Wie Einzelhändler:innen typische Stolpersteine beim E-Commerce-Einstieg vermeiden

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Nikbin Rohany ist CEO des SaaS-Anbieters Shore, der eine Terminbuchungs- und Shoplösung für KMU entwickelt und vertreibt. Die Digitalisierung und der Erfolg von kleinen und mittelständischen Unternehmen sind Nikbin Rohanys Vision und Leidenschaft, ob als Gründer, CEO, Investor oder Berater – und das bereits seit seinem Informatikstudium. Bei der Umsetzung dieser Vision helfen ihm strategische Weitsicht, technisches Know-how und ein klarer Fokus auf den Menschen im Mittelpunkt seines Handelns, seien es Kund:innen oder Mitarbeiter:innen.
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Während den Lockdowns in den zurückliegenden Phasen der Pandemie stiegen viele stationäre Einzelhändler:innen in das Online-Geschäft ein, um ausbleibende Umsätze zu kompensieren. So verzeichnete das Segment Mode und Accessoires von 2019 bis 2020 ein Online-Umsatzplus von 540 Millionen Euro und sein Anteil am Gesamtumsatz stieg von 7,5 auf 11,9 Prozent, nach Zahlen des Handelsverbands Deutschland. Viele Einzelhändler:innen sind  jedoch mit den Resultaten unzufrieden, sei es wegen der niedrigen Margen oder des starken Wettbewerbs. Nikbin Rohany, CEO von Shore, erklärt, wie sie die Performance ihrer Shops verbessern und wie auch kleinere Geschäfte ihren Online-Umsatz steigern.

Die Startseite

Die Startseite eines Online-Shops wird häufig mit dem Schaufenster eines physischen Ladens verglichen. Diese Analogie ist in mehrfacher Hinsicht hilfreich, denn wer sich nach einem Schaufensterbummel nicht eingeladen fühlt, das Geschäft zu betreten, der wird garantiert auch nicht zu einer Kund:in. Die Absprungrate, also die Zahl der Nutzer:innen, die je nach Definition den Shop nach kürzester Zeit wieder verlässt, wird zu einem großen Teil von der Startseite beeinflusst.

Wer Google Analytics nutzt (und korrekt eingerichtet hat), kann sich die Absprungrate für die eigene Seite anzeigen lassen. Die Realität kann enttäuschend sein, doch wer seine Absprungrate kennt, der kann den Effekt vorgenommener Maßnahmen besser evaluieren. Eine gut gemachte Startseite sollte zunächst auf einen Blick den Shop, das Warensortiment und die Werte, für die der Shop steht, erkennbar machen. Gerade letzteres wird immer wichtiger in Bezug auf Entwicklungen wie beispielsweise Nachhaltigkeit.

Der Website-Aufbau

Das Ziel sollte ein klarer Aufbau sein, der prominent die Warenkategorien präsentiert, Besucher:innen z. B. die meistverkauften Produkte vorschlägt und Hinweise auf Aktionen gibt. Über die Werte des Shops kann in Form von Siegeln, Claims, Bildsprache und Referenzen informiert werden.

Ein Alleinstellungsmerkmal gut gemachter Shops kann nicht zuletzt die thematische Kuration sein. “Everything-Stores” wie Amazon wirken durch die schiere Fülle auf manche Kund:innen überfordernd wirken. Der spezialisierte Online-Shop, der nur ausgewählte Produkte anbietet und diese thematisch bündelt und mit zusätzlichen Informationen und Inhalten ergänzt, ist hier im Vorteil. Auch dieser Aspekt sollte gleich auf der Startseite zu sehen sein. Im Idealfall ist der Einstieg in den Shop geglückt und potenzielle Kund:innen beginnen, zu stöbern.

Die Gestaltung

Die Gestaltung eines Shops sollte sich klar an der jeweiligen Zielgruppe orientieren. Spreche ich beispielsweise werdende Eltern an oder richtet sich mein Shop an Technikbegeisterte? Die Zielgruppe sollte sich bei allen Aspekten von der Bildauswahl, über die Farbgebung bis hin zu den Schriftarten und der gewählten Sprache wiederfinden.

Eine wesentliche Rolle spielt die Präsentation der Waren: Sie sollten mit einer Vielzahl hochwertiger Fotos ansprechend dargestellt und detailliert beschrieben werden. Eine Schwierigkeit beim Online-Shopping ist die fehlende physische Dimension. Je genauer Kund:innen sich eine Vorstellung vom eigentlichen Produkt, anhand genauer Maße und Produktabbildungen (ggf. auch dreidimensional) machen können, umso leichter fällt ihnen die Kaufentscheidung. So werden nicht zuletzt auch Retouren reduziert und Kosten gespart.

Für die konkrete Gestaltung bieten viele Shop-Systeme Vorlagen. Doch wer sich von der Konkurrenz abheben will, sollte sich auch mit den Optionen zur Individualisierung auseinandersetzen. Design-Inspirationen gibt es reichlich bei den Shops erfolgreicher Brands oder auch auf Portalen wie Pinterest. Liebe zum Detail und Experimentierfreude zahlen sich aus.

Shop-Betreiber:innen sollten sich nicht davor scheuen, ihr Umfeld oder ihre Communitys in den sozialen Netzwerken um Feedback zu bitten, um den Look kontinuierlich zu optimieren. Mit einem einmaligen Redesign ist es natürlich nicht getan und das Aussehen des Shops sollte stets aktuell gehalten werden. 

Die technische Seite

Auch die technischen Aspekte sind wichtig: Heutzutage haben die Kund:innen dank der großen Plattformen eine hohe Erwartungshaltung an das Online-Shopping entwickelt. Händler:innen sollten daher auch die technische Performance und Bedienbarkeit ihrer Shops regelmäßig testen, wie z. B. die Ladegeschwindigkeit der Website.

Gerade letztere ist entscheidend, denn in unserer schnelllebigen Zeit geht es stets um die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen, in diesem Fall den Shopbesucher:innen. Ladezeiten von über 400 Millisekunden bei der Mensch-Maschine-Interaktion, Computerwissenschaftler:innen als Doherty-Schwelle bekannt, führen bereits zu einem Aufmerksamkeitsverlust bei Nutzer:innen.

Wie so oft steht an erster Stelle das Messen der Performance. Google bietet dazu das kostenlose Tool PageSpeed Insights. Hier kann man die URL der eigenen Seite eingeben und erhält einen Einblick, wie diese performt und wie man die Performance verbessern kann. Während manche technischen Aspekte, die die Ladezeit beeinflussen, vom verwendeten Shop-System vorgegeben sind und andere nur von Profis beeinflusst werden können, gibt es einige leicht umzusetzende Maßnahmen.

Die einfachste Maßnahme ist es meistens, Bilder zu komprimieren. Dadurch wird die Qualität nicht merklich beeinflusst, dafür aber die Dateigröße und damit auch die Ladegeschwindigkeit. Das Gleiche gilt für andere Multimediainhalte wie etwa Videos.

Eine zweite, einfache Maßnahme ist die Deaktivierung von überflüssigen Plug-ins oder das Reduzieren der Werbefläche, sofern man Teile der Website für externe Werbung anbietet. Kurzum: Je weniger Inhalte in Vorder- und Hintergrund geladen werden müssen, desto besser performt eine Seite.

Entscheidend ist auch der Kaufvorgang an sich, vor allem im Hinblick auf die User Experience. Wie viele Klicks braucht ein:e Kund:in bis er:sie einen Kauf abschließt? Shop-Betreiber:innen sollten sich in ihre Kund:innen hineinversetzen und ihre Shops selbst testen.

Das Internet ist zunehmend synonym mit dem mobilen Internet, deshalb kommt der Darstellung und Funktionalität eines Shops auf mobilen Endgeräten wie Smartphone eine besondere Bedeutung zu. Designelemente sollte sich responsiv an alle Displaygrößen anpassen und die Bedienung per Touchscreen ermöglichen. Auch das bringen Shop-Systeme üblicherweise heutzutage mit, doch es lohnt sich, auch dies regelmäßig zu testen. 

Die Sichtbarkeit durch Suchmaschinen

Sichtbarkeit durch Suchmaschinen
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Wichtig ist auch, die Sichtbarkeit zu steigern und sich von den Mitbewerbern zu differenzieren. Daher sollten gerade kleine Unternehmen versuchen, ihr Ranking bei Google durch Suchmaschinenoptimierung (SEO, engl. für Search Engine Optimization) zu verbessern. Ein Ergebnis, das nicht auf der ersten Seite gelistet ist, hat verschwindend geringe Chancen wahrgenommen zu werden. Die Funktionsweise der Algorithmen der Suchmaschinen ist streng gehütet, doch die Unternehmen geben durchaus klare Definitionen, welche Faktoren das Ranking beeinflussen. SEO-Expert:innen ihre Geheimnisse. Zu den wichtigsten Faktoren zählen:

  • Die Sicherheit der Seite, also ob sie beispielsweise eine SSL-Verschlüsselung nutzt,
  • wie maschinenlesbar die Seite technisch aufgebaut ist, was vor allem davon abhängt, wie der Editor des Shop-Systems die Eingaben umsetzt,
  • die weiter oben besprochene Ladezeit und
  • wie gut die Seite für die Bedienung mit mobilen Geräten geeignet

Neben externer SEO-Beratung kann man sich auch initial mit kostenfreien oder kostenpflichtigen Plug-Ins behelfen. Diese analysieren die Shopwebsite und geben Tipps, wie sich diese SEO-optimieren lässt. Ein einfacher Schritt ist z. B. das Optimieren der Texte auf der Website, indem diese sauber formatiert sind und z. B. Überschriften und Unterüberschriften, die auch als solche ausgewiesen sind. Zudem gilt es die richtigen Schlüsselworte für das eigene Segment zu besetzen, sodass der Shop bei den entsprechenden Suchbegriffen weit oben auftaucht.

Mehr Reichweite durch Onlinewerbung und Social Media

Social-Media-Marketing und Suchmaschinenwerbung bieten sehr gezielte Möglichkeiten, bezahlte Werbung an spezifische Zielgruppen auszuspielen. Doch anstatt „alles ein bisschen“ zu machen, sollten sich Unternehmen dabei aber lieber auf eine kleine Auswahl von Plattformen konzentrieren und diese mit guten Inhalten bestücken.

Zum Aufbau der eigenen Reichweite sollte auch an Werbebudget für Onlinewerbung gedacht werden. Dafür können z. B. Google Ads eingesetzt werden: Hier können Unternehmen unter anderem durch Smart Bidding ihre Werbeziele automatisiert verfolgen. Dank intelligenter Auktionen von Werbeplätzen kann der Return on lnvest (ROI) gezielt optimiert werden. So können beispielsweise Ziele wie „mehr Zugriffe auf die Website“ im Voraus definiert werden. Soll die Anzahl der Klicks maximiert werden, werden die Gebote automatisch so angepasst, dass für das definierte Budget möglichst viele Klicks erreicht werden.

Soziale Netzwerke wie Instagram zum Beispiel bietet über bezahlte Werbung hinaus gute Möglichkeiten für eine gelungene Produktpräsentation, einschließlich eines direkten Links zum Shop. Instagram bietet mittlerweile Funktionen, wie Instagram Shopping Cart. Produkte auf Posts können direkt mit einem Onlineshop verlinkt werden, über den das Produkt gekauft werden kann. Links zum Shop können auch  in die Profilbeschreibung aufgenommen werden. Tools wie Hootsuite helfen nicht nur bei der Ausspielung von Inhalten auf mehreren Plattformen, sondern bieten auch Analysemöglichkeiten, z. B. über den Traffic von einem bestimmten Kanal auf die Website. Die Basisversion von Hootsuite ist sogar kostenlos.

Fazit

Neue Absatzkanäle erschließen: Für viele Einzelhändler:innen ist dies einer der Anreize, um den Sprung in den Internethandel zu wagen. Leider liegen die Gewinne im Online-Handel für die meisten Händler:innen unter der im stationären Handel. Einzelhändler:innen können diesem Umstand nur begegnen, wenn ihr Shop bei den richtigen Zielgruppen ankommt, genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist und technisch auf der Höhe der Zeit ist. So kann das Transaktionsvolumen erhöht werden sowie  die Gewinnmarge verbessert werden – und Shopbetreiber:innen die innerhalb kurzer Zeit eine messbare Verbesserung der Performance  erlangen.

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