Du sollst digitalisieren – digitale Transformation aus religiöser Sicht

Die Kirche hat den Anspruch, Unterstützung und Begleiterin in allen Lebenslagen zu sein. Sie will die Lebenswirklichkeit der Menschen verbessern und ihnen ein glückliches Leben ermöglichen. Entsprechend hat sie keine andere Möglichkeit, als sich mit der Digitalisierung und ihren Auswirkungen auf den Menschen zu beschäftigen. Das tut Volker Jung in seinem Buch „Digital Mensch bleiben“. Hier spricht der evangelische Medienbischof genau die Fragen an, die die Digitalisierung im Leben eines Gläubigen aufwirft.

Medienbischof Volker Jung und die Digitalisierung

Der Theologe Volker Jung ist Medienbischof der evangelischen Kirche in Deutschland. In seinem Buch „Digital Mensch bleiben“ beschäftigt er sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Menschen und unsere Gesellschaft. In 2017 hat er sich mit einer Kirchen-Delegation nach Silicon Valley aufgemacht, um sich näher mit der Thematik zu beschäftigen und sich mit Experten auszutauschen. Seiner Meinung nach bringe die Digitalisierung viele Vorteile mit sich. So könnten zum Beispiel Pflegeroboter viele Standardaufgaben übernehmen und hierdurch das Pflegepersonal entlasten. Hierdurch könnten mehr Zeit und Raum für persönliche Begegnungen und einen individuellen Austausch entstehen.

Gleichzeitig spricht Jung aber auch die Schattenseiten der Digitalisierung an. So sei nicht alles Machbare im Interesse des Menschen. Hier abzuwägen und „das unverfügbare Geheimnis des Lebens (zu) wahren und schützen“ sei eine zentrale Aufgabe der Kirche. Hierbei können Jung zufolge die christlichen Überlieferungen helfen. Zwar kannten die Autoren der Bibel weder künstliche Intelligenz noch Digitalisierung oder Automatisierung, jedoch kannten sie den Menschen. Durch ihre Beschreibung des Wesens des Menschen können die biblischen Erzählungen somit Hilfe und Orientierung bei schwierigen moralischen Fragen in Bezug auf die Digitalisierung geben.

Aktiv gestalten ist besser als zuzusehen

Ein Anliegen Jungs ist es, Bewusstsein bei Christen für die Herausforderungen der Digitalisierung zu schaffen. In seinen Augen sei es besser, die Digitalisierung nicht nur passiv zu beobachten, sondern aktiv mitzugestalten. Konstruktive Ideen sind hierbei ebenso gefragt wie berechtigte Kritik. Auf diese Weise sollen die positiven Seiten der Digitalisierung – vereinfachtes Arbeiten, leichtere Kommunikation, Verfügbarkeit von Sachinformationen… – genutzt und ihre Schattenseiten – Entmenschlichung, Gefahr der Entfremdung, Fokussierung auf Nützlichkeit… – vermieden werden.

Wenn dies gelingt, könne die Digitalisierung bei der Lösung der größten aktuellen Menschheitsfragen helfen. Hierzu gehörten unter anderem der Klimawandel, die Frage nach gerechten Löhnen, die unterschiedlichen Lebensbedingungen verschiedener Menschen, das Streben nach Frieden und vieles mehr. Die Kirche solle sich darum bemühen, genau solche Technologien und Ansätze zu fördern, die dabei helfen, eine bestmögliche Gesellschaftsform Wirklichkeit werden zu lassen. Die Digitalisierung solle „kritisch begleitet“ und aktiv mitgestaltet werden.

Digitalisierung in der Kirche

Die Kirche hat das Ziel, digitale Konzepte aufzugreifen und für die christliche Botschaft nutzbar zu machen. So werde beispielsweise versucht, durch soziale Medien mit allen erdenklichen Gesellschafts- und Altersgruppen ins Gespräch zu kommen. Auf solchen Kanälen besteht die Möglichkeit, Kontakt zu Menschen aufzunehmen, die der Kirche nicht sowieso zugetan sind und sie besuchen. Dank der Digitalisierung schwimme die Kirche dann nicht mehr in ihrem eigenen Saft, sondern könne über ihre Grenzen hinaus aktiv werden und Menschen ansprechen.

Hierbei stehe die Kirche allerdings noch am Anfang. Laut Jung hat sie lediglich einige erste Schritte in Richtung Digitalisierung gemacht. Ein Beispiel hierfür ist der Segensroboter BlessU-2. Dieser ist in der Lage, Bibelworte in verschiedenen Sprachen zu zitieren. Das Ziel sei es nicht, durch solche Roboter irgendwann menschliche Pfarrerinnen und Pfarrer zu ersetzen. Vielmehr gehe es darum, Bewusstsein für die Kernthemen des Christentum zu wecken. Was sind zum Beispiel Trost, Segen, Fürsprache und Absolution? Wie möchte ich im digitalen Zeitalter mit meinen Mitmenschen und mit Gott kommunizieren? Welche Form der christlichen Gemeinschaft streben wir an? Für die Beantwortung all dieser Fragen, ist die Digitalisierung ein hervorragender Denkanstoß.

Installation "BlessU-2" / LichtKirche Wittenberg (Segensroboter / Blessing Robot)

 

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