsperren, um die Musikwiedergabe zu steuern oder einen Blick auf den Akkustand zu werfen. Für Nutzer mit Behinderungen bringt GNOME 49 verbesserte Barrierefreiheitsfunktionen mit, darunter feinere Einstellungen für Kontrast und Textgröße.
Ein weiteres Highlight: HDR-Helligkeitseinstellungen sind jetzt direkt in den Systemeinstellungen verfügbar. Wer einen HDR-fähigen Monitor besitzt, kann endlich die volle Farbpracht nutzen – vorausgesetzt, die entsprechenden Treiber spielen mit. Hier zeigt sich bereits, dass die Entwickler von GNOME an die Zukunft denken und moderne Hardware-Features konsequent unterstützen.
Ubuntu 25.10 verabschiedet sich von einigen altgedienten Standard-Anwendungen und setzt stattdessen auf modernere Alternativen. Der neue Ptyxis-Terminal-Emulator ersetzt die bisherige GNOME Terminal-App und bringt einige nette Features mit: Container-Unterstützung, bessere Tab-Verwaltung und eine aufgeräumtere Benutzeroberfläche.
Auch der Bildbetrachter wurde ausgetauscht: Loupe löst Eye of GNOME ab und überzeugt mit schnelleren Ladezeiten und einer intuitiveren Bedienung. Beide Anwendungen fügen sich nahtlos in das moderne GNOME-Design ein und zeigen, dass die Entwickler nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern die gesamte Benutzererfahrung im Blick haben.
Eine der spannendsten Änderungen in Ubuntu 25.10 findet unter der Haube statt. Canonical ersetzt zunehmend kritische Systemkomponenten durch Rust-basierte Alternativen. Das prominenteste Beispiel: sudo-rs tritt an die Stelle des traditionellen sudo-Befehls.
Für den normalen Nutzer ändert sich dadurch oberflächlich nichts – sudo funktioniert wie gewohnt. Doch die Vorteile der Rust-Implementierung sind erheblich: Rust garantiert Memory Safety, also Speichersicherheit zur Kompilierzeit. Die gefürchteten Buffer-Overflows und Use-After-Free-Bugs, die in C-basierten Programmen immer wieder zu Sicherheitslücken führen, sind in Rust praktisch ausgeschlossen.
Auch Teile der GNU Coreutils – also grundlegende Systembefehle wie ls, cat oder grep – werden schrittweise durch Rust-Varianten ersetzt. Das mag nach einer rein akademischen Übung klingen, doch in Zeiten, in denen Sicherheit wichtiger denn je ist, zahlt sich dieser Aufwand aus. Wir von digital-magazin.de sehen darin einen konsequenten Schritt in Richtung robusterer Systeme.
Ubuntu 25.10 verbessert auch die Unterstützung für TPM-backed Full Disk Encryption. Das Trusted Platform Module (TPM) ist ein Sicherheitschip, der in den meisten modernen Computern verbaut ist. Ubuntu nutzt diesen Chip nun besser, um Verschlüsselungsschlüssel sicher zu speichern. Das Ergebnis: Ihre Festplatte bleibt verschlüsselt, ohne dass Sie bei jedem Start ein langes Passwort eintippen müssen.
Die Kombination aus TPM-Sicherheit und Wayland-Isolation macht Ubuntu 25.10 zu einer der sichersten Linux-Distributionen für den Desktop-Einsatz. Gerade für Unternehmen und sicherheitsbewusste Nutzer ist das ein gewichtiges Argument.
Um die Entwicklung besser einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Unterschiede zwischen den letzten Ubuntu-Versionen. Ubuntu 24.04 LTS, die im April 2024 erschienene Long Term Support-Version, unterstützt noch beide Welten: Sowohl Wayland als auch X11 stehen zur Auswahl. Für viele Nutzer ist dies die stabilere und konservativere Wahl, zumal LTS-Versionen fünf Jahre lang Updates erhalten.
Ubuntu 25.04 stellte einen Zwischenschritt dar: Wayland war bereits stark im Fokus, doch die vollständige Abkehr von X11 stand noch aus. Mit Ubuntu 25.10 vollzieht Canonical nun den finalen Schnitt – zumindest für GNOME. Andere Desktop-Umgebungen wie Xfce oder MATE können weiterhin X11 nutzen, da die entsprechenden Pakete im Repository verbleiben.
Version | GNOME-Version | X11-Support | Wayland-Standard | Support-Dauer |
---|---|---|---|---|
Ubuntu 24.04 LTS | GNOME 46 | Ja | Ja | 5 Jahre (bis 2029) |
Ubuntu 25.04 | GNOME 48 | Eingeschränkt | Ja | 9 Monate |
Ubuntu 25.10 | GNOME 49 | Nur via XWayland | Ausschließlich | 9 Monate (bis Juli 2026) |
Die Tabelle verdeutlicht: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, bleibt vorerst bei Ubuntu 24.04 LTS. Experimentierfreudige Nutzer und alle, die die neuesten Features testen wollen, greifen zu 25.10. Als Interim-Release dient Ubuntu 25.10 als Testfeld für Technologien, die in der nächsten LTS-Version im April 2026 landen werden.
Die Änderungen betreffen nicht nur die Standard-Ubuntu-Variante mit GNOME. Auch Kubuntu 25.10 setzt nun standardmäßig auf Wayland und verabschiedet sich von Xorg. KDE Plasma funktioniert mittlerweile hervorragend unter Wayland, sodass dieser Schritt nur konsequent ist.
Interessant ist auch die Entwicklung bei Xubuntu 25.10: Die Xfce-Variante erhält mit Version 4.20 zahlreiche Wayland-Verbesserungen, behält aber vorerst X11 als Standard bei. Xfce-Nutzer müssen sich also noch nicht umgewöhnen – können aber bereits erste Gehversuche mit Wayland unternehmen.
Neben den großen Schlagzeilen bringt Ubuntu 25.10 auch zahlreiche kleinere, aber durchaus spürbare Verbesserungen mit. Die Bluetooth-Audio-Handhabung wurde überarbeitet und funktioniert jetzt zuverlässiger – gerade bei kabellosen Kopfhörern ein echter Gewinn.
Für ARM-Nutzer gibt es ebenfalls gute Nachrichten: Ubuntu 25.10 unterstützt Nested Virtualization auf ARM-Prozessoren. Das bedeutet, Sie können virtuelle Maschinen innerhalb virtueller Maschinen ausführen – praktisch für Entwickler und alle, die komplexe Test-Setups benötigen. Auch die Unterstützung für moderne ARM-Chips wurde allgemein verbessert, was Ubuntu zu einer attraktiven Wahl für Raspberry Pi und andere ARM-Systeme macht.
In den allermeisten Fällen: Ja. Dank XWayland laufen klassische X11-Anwendungen problemlos weiter. Es gibt allerdings Ausnahmen: Manche proprietären Tools oder spezielle Entwicklerwerkzeuge könnten Probleme bereiten. Testen Sie daher vor einem produktiven Einsatz, ob Ihre kritischen Anwendungen funktionieren.
Das hängt von Ihren Prioritäten ab. Ubuntu 24.04 LTS erhält Updates bis 2029 und ist die stabilere Wahl für produktive Systeme. Ubuntu 25.10 bietet die neuesten Features, wird aber nur bis Juli 2026 unterstützt. Als Testumgebung oder für Technik-Enthusiasten ist 25.10 spannend – für kritische Produktivsysteme eher nicht zu empfehlen.
NVIDIA hat in den letzten Jahren massiv an der Wayland-Unterstützung gearbeitet. Mit dem proprietären NVIDIA 580-Treiber und neueren Versionen funktioniert Wayland mittlerweile sehr gut. Ältere Grafikkarten könnten dennoch Probleme bereiten – hier empfiehlt sich ein Test vor dem Umstieg.
Ja und nein. Für den GNOME-Desktop gibt es keine X11-Sitzung mehr. Sie können aber andere Desktop-Umgebungen wie MATE, Xfce oder Cinnamon installieren, die weiterhin X11 unterstützen. Die entsprechenden X.org-Pakete bleiben im Repository verfügbar.
Durchaus. Wayland hat in Sachen Gaming-Performance deutlich aufgeholt. Steam und Proton funktionieren unter Wayland größtenteils problemlos. Dennoch gibt es vereinzelt Spiele oder Anti-Cheat-Systeme, die unter X11 besser laufen. Für den Großteil der Gaming-Bibliothek stellt Wayland aber kein Problem mehr dar.
Als Interim-Release erhält Ubuntu 25.10 nur neun Monate Support – also bis Juli 2026. Wer längerfristige Unterstützung benötigt, sollte auf die nächste LTS-Version Ubuntu 26.04 warten, die im April 2026 erscheint und fünf Jahre Updates erhält.
Der Umstieg von X11 auf Wayland läuft für die meisten Nutzer transparent ab. Dennoch gibt es einige Stolpersteine, die Sie kennen sollten. Remote-Desktop-Lösungen funktionieren unter Wayland anders – VNC und X11-basierte Tools müssen durch Wayland-kompatible Alternativen wie RDP oder GNOME Remote Desktop ersetzt werden.
Auch die Bildschirmaufnahme hat sich geändert. Tools wie OBS Studio benötigen zusätzliche Konfiguration unter Wayland. Die gute Nachricht: Die meisten populären Programme sind mittlerweile angepasst und funktionieren einwandfrei. Ein kurzer Test vor dem produktiven Einsatz schadet trotzdem nicht.
Nutzer von Multi-Monitor-Setups sollten besonders aufmerksam sein. Wayland behandelt mehrere Bildschirme teilweise anders als X11 – insbesondere bei unterschiedlichen Skalierungsfaktoren oder Bildwiederholraten. In den meisten Fällen funktioniert alles besser als unter X11, doch manche Spezialsetups erfordern Nachjustierung.
Nach intensiven Tests können wir von digital-magazin.de ein positives Fazit ziehen: Ubuntu 25.10 ist ein solider Schritt nach vorne. Der konsequente Wechsel zu Wayland wirkt zunächst radikal, erweist sich in der Praxis aber als durchdacht. Die Performance-Verbesserungen sind spürbar, die Sicherheitsgewinne durch Rust-Komponenten und TPM-Integration beachtlich.
Gleichzeitig ist Ubuntu 25.10 definitiv eine Version für Early Adopters und Technik-Begeisterte. Die kurze Support-Dauer von nur neun Monaten macht sie für produktive Umgebungen weniger attraktiv. Wer ein stabiles System für die nächsten Jahre sucht, bleibt besser bei Ubuntu 24.04 LTS – oder wartet auf Ubuntu 26.04 LTS im kommenden April.
Für alle anderen gilt: Ubuntu 25.10 zeigt eindrucksvoll, wohin die Reise geht. Die Kombination aus modernem Display-Server, sicherheitsbewusster Programmierung und durchdachten Desktop-Verbesserungen macht Lust auf mehr. Canonical nutzt die Interim-Releases clever als Testfeld für die kommende LTS-Version – und bisher sieht es sehr vielversprechend aus.
Die Linux-Welt verabschiedet sich Schritt für Schritt von X11. Ubuntu 25.10 „Questing Quokka“ ist dabei mehr als nur ein weiterer Meilenstein – es ist ein Statement. Ein Statement für moderne Technologien, für Sicherheit und für eine Zukunft, in der Linux-Desktops nicht nur funktional, sondern auch zeitgemäß sind. Die nächste große Bewährungsprobe folgt mit Ubuntu 26.04 LTS. Bis dahin bleibt Ubuntu 25.10 eine spannende Vorschau auf das, was kommen wird.
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