Die EU-Kommission hatte 2017 neue Regelungen für den E-Commerce beschlossen. Diese sollen eigentlich am 01.01.2021 in Kraft treten. Da die technische Umrüstung der Unternehmen durch die Corona-Krise jedoch deutlich erschwert wird, hat die EU vorgeschlagen, die Frist für die Umsetzung bis Juli 2021 zu verlängern. Die einzelnen Mitgliedsstaaten müssen diesem Vorschlag noch zustimmen. Viele Betriebe dürften diese Verlängerung brauchen, da durch die neuen Regeln mehr Änderungen nötig werden als durch den Brexit.
Im Jahr 2017 hat die EU neue Bestimmungen für den E-Commerce verabschiedet. Hierdurch wurden die bestehenden Regelungen, die teils mehrere Jahrzehnte alt waren, auf die Höhe der Zeit gebracht. Denn gerade der E-Commerce hat zu massiven Veränderungen im Handel geführt, denen die alten Regelungen nicht mehr gerecht wurden. Missbrauch, überbordende Bürokratie und ein verzerrter Wettbewerb waren die Folge. Die Unternehmen in den EU-Ländern haben die neue Gesetzgebung damals begrüßt. Sie erhoffen sich mehr Rechtssicherheit und effizientere Arbeitsprozesse. Aus dieser Perspektive sind viele daher enttäuscht, dass es zu einer Verschiebung kommen wird.
Auf der anderen Seite werden viele Firmen dankbar dafür sein, mehr Zeit für die Umstellung der eigenen Unternehmensprozesse auf die neuen Spielregeln zu bekommen. Gerade die Anpassung der digitalen Technologien kostet eine Menge Zeit, die auch ohne die Corona-Krise schon knapp bemessen war. Aktuell haben die Betriebe mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. Da werden sie froh sein, sich nicht auch noch akut mit dieser Baustelle beschäftigen zu müssen. Damit das aber so kommt, müssen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten dem Vorschlag zur Verschiebung noch zustimmen.
Die neuen Regelungen beschäftigen sich unter anderem mit dem Fernabsatz von Gütern. Vor allem geht es jedoch darum, E-Commerce-Plattformen und -Marktplätze in die Pflicht zu nehmen, von den Verbrauchern unter bestimmten Voraussetzungen die Mehrwertsteuer einzufordern. In diesem Fall würden sie als Lieferanten eingestuft. Immerhin organisieren sie Produkte und verkaufen diese an Endverbraucher weiter. Solange sie keine Mehrwertsteuer erheben müssen, sind sie Mitbewerbern gegenüber, die die Mehrwertsteuer in ihrer Preiskalkulation berücksichtigen müssen, im Vorteil. Außerdem besteht so die Gefahr eines Missbrauchs der Regelungen seitens der Händler auf diesen Plattformen und Marktplätzen. Die neuen Regelungen betreffen zudem Waren, die lediglich in Lagerhäusern innerhalb der EU gelagert werden, aber Unternehmen aus Drittstaaten gehören.
Ähnliche Regelungen gelten für den Import von Waren in die EU. Auch hier können Post- und Kurierdienste dazu verpflichtet werden, von ihren Kunden die Mehrwertsteuer einzufordern und an die Behörden abzuführen. Bisher gab es hierfür einen Freibetrag in Höhe von 22 Euro für Lieferungen aus Drittstaaten, bis zu dem keine Mehrwertsteuer zu entrichten war. Dieser fällt durch die neuen Regelungen weg, berichtet Frank Hütten auf dvz.de. Die EU-Kommission begründet das damit, dass diese Sonderregelung einem Missbrauch Tür und Tor geöffnet habe.
Die Unternehmen der EU sind durch die neuen Regelungen dazu gezwungen, ihre Unternehmensprozesse und ihre Buchführung anzupassen. Das bedeutet einen massiven Mehraufwand, der auch ohne die Corona-Krise schon Stress bedeutet hätte. Immerhin endet 2021 auch die Übergangsfrist für den Brexit. Die Betriebe müssen somit auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen, was durch die Kontaktbeschränkungen nicht gerade vereinfacht wird. Außerdem ist erst sehr spät kommuniziert worden, welche Veränderungen notwendig sind und wie sich die Unternehmen anpassen müssen. Entsprechend schwierig ist die Umsetzung.
Die neuen Bestimmungen der EU bringen mehr Zollerklärungen mit sich als der Austritt Großbritanniens aus der Staatengemeinschaft. Parallel muss das neue EU-Zoll-Sicherheitssystem ICS2 in den Betrieben implementiert und zum Laufen gebracht werden. Immerhin soll auch dieses 2021 an den Start gehen. Allein hierdurch rechnen die Betriebe mit Millionen zusätzlicher Zollerklärungen. Folglich käme es den Firmen durchaus gelegen, wenn sie für die Umsetzung der neuen Regeln mehr Zeit zur Verfügung hätten. Die meisten gehen davon aus, dass die Mitgliedsstaaten der Verschiebung zustimmen werden.
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