Wir sind täglich im Internet unterwegs. Community Webseiten, Newsportale oder Onlineshops und überall werden wir mit Werbung versorgt. Wir bekommen Produkte empfohlen, die mehr oder weniger zu uns passen. Dies geschieht auf Basis unseres Klick- und Surfverhaltens, unserer Kaufhistorie und noch weiterer unzähliger Daten. Doch was passiert genau, wenn wir in unseren Lieblings-Webshop kommen und welchen Nutzen hat die Personalisierung für den Anbieter und für die Kunden?
Grundvoraussetzung für Personalisierung ist die Unterscheidbarkeit jedes Nutzers im Shop. Diese Identifikation ist einfach, wenn der User ein Benutzerprofil angelegt hat, denn so können einzelne Merkmale genau diesem Nutzer zugeschrieben werden. Diese Nutzerpräferenzen können durch zwei Arten ermittelt werden. Bei der expliziten Eingabe (explizite Personalisierung) legt der Anwender selbst seine Präferenzen fest und speichert diese in seinem Profil. Diese Vorlieben können zum Beispiel via Fragebogen oder am Telefon (Call Center) bei der Registrierung ermittelt werden. Im Gegensatz dazu steht die vom Nutzer unbemerkte Beobachtung seines Verhaltens (implizite Personalisierung). Beim sogenannten Tracking wird das Onlineverhalten des Users aufgezeichnet und die ermittelten Daten zwischengespeichert. Natürlich sind beide Verfahren auch kombinierbar.
Nach der Erhebung der Präferenzdaten zur Individualisierung des Angebotes kommen die Personalisierungstechniken zum Einsatz. Hierbei wird zwischen der regelbasierten Personalisierung (Rules Based Matching) und dem kollaborativen Filtern (Automated Collaborativ Filtering) unterschieden. Bei ersterem wird der Inhalt an ein vorgegebenes relativ starres Regelwerk angepasst. Die Auswahl der Regeln wird vom Anbieter vorgenommen und die so definierten (logischen Verknüpfungs-)Regeln bestimmen das personalisierte Angebot. Ein Beispiel:
Es wurden vom Anbieter folgende Regeln aufgestellt:
1. Wenn der Benutzer X ein Auto besitzt, dann empfehle ihm einen Eiskratzer.
2. Wenn der Benutzer X Winterreifen kauft, dann besitzt er ein Auto.
Aus dem Warenkorb ist ersichtlich, dass ein Benutzer Winterreifen kaufen wird. So kann das Regel-System mit Regel 2 schließen, dass der Benutzer ein Auto besitzt. Dieses (erweiterte) Wissen kann es in einem weiteren Schritt nutzen, um mit Regel 1 einen Eiskratzer anzubieten.
Beim Automated Collaborativ Filtering ist keine manuelle Eingabe von Regeln mehr nötig, denn ein Algorithmus löst diese Aufgabe. Diese Regeln basieren auf den Vorlieben der Benutzer und werden automatisch generiert. Das Kennen der Beziehungen der Benutzer untereinander ist bei diesem Verfahren nicht mehr notwendig. Die Personalisierung ist dadurch auch bei unbekannten Nutzer möglich. Die Empfehlungen dieser Art können durch zwei verschiedene Vorgehensweisen erstellt werden:
Memory-based Collaborative Filtering: Die individuellen Empfehlungen werden auf der Basis von aktiven Benutzerdaten sowie Bewertungen und durch Ausführung von Algorithmen zusammengestellt. Für jede Vorhersage dienen die gesamten Präferenzen aller Benutzer als Grundlage.
Model-based Collaborative Filtering: Bei dieser Variante werden anhand aller Benutzerdaten im Voraus Benutzermodelle berechnet. Auf diese werden bei einer späteren Anfrage zurückgegriffen und die Empfehlungen ausgespielt.
Die Personalisierungslogik ist verantwortlich für die Berechnung einer Empfehlung und greift dabei auf eine begrenzte Menge an Algorithmen zurück. Diese haben jede für sich ihre Vor- und Nachteile, sodass sich zur Optimierung der Empfehlungsqualität eine Kombination aus den Personalisierungstechniken eignet. Die wohl am häufigsten angewendete Personalisierungstechnik ist das kollaborative Filtern.
Trotz der Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten der Personalisierungstechniken gibt es auch bei diesen Verfahren Nachteile und Grenzen. Zum Beispiel muss eine gewisse Mindestanzahl an Benutzerprofilen vorhanden sein oder es besteht das Risiko schlechte Empfehlungen durch zufällige Zusammenhänge auszuspielen. Ein innovativerer Ansatz für die Personalisierung ist das Reinforcement Learning, welches im Gegensatz zu den Personalisierungstechniken keine Information über eine Lösungsstrategie benötigt. Das System erlernt selbständig eine Strategie durch geschicktes Ausprobieren (’Trial and Error’). Einfach gesagt, wird bei diesem Verfahren eine Verbindung zum Beispiel zwischen zwei Produkten positiv oder negativ bewertet. Beispiel:
Das System spielt zu dem Winterreifen folgende Empfehlung aus:
A. Eiskratzer B. Sonnencreme C. Apfel
Der Nutzer klickt auf den Eiskratzer, somit wird die Verbindung zwischen Winterreifen und Eiskratzer als positiv gewertet und die Verbindung zwischen B. und C. als negativ. Der Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass so auch Artikel wieder ausprobiert werden, die nicht positiv gewertet wurden. So sind keine Artikel vorhanden, die nicht mit ausgespielt werden und neue Artikel werden von Beginn an mit eingebunden.
Dieses selbstlernende System basiert auf dem Data-Mining und ist eine Form der künstlichen Intelligenz. Der bekannteste Personalisierungsdienstleister im europäischen Raum ist die prudsys AG mit ihrer Realtime Decisioning Engine (kurz prudsys RDE).
Die Personalisierung erleichtert dem Kunden die Navigation durch den Shop. Dabei werden dem Konsumenten personalisierte Produktinformationen zur Verfügung gestellt oder die Suche erleichtert. Da das Einkaufserlebnis beim Konsumenten im Vordergrund stehen sollte, ist diese einfache und übersichtliche Navigation und Suche ein enorm wichtiger Punkt. Beim Konsumenten führen sie zu einem positiveren Einkaufserlebnis und verbessern die Kundenbindung.
Personalisierte Cross- und Up-Selling-Angebote haben einen positiven Einfluss auf den Kaufprozess. Anbieter erzielen durch Personalisierung einen Mehrumsatz im zweistelligen Prozentbereich.
Empfehlungssysteme sind ein mächtiges Instrument, um Kundenbindung, Umsatz und Ertrag zu steigern. Dennoch sollte man sich vorab fragen, wie und vor allem wo personalisiert werden soll, denn neben den altbekannten Produktempfehlungen bieten die selbstlernenden Systeme noch viel mehr Einsatzmöglichkeiten. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Marketing Automation. Neben dem dynamischen Pricing sind besonders die Möglichkeiten der Retourenprognose und der Warenkorbabbruchprävention für Shop-Betreiber interessant.
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