Von Perpetual zum Abo: Wo Software-Anbieter mit Preismodellen gewinnen können

von Perpetual Licence + Maintenance Fee auf Subscription/Pricing Modelle
Dr. Karsten Konrad ist Senior Director Data Science bei Prof. Roll & Pastuch – Management Consultants. Als ehemaliger Entwicklungsleiter für (Pricing-) Software ist er Experte für Datenanalyse, Künstliche Intelligenz, Modellierung und Preisoptimierung. Dr. Konrad begleitet Konzerne und mittelständische Unternehmen auf nationalen und internationalen Projekten in den Bereichen Preismanagement, Business Intelligence und Vertrieb.
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B2B-Softwarehersteller migrieren zunehmend von einmaligen Lizenzverkäufen mit Wartungsgebühren zu abonnementbasierten Preismodellen. Das bringt stabilere Umsätze, aber auch neue Herausforderungen. Während Neukunden Abonnements oft akzeptieren, müssen Bestandskunden überzeugt werden. Entscheidend ist ein Preismodell, das wirtschaftlich sinnvoll ist, als fair empfunden wird und keine unerwünschten Anreize setzt. Was funktioniert – und was nicht?

Herausforderungen beim Wechsel zu Abo-Preismodellen

Der Übergang von unbefristeten Lizenzen (Perpetual License) mit Wartungsverträgen zu zeitbasierten Abonnement- oder nutzungsbasierten Pay-per-Use-Modellen birgt für Softwareanbieter erhebliche Herausforderungen. Vor allem, wenn bereits ein großer Kundenstamm eine Software einsetzt, müssen Unternehmen nicht nur ihr eigenes Geschäftsmodell transformieren, sondern auch die Bestandskunden erfolgreich auf die neue Logik vorbereiten.

Bestandskunden überzeugen und Kundenbindung verbessern

Ein zentraler Aspekt einer Umstellung ist die Kostenstruktur auf Kundenseite. Während Unternehmen beim Perpetual-Modell hohe einmalige Investitionen (CAPEX) tätigen und jährlich Wartungsgebühren zahlen, verteilen sich die Kosten bei Abonnements vollständig auf operative Ausgaben (OPEX). Dies erleichtert Budgetierung und Cashflow-Management des Kunden.

Neukunden sind häufig leichter von einem Abo-Modell zu überzeugen, da sie sich von Anfang an für die Vorteile einer flexiblen Preisgestaltung, kontinuierlicher Updates und geringerer Anfangsinvestitionen entscheiden. Schwieriger gestaltet sich der Wechsel für Bestandskunden, die bereits in eine Perpetual-Lizenz investiert haben. Für sie bedeutet die Umstellung lediglich eine neue Kostenstruktur, ohne dass sie notwendigerweise direkt einen Mehrwert erkennen.

Wechselt der Anbieter sein Preismodell, sollte er auch den Bestandskunden Vorteile anbieten. Liegt dieser Vorteil aus Kundensicht vor allem in der zukünftig höheren Flexibilität bei den Zahlungen,  muss der Anbieter zwangsläufig mehr in die Kundenbindung investieren, damit dieser „Vorteil“ nicht genutzt wird.

Die Gefahr der Preissensibilität

Da Kunden nicht mehr einmalig hohe Summen zahlen, sondern regelmäßig kleinere Beträge, steigt die Preissensibilität. Unternehmen müssen genau abwägen, welche Preisstrategie attraktiv bleibt, ohne die eigene Marge zu gefährden. Zu günstige Einstiegspreise können zwar schnell Kunden gewinnen, aber langfristig die Rentabilität gefährden. Eine gut durchdachte Lifecycle-Strategie, um die Kunden in noch profitablere Segmente zu entwickeln, ist für Abo-Modelle daher deutlich wichtiger, als dies bei Perpetual-Modellen ist.

Bei B2B-Software ist es üblich, dass zunächst erheblicher Aufwand in das Customizing der Software gesteckt wurde. Dies bedeutet, dass bei einem Übergang zu Abo-Modellen Bestandskunden benachteiligt werden, wenn sie die gleichen Preise zahlen wie Neukunden, bei denen das Customizing oft bewusst als Teil des Abo-Preises abgegolten wird. Bestandskunden empfinden sehr schnell ein Pricing als „unfair“, welches diese bereits getätigten Invests nicht berücksichtigt.

 Staatliche Förderungen bei Abo-Modellen

Ein weiteres Hindernis für Abo-Modelle kann die fehlende Unterstützung durch staatliche Förderprogramme sein. In vielen Ländern, insbesondere in Entwicklungsmärkten, werden Investitionen in Software durch staatliche Zuschüsse oder Steuervergünstigungen gefördert – allerdings meist nur für einmalige Lizenzkäufe und nicht für laufende Abonnementkosten. Das kann den Wechsel zu SaaS für Unternehmen in diesen Regionen finanziell unattraktiv machen. Anbieter sollten hier hybride Lizenzmodelle in Betracht ziehen, um Kunden aus geförderten Märkten den Zugang zu erleichtern.

Strategische Maßnahmen: Mehr Wertkommunikation und Kundenbindung

Softwareanbieter müssen an mehreren Stellen tätig werden, um Kunden in ein neues Modell mitzunehmen. Wichtig ist zunächst, alle zukünftigen Vorzüge klar herauszuarbeiten, z.B. das Plus an Flexibilität durch die stärker an die tatsächliche Nutzung gekoppelte Zahlung. Die Unternehmen sollten dies jedem Kunden konkret vorrechnen können – auch um als Anbieter selbst genau zu verstehen, welche Anreize es aus Kundensicht gibt.

Ideal ist es, den zukünftig gebotenen Serviceanteil so zu erhöhen, dass der „-as-a-Service“-Teil des Preismodells aus Kundensicht wirklich glaubwürdig ist. Je mehr Dienstleistung das Angebot beinhaltet, etwa durch Verwendung von Cloudspeicher, Cloud-Computer, kontinuierliche Beratung, Schulung und Training, umso mehr ist auch vermittelbar, dass das Bezahlmodell geändert werden muss. Es ist zudem sehr empfehlenswert, zukünftig stärker in die Kundenbindung zu investieren – etwa, indem ein Customer Success Manager kontinuierlich sicherstellt, dass der Kunde seine Ziele mit der Software erreicht.

Umgekehrt bedeutet dies, dass Legacy-Software, die nicht mehr durch den Anbieter weiterentwickelt wird, kaum Beratung oder fortlaufendes Customizing benötigt und seit langer Zeit mit einer prozentualen Wartung abgerechnet wird, nicht ohne Widerstände auf Abo-Pricing umgestellt werden kann. Hier liegt der einfachste Weg zu mehr Umsatz oft darin, die bestehende niedrige Wartungsgebühr in einen höheren Festbetrag mit jährlicher Erhöhung zu überführen, statt mit dem Kunden Diskussionen über ein nicht passendes Preismodell zu führen.

Erfolgreiche Abo-Modelle

Erfolgreiche Abopreismodelle zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit und eine nachvollziehbare Skalierung aus. Im Gegensatz zu komplexen Lizenzstrukturen früherer Zeiten bestehen moderne Abo-Modelle oft aus nur wenigen Bestandteilen. Neben einer funktionalen Differenzierung durch aufeinander aufbauende Editionen sorgt vor allem eine geeignete Preismetrik dafür, dass der Preis mit dem Nutzen für den Kunden steigt.

Anwendergebundene Modelle

Das häufigste Abo-Preismodell ist immer noch die weitgehend nutzerbasierte Abrechnung. Kunden zahlen pro Anwender oder pro Sitzplatz in der Software. Dieses Modell ist besonders in Bereichen mit klar abgegrenzten Anwendergruppen erfolgreich, etwa bei CRM- oder ERP-Software. Es birgt jedoch das Risiko, dass Unternehmen versuchen, Nutzeranzahlen zu minimieren, um Kosten zu sparen. Um dem entgegenzuwirken, können Anbieter z.B. Mehrwert durch teambasierte Kollaborationsfunktionen schaffen.

Für viele B2B-Software-Anwendungen finden sich durch unterschiedliche Anwendungsbedürfnisse Intensiv-Nutzer und Gelegenheits-Nutzer einer Software. Im Fall sehr unterschiedlicher Nutzerprofile sollten Anbieter über eine Trennung in „Light“- und „Heavy“-User-Lizenzen nachdenken, um das Preismodell aus Kundensicht „fair“ zu gestalten. Gerade bei cloudbasierten Lösungen lassen sich flexible Lizenzmodelle definieren, um eine notwendige Differenzierung der Anwendergruppen zu ermöglichen. Diese Notwendigkeit sinkt jedoch, sofern die Lizenzkosten pro User nicht sehr hoch sind. Im Abo-Preismodell einer B2B-Software ist es möglich, Lizenzkosten in einen „Basispreis“ und den Preis der eigentlichen Nutzerlizenzen aufzuspalten – dies subventioniert die Lizenzpreise nach Nutzern und kann so eine ansonsten notwendige Differenzierung nach Nutzungsintensität vermeiden.

Staffelung der Funktionalität: Editionen

Bewährt hat sich für beinahe alle Abo-Modelle die Staffelung der Funktionalität durch aufeinander aufbauende Editionen. Häufig findet sich eine sehr günstige Basisversion („Freemium“) mit sehr eingeschränkter Funktionalität und mehrere erweiterte Editionen für größere Teams oder spezialisierte Anforderungen. Dieses Modell ermöglicht es Kunden, mit einer günstigen Version zu starten und bei steigendem Bedarf funktional aufzurüsten, was langfristig die Kundenbindung stärkt.

Sehr beliebt ist ein Angebot aus vier Editionen, wobei die erste (fast) kostenlose Funktionen bietet, typischer Bedarf in den beiden mittleren Editionen abgedeckt ist und eine Premium-Edition die Kunden mit großer Zahlungsbereitschaft abholt. Normalerweise kombiniert man Nutzer-Lizenzen mit Editionen so, dass Nutzer einer höherwertigen Edition höhere Lizenzkosten zahlen. Der Preis entwickelt sich dadurch zweidimensional: In der Dimension der Funktionalität durch die Editionen, und in der Gesamtnutzung durch die Zahl der Anwender.

Der Hauptvorteil von Editionen aus Sicht des Anbieters ist die deutlich reduzierte Vertriebskomplexität bei komplexen digitalen Produkten – statt z.T. hunderter von Optionen mit einzelnen Preisen entsteht ein einfach zu verstehendes Angebot mit meist eher großzügigem Zugang zu Funktionen.

Nutzungsgestützte Modelle: Pay-Per-Use und Kopplung an Geschäftsobjekte

In bestimmten Anwendungen bietet sich eine nutzungsabhängige Preisgestaltung an, bei der Unternehmen nur für die tatsächlich genutzten Ressourcen oder Transaktionen zahlen. Ein Beispiel sind API-basierte Services oder Cloud-Speicherlösungen, bei denen die Abrechnung nach Speicherplatz oder Abrufen erfolgt. Dieses Modell funktioniert besonders gut, wenn der Wert der einzelnen Transaktion einfach zu ermitteln ist. Es birgt jedoch die Herausforderung der Umsatzvolatilität und kann Kunden abschrecken, die so weniger Kostensicherheit haben.

Ein zunehmend beliebtes Modell ist die Annäherung an Pay-Per-Use durch Metriken, die stark an Geschäftsobjekte des Kunden gebunden sind. Beispielsweise kann eine HR-Software nicht pro Anwender, sondern auch pro verwalteter Personalakte und Bewerberunterlage bepreist werden. Solche Modelle ermöglichen eine flexiblere Monetarisierung und passen sich besser an den Wert an, den die Software für den Kunden hat.

Für den Anbieter ist die so realisierbare Entkopplung von der Nutzeranzahl meist attraktiv – die Kunden haben kein Interesse mehr, die Nutzerzahl künstlich zu begrenzen. Hinzu kommt: Wird eine Software von vielen Personen in einem Unternehmen genutzt, ist es unwahrscheinlicher, dass sie abgelöst wird. Gerade für Software, die Effizienzsteigerung und damit möglichen Personalabbau als Mehrwert anbietet, können nutzergebundene Preismodelle für den Anbieter aber auch klar nachteilig sein: Macht die Software ihren Job gut, verdient der Anbieter weniger!

Was die Zukunft bringt

Der Wechsel von ehemals Perpetual-Lizenzen zu Abo-Preismodellen ist für Software-Anbieter enorm attraktiv und wird – trotz immer noch bestehender Widerstände – auch von den Kunden immer mehr akzeptiert. Das Perpetual-Modell ist daher ein Auslaufmodell. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Ist die Software eng mit dem Einsatz von Hardware verknüpft, wie dies etwa im Maschinen- und Anlagenbau der Fall ist, kann es weiterhin erhebliche Hemmschwellen bei den Kunden geben. Abo-Preismodelle sind hier ein regelrechtes Kaufhindernis für die Hardware und eignen sich daher nur, wenn der Einsatz der Software eher optional für den Kunden ist oder die Hardware selbst als Abo-Modell („Equipment-as-a-Service“) angeboten wird.

Für Software-Anbieter selbst ist das Thema Preismodelle nicht nur relevant, weil die eigenen Kunden betroffen sind. Auch sie selbst müssen Dienstleistungen einkaufen, die für den Betrieb der eigenen Produkte notwendig sind. Gerade aktuell ist zum Beispiel der Ausbau von Software-Produkten durch Integration von Künstlicher Intelligenz mit Hilfe von Large Language Models und Chatbots ein Thema. Deren Anbieter, wie etwa OpenAI oder Anthropic, nutzen bei der Integration in andere Produkte Pay-Per-Use-Preismodelle. Je mehr der angebotene Wert einer Software von solchen integrierten Leistungen abhängt, umso mehr muss auch das Preismodell der Software kompatibel mit diesen Lizenzkosten sein.

Gerade Anbieter, die Leistungen anderer Digitalprodukte integrieren, werden in Zukunft stärker Wege finden müssen, eine Vielzahl unterschiedlicher Preismodelle abzustimmen. Für einen Anbieter kann das im Extremfall heißen, dass er sein eigenes Preismodell wechseln muss, um es kompatibel mit denen eines Lieferanten zu machen. Man kann sich leicht vorstellen, dass die heutigen Nutzer einer Software einen nochmaligen Wechsel des Preismodells kaum mit Begeisterung mitmachen würden.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Hersteller beim Wechsel von Perpetual License zu Abo-Preismodellen eine Strategie entwickeln müssen, die sowohl den Aufbau einer schlüssigen Werteargumentation umfasst als auch einen nachhaltigen Change im Umgang mit den Kunden beinhaltet.  Auf Dauer lässt sich eine Mischung von Perpetual- und Abo-Preismodellen am Markt schwer rechtfertigen. Die Notwendigkeit, einen hier gangbaren Weg zu finden, erfordert vor allem im Umgang mit wertvollen Altkunden etwas Fingerspitzengefühl – Hersteller sollten für loyale Kunden großzügige Übergangsregeln definieren, um den letztendlich unvermeidbaren Umstieg zu erleichtern.

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