Die deutsche GreenTech-Branche steht an einem Wendepunkt: Während in den vergangenen fünf Jahren 11,7 Milliarden Euro in nachhaltige Start-ups flossen, sinkt die Zahl der Neugründungen dramatisch. Was bleibt vom großen Nachhaltigkeitsversprechen, wenn Subventionen wegfallen und die wirtschaftliche Realität zuschlägt? Seriengründer Daniel Fellhauer bringt es auf den Punkt: „GreenTech ist kein Hype, sondern Realität mit echten Herausforderungen“ – und genau diese Herausforderungen entscheiden jetzt über Erfolg oder Scheitern einer ganzen Generation grüner Innovationen.
Deutschland galt lange als Vorreiter der grünen Transformation. Doch der aktuelle GreenTech Monitor 2025 zeichnet ein ambivalentes Bild: Einerseits flossen in den vergangenen fünf Jahren rund 11,7 Milliarden Euro in grüne Start-ups – das entspricht etwa einem Viertel aller Startup-Investitionen in Deutschland. Andererseits ist die Zahl der Neugründungen von 545 im Jahr 2021 auf nur noch 303 im Jahr 2024 eingebrochen. Ein Rückgang von über 40 Prozent, der nachdenklich stimmt.
„Der Anteil grüner Gründungen ist zuletzt deutlich gesunken“, erklärt Daniel Fellhauer, Seriengründer und Solarpionier, der bereits 2009 während der Finanzkrise die FEBESOL GmbH gründete. „Vor zwei Jahren war noch jedes dritte neue Start-up nachhaltig ausgerichtet. Heute ist es nicht einmal mehr jedes Vierte. Das ist ein deutliches Warnsignal.“
GreenTech ist kein Hype, sondern Realität mit echten Herausforderungen. Die Frage ist: Wer bleibt übrig, wenn die Subventionen verschwinden?
Daniel Fellhauer, Seriengründer und Chief Transformation Officer bei Thermondo
Die Verteilung der rund 3.000 GreenTech-Start-ups in Deutschland zeigt deutliche Schwerpunkte: 26 Prozent sind im Energiesektor aktiv, gefolgt von Industrie- und Software-Lösungen. Doch während die großen Player weiterhin erhebliche Finanzierungsrunden abschließen, kämpfen kleine und mittlere GreenTech-Unternehmen zunehmend mit Kapitalmangel, Fachkräftedefizit und überlasteter Infrastruktur.
Hier offenbart sich eine der größten Absurditäten der deutschen Energie- und Wirtschaftspolitik: Während GreenTech-Unternehmen um jeden Euro kämpfen müssen, fließen jährlich über 60 Milliarden Euro in die Förderung fossiler Strukturen. Das Umweltbundesamt beziffert die klimaschädlichen Subventionen sogar auf bis zu 65,4 Milliarden Euro, wenn man Bundes-, Landes- und kommunale Ebene zusammenrechnet.
Deutschland hatte sich bereits 2009 gemeinsam mit anderen Industrieländern verpflichtet, ineffiziente Förderungen für fossile Energieträger bis 2025 zu beenden. Ein Ziel, das laut Analysen von Fraunhofer ISI, ZEW und Umweltbundesamt klar verfehlt wird. Das Ergebnis? Eine groteske Schieflage in der Förderlandschaft.
Daniel Fellhauer warnt eindringlich: „Das ist kein ideologisches, sondern ein ökonomisches Problem. Solange Kapital und Fördermittel in alte Industrien gelenkt werden, anstatt in skalierbare GreenTech-Lösungen, bleibt Deutschland in der Vergangenheit verhaftet.“ Die haben wir von digital-magazin.de bei unseren Recherchen immer wieder festgestellt: Die politischen Rahmenbedingungen senden widersprüchliche Signale an Investoren und Gründer.
| Bereich | Finanzvolumen | Entwicklung |
|---|---|---|
| Fossile Subventionen (jährlich) | 60-65 Mrd. Euro | Stabil bis steigend |
| GreenTech-Investitionen (5 Jahre) | 11,7 Mrd. Euro | Absolut steigend, relativ sinkend |
| Neugründungen GreenTech | 303 (2024) | -44% seit 2021 |
| Gesamtzahl GreenTech-Start-ups | ca. 3.000 | Konsolidierung |
Es sind drei zentrale Herausforderungen, die GreenTech Deutschland derzeit belasten – und keine davon lässt sich mit einem Federstrich lösen.
Hochqualifizierte Arbeitskräfte in den Bereichen Energie, Elektronik und Software sind zur Mangelware geworden. Die Zahlen sprechen Bände: Im Bereich Elektrotechnik dauert die Stellenbesetzung durchschnittlich 114 Tage, in der Energietechnik 112 Tage. Bei Bauelektrik-Fachkräften klafft eine Fachkräftelücke von 18.343 Stellen – acht von zehn Stellen bleiben rechnerisch unbesetzt.
„Das ist wie ein Rennauto ohne Motor“, beschreibt Fellhauer die Situation. „Du hast die beste Technologie, die besten Ideen, aber niemanden, der sie umsetzen kann.“ Besonders dramatisch: Während zwischen 2012 und 2024 die Zahl ausländischer Fachkräfte in MINT-Berufen um fast 118 Prozent stieg, scheitert die Integration oft an Anerkennungsverfahren, Sprachbarrieren und langwierigen Visaprozessen.
Der schleppende Ausbau der Strom- und Wärmenetze bremst die Skalierung innovativer Lösungen massiv aus. „Eine Solarfirma kann heute Aufträge für 1.000 Anlagen im Jahr haben“, erklärt Fellhauer. „Aber wenn der Netzanschluss neun Monate dauert, bleibt sie auf halber Strecke stehen.“
Die digitale Transformation, die digital-magazin.de regelmäßig in verschiedenen Branchen analysiert, zeigt sich hier in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit: Während Unternehmen ihre internen Prozesse digitalisieren, hinkt die physische Infrastruktur hoffnungslos hinterher. Windparks werden genehmigt, können aber nicht ans Netz angeschlossen werden. Wallboxen für E-Autos sind installiert, doch die Netzkapazität fehlt.
GreenTech-Unternehmen benötigen aufgrund langer Entwicklungszeiten und hoher Anfangsinvestitionen beträchtliches Kapital. Das Problem: Die Finanzierungsströme konzentrieren sich zunehmend auf wenige, große Player. Start-ups in der Frühphase gehen leer aus. „Das zeigt eine Reifung, aber auch eine gefährliche Schieflage“, warnt Fellhauer. „Wir brauchen Breite, nicht nur Leuchttürme.“
Hinzu kommen steigende Zinsen, die Risikokapital verteuern, und langwierige Genehmigungsverfahren, die selbst erfahrene Unternehmer zur Verzweiflung treiben. Unterschiedliche Förderprogramme und komplexe regulatorische Vorgaben machen die Situation nicht einfacher.
„Nur wer wirtschaftlich denkt, kann nachhaltig handeln“, bringt Daniel Fellhauer seine Vision auf den Punkt. Für ihn ist klar: Die nächste Phase der GreenTech-Bewegung entscheidet sich nicht an Visionen, sondern an Umsetzungsdisziplin. „Wir haben die Ideen, die Technologien und den gesellschaftlichen Rückhalt – jetzt geht es um Strukturen, Prozesse und betriebswirtschaftliche Fitness.“
Nachhaltigkeit ist kein Marketingbegriff, sondern eine Frage des industriellen Könnens. Wir müssen wieder lernen, wie man produziert, automatisiert und skaliert, nicht nur, wie man pitcht.
Daniel Fellhauer
Seine Botschaft richtet sich vor allem an Gründerinnen und Gründer, die gerade überlegen, in den Markt einzusteigen: „Ich sehe viele junge Teams, die voller Energie starten – aber ohne belastbares Geschäftsmodell. Das ist gefährlich, weil GreenTech kapitalintensiv ist und die Anlaufphase oft Jahre dauert. Wer heute gründet, braucht einen klaren Plan für Cashflow, Partnerschaften und Skalierung, nicht nur für Storytelling.“
Fellhauer plädiert für eine zweite Generation der Nachhaltigkeit: weniger Ideologie, mehr Industriekompetenz. Seine konkreten Empfehlungen:
„Die besten GreenTech-Firmen der nächsten Jahre werden die sein, die unabhängig funktionieren – weil sie echte Marktprobleme lösen, nicht weil sie im Förderdschungel überleben“, prognostiziert Fellhauer. Ein Ansatz, der sich bereits in anderen Branchen bewährt hat, wie wir bei digital-magazin.de in unseren Analysen zur Digitalisierung und Nachhaltigkeit festgestellt haben.
Damit Nachhaltigkeit tatsächlich zum tragfähigen Standbein der deutschen Wirtschaft wird, braucht es planbare Rahmenbedingungen – aber auch Eigeninitiative. Fellhauer betont, dass Gründerinnen und Gründer nicht auf die perfekte Politik warten dürfen: „Wir brauchen beides: verlässliche Energie- und Förderpolitik und unternehmerischen Pragmatismus.“
Doch nicht alles hängt an der Politik. Erfolgreiche GreenTech-Unternehmer zeichnen sich durch spezifische Eigenschaften aus:
Deutschland steht an einem Scheideweg. Die Weichen für die nächsten Jahrzehnte werden jetzt gestellt. Entweder gelingt die Transformation zu einer nachhaltigen Industrienation, oder die Chance einer Generation wird vertan. Die technologische Basis ist vorhanden, das Know-how ist da, und der gesellschaftliche Wille existiert. Was fehlt, sind konsistente Rahmenbedingungen und unternehmerischer Pragmatismus.
Daniel Fellhauers Fazit fällt entsprechend klar aus: „GreenTech wird die neue industrielle Basis – wenn wir sie als solche behandeln. Gründer müssen rechnen, Politiker müssen liefern, und die Gesellschaft muss akzeptieren, dass Nachhaltigkeit ein Geschäftsmodell braucht, keinen Idealismuspreis.“
Die Frage lautet nicht mehr, ob Deutschland auf erneuerbare Energien und nachhaltige Technologien setzen wird – das ist beschlossene Sache. Die entscheidende Frage ist: Wird GreenTech Deutschland zum globalen Champion oder zum abschreckenden Beispiel für vertane Chancen? Die Antwort darauf schreiben wir in den kommenden Jahren.
Deutschland zählt aktuell rund 3.000 GreenTech-Start-ups. Die Zahl der Neugründungen ist allerdings von 545 im Jahr 2021 auf 303 im Jahr 2024 gesunken – ein Rückgang von über 40 Prozent.
In den vergangenen fünf Jahren flossen etwa 11,7 Milliarden Euro in GreenTech-Start-ups in Deutschland. Das entspricht rund einem Viertel aller Startup-Investitionen im gleichen Zeitraum.
Die Hauptgründe sind Kapitalmangel in der Frühphase, Fachkräftemangel in technischen Bereichen, überlastete Infrastruktur (Netze, Genehmigungen) sowie steigende Zinsen und regulatorische Komplexität. Investoren werden zudem selektiver und konzentrieren sich auf bereits etablierte Unternehmen.
Laut Umweltbundesamt fließen jährlich 60 bis 65 Milliarden Euro in klimaschädliche Subventionen für fossile Energieträger – auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zusammengerechnet. Deutschland hat sein Ziel, diese bis 2025 zu beenden, klar verfehlt.
26 Prozent der GreenTech-Start-ups sind im Energiesektor aktiv, gefolgt von Industrie- und Software-Lösungen. Weitere wichtige Bereiche sind Mobilität, Gebäudetechnik und Kreislaufwirtschaft.
Die durchschnittliche Besetzungsdauer beträgt 114 Tage in der Elektrotechnik und 112 Tage in der Energietechnik. Bei Bauelektrik-Fachkräften klafft eine Lücke von über 18.000 unbesetzten Stellen, wobei acht von zehn Stellen rechnerisch unbesetzt bleiben.
Erfolgreiche GreenTech-Firmen zeichnen sich durch robuste Geschäftsmodelle aus, die auch ohne Subventionen funktionieren. Sie lösen echte Marktprobleme, verfügen über betriebswirtschaftliche Disziplin und haben strategische Partnerschaften mit etablierten Unternehmen. Zudem denken sie internationale Märkte von Anfang an mit.
Die wirksamsten Maßnahmen wären: Umschichtung fossiler Subventionen in nachhaltige Technologien, staatlich unterstützte Risikokapitalfonds für die Frühphase, vereinfachte Fachkräfte-Anerkennungsverfahren, beschleunigter Netzausbau und Vereinfachung der regulatorischen Rahmenbedingungen.

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