Für die Medizinproduktebranche ist das Jahr 2020 eine wichtige Zäsur: Ab dem 25. Mai 2020 gelten die Regelungen der EU-MDR (Medical Device Regulation). Für viele Unternehmen bedeutet dies einerseits erhöhte Anforderungen, auf der anderen Seite ist es aber auch die Chance, firmeninterne Prozesse neu und effizienter zu organisieren und sich so von Wettbewerbern abzusetzen. In diesem Artikel soll es um solch eine Möglichkeit gehen: Die Digitalisierung von Lagerprozessen mit Hilfe von UDI und modernen Barcodescannern.
Diese Prozesse werden heute oft manuell und damit zeitaufwändig und fehleranfällig durchgeführt. Die Forderung der MDR an eine lückenlose und nachvollziehbare Chargenerfassung und Chargenrückverfolgung kann somit der passende Anlass sein, diese Prozesse genauer unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren.
Die Ausgangssituation
In der Medizinbranche ist die Arbeit mit Chargen und Lotinformationen schon seit langer Zeit Standard. Auf jedem medizinischen Produkt sind diese Informationen zu finden. Allerdings häufig in einer Form, die die digitale Erfassung und Verarbeitung dieser Informationen erschwert:
Die Informationen zur Charge sind, wie in der Abbildung zu sehen, lediglich als Text auf der Verpackung angegeben. Wenn beim Wareneingang die Charge registriert werden soll, muss ein Lagermitarbeiter diese Daten ablesen, eingeben und speichern. Dies ist ein langwieriger Prozess, der zusätzlich durch schlechte Ablesbarkeit der Lot-Informationen sehr fehlerbehaftet ist.
Es liegt daher auf der Hand, dass es für Unternehmen aus der Medizinproduktebranche sehr vorteilhaft wäre, wenn sich dieser Prozess beschleunigen lässt. Genau das ist die Aufgabe von UDI.
Wie kann UDI helfen?
UDI steht für (Unique Device Identifier) und ist ein Code, der die Produkt-ID (Artikelnummer oder GTIN) mit den Lot- oder Chargeninformationen vereinigt. Durch den Scan der UDI mit einem Barcode-Scanner werden beide Informationen in einem Arbeitsgang erfasst und können automatisch gespeichert und weiterverarbeitet werden. Die UDI ist häufig als GS1-Datamatrixcode codiert, der so aussieht:
Da die Verwendung der UDI für die Hersteller von Medizinprodukten mit der MDR verpflichtend wird, existiert zukünftig ein einheitlicher Standard, der es ermöglicht, den vorher zeitaufwändigen Prozess der Chargenerfassung zu optimieren. Der eingesparte Zeitaufwand ist enorm, Sie können ihn leicht hochrechnen, wenn Sie überschlagen, wie häufig die Chargeninformationen in Ihrem Unternehmen erfasst werden müssen.Dies ist in vielen verschiedenen Prozessen der Fall:
- Wareneingang
- Warenausgang / Kommissionierung
- Umbuchungen
- Inventur
Folgende Beispielrechnung kann als Anhaltspunkt dienen:
Zeitaufwand bei manueller Chargenerfassung pro Vorgang: 20 Sekunden
Zeitaufwand bei automatisierter Chargenerfassung pro Vorgang: 5 Sekunden
Pro Vorgang werden unter diesen Annahmen 15 Sekunden eingespart. Dies entspricht bei 500 Vorgängen pro Tag einer Zeitersparnis pro Jahr (240 Arbeitstage) von 500 Arbeitsstunden pro Jahr.
Welche Schritte sind für die Modernisierung nötig?
Die nötigen Schritte gliedern sich grob in drei Bereiche:
Lager-Infrastruktur
Eine Voraussetzung für die Arbeit mit einem modernen Lagersystem ist fast immer eine flächendeckende WLAN Ausleuchtung im gesamten Lagerbereich. Dies ermöglicht es den Anwendern, die Produkte an jeder Stelle im Lager mit mobilen Geräten zu handeln. Alle Vorgänge können dann online im System gebucht werden, was die Fehlertoleranz wesentlich verbessert.
Hardware
Für den Lagerbereich sollten Computer und mobile Handgeräte so auslegt sein, dass Sie auch härteren Außenbedingungen dauerhaft standhalten. Dazu gehören Stoßfestigkeit, Wasserdichtheit und eine möglichst hohe Batterieleistung.
Software
Prinzipiell besteht die Möglichkeit, eine spezialisierte LagerSoftware einzusetzen, die über eine Schnittstelle Daten mit Ihrem ERP System austauscht. Über die Schnittstelle werden Daten, die parallel im ERP und im Lagersystem benötigt werden, ausgetauscht und synchronisiert. Dazu gehören z.B. Produktdaten wie GTINs und andere Artikelinformationen und natürlich auch kundendaten und Lieferadressen sowie Bestelldaten, die für die Logistik im Lagersystem wichtig sind. Der Nachteil einer solchen Schnittstellenlösung besteht häufig darin, dass die Schnittstelle durch die Vielzahl an Daten und Vorgängen sehr komplex werden kann und beide Systeme genau aufeinander abgestimmt sein müssen.
Eine andere Lösung ist die Integration der Lagerprozesse in das bestehende ERP-System. Hierzu muss das ERP System häufig angepasst und erweitert werden. Der Vorteil dieser Lösung ist jedoch, dass keine Systembrüche entstehen, da im ERP System bereits alle Daten vorhanden sind und bereitgestellt werden können. Ein spezielles ERP System für die Medizinprodukte Branche, das bereits eine volle Integration der Lagerprozesse beinhaltet, ist Kontor MED von codegarden software.
https://www.kontor-medical-erp.de
Ein praktisches Beispiel für die Bearbeitung von Lagerprozessen mit einem Scanner können Sie auch in diesem Video sehen:
Fazit
Für Unternehmen der Medizinproduktebranche ist die Digitalisierung der Lagerprozesse durch die Zeitersparnis bei gleichzeitig erhöhter Prozess-Sicherheit ein lohnendes Ziel. Die gesetzlichen Vorgaben der MDR an die Chargenrückverfolgung können so erfüllt werden.