Ärztereport gibt Einblicke in die Zukunft des digitalen Gesundheitswesens

Fernarzt
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Aleksandar Kovacevic ist leidenschaftlicher Geschichtenerzähler. Er absolvierte ein Soziologie und Sozialpsychologie-Studium an der Universität zu Köln, bevor es ihn in die Hauptstadt gezogen hat, um dort seiner Passion nachzugehen: dem Schreiben und Erzählen spannender Geschichten.
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Der demografische Wandel und der steigende Ärztemangel stellen das Gesundheitswesen vor enorme Herausforderungen. Alternative Behandlungsmöglichkeiten wie Telemedizin oder die zunehmende Digitalisierung mit digitaler Patientenakte und KI sollen Abhilfe schaffen. Ein aktueller Report betrachtet die derzeitige Lage in deutschen Arztpraxen und wagt einen Ausblick in die Zukunft des Gesundheitswesens.

Faktor Zeit: Im Extremfall verbringen Patienten 2 Monate ihres Lebens in Wartezimmern. Monatelange Wartezeiten auf einen Termin, volle Wartezimmer, lange Anfahrtswege in ländlichen Regionen – für viele Patienten gestaltet sich ein Arztbesuch zu einer Odyssee. Der Arztpraxisreport von Fernarzt hat sich näher angesehen, wie viele Tage Patienten in Wartezimmern verbringen und so mitunter wertvolle Zeit verlieren. Durchschnittlich 15 Tage mit Leistungsabrechnung wiesen die Deutschen im Jahr 2017 auf, worunter Arztbesuche, Diagnosen, Rezeptabholungen oder auch Telefonate mit einer Praxis fallen. Dabei steigt die Zahl der Tage mit Leistungsabrechnung mit steigendem Alter, wie folgende Grafik zeigt.

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Wie häufig Patienten tatsächlich persönlich einen Arzt aufsuchen, lässt sich aufgrund der 2008 eingeführten Abrechnung nach Versicherten- und Grundpauschalen nicht mehr konkret nachvollziehen, einer Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zufolge gehen die meisten jedoch drei- bis zehnmal zum Arzt. Auch hier steigt die Zahl der Arztbesuche jedoch mit dem Alter der Patienten.

Basierend auf den Durchschnittswerten für Anfahrtswege, Wartezeiten, Wohnort und Alter berechnet der Arztpraxisreport für verschiedene Personengruppen, wie viel Lebenszeit für Arztbesuche aufgewendet wird. Besonders betroffen: männliche Patienten über 60 Jahre, die in der Stadt wohnen, gesetzlich versichert sind und häufiger Besuche beim Facharzt einplanen müssen. Der Berechnung zufolge verbringt der Patient, bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 80 Jahren, 58 Tage ab der Volljährigkeit beim Arzt. Doch auch andere Bevölkerungsgruppen verlieren viel Zeit durch das Warten. Mit der Antibabypille verhütende Frauen benötigen beispielsweise fast 18 Stunden ihres Lebens nur für die Rezeptabholung.

Fernarzt: Kann die Telemedizin Abhilfe schaffen?

Vor allem in ländlichen Gegenden kann die lange Anfahrt ein zusätzlicher großer Zeitfresser sein. Auch wenn die eigentliche Behandlungsdauer vielleicht nur zehn Minuten beträgt, können Hin- und Rückfahrt viele Nerven kosten, die sich Patienten gerne sparen würden – vorwiegend bei Routinevorgängen, wie regelmäßigen Kontrolluntersuchungen oder dem Abholen von Folgerezepten. Hier kann die Teleberatung (auch Telemedizin) in den kommenden Jahren für Entlastung sorgen. Wie eine Studie von McKinsey zeigt, ließen sich 8,9 Milliarden Euro jährlich im deutschen Gesundheitswesen durch Maßnahmen der Telemedizin, der E-Triage oder der Fernüberwachung chronisch kranker Patienten einsparen. Laut dem Fachmagazin E-HEALTH-COM könnten Videosprechstunden zudem zu einer enormen Entlastung der Notfallversorgung beitragen. Einer eigenen Befragung des Fachmagazins zufolge geben 20 Prozent der Patienten an, nach einer Videoberatung keinen weiteren Arzt aufsuchen zu wollen, obwohl ursprünglich eine Notfalleinrichtung aufgesucht werden sollte.

Telemedizin ist bereits in vielen internationalen Arztpraxen angekommen, aber vor Kurzem erst in Deutschland. Hier waren Fernbehandlungen bis dato nicht erlaubt. Erst auf dem 121. Deutschen Ärztetag im Mai 2018 wurde die Entscheidung zur Anpassung des sogenannten Fernbehandlungsverbots getroffen und grundlegende Voraussetzungen für Telemedizinanbieter geschaffen. Voraussetzung für eine Teilnahme an Videosprechstunden ist insbesondere, dass die Fernbehandlung ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt wird.

Wachstumsmarkt Medizintechnik – Hidden Champions im deutschen Mittelstand

Die nächsten Jahre und Jahrzehnte versprechen spannend für das Gesundheitswesen zu werden – künstliche Intelligenz, Robotik und Big Data transformieren die Art, wie Technologie und Medizin, Krankheit und Gesundheit betrachtet werden und Digitalisierung auf die Medizin verändern Prozesse, Therapiemethoden und Diagnosen. In diesem Zuge soll auch die Medizintechnik Made in Germany stark ausgebaut werden. In Deutschland befinden sich viele Hidden Champions, globale Vorreiter in ihrem Fachbereich, die für einen stärkeren Ausbau des Sektors sorgen. So lag die Exportquote der mittelständischen deutschen Medizintechnikunternehmen bereits im Jahr 2016 bei 68 Prozent.

Auch große Firmen mischen oben mit – unter anderem die Fresenius SE & Co KGaA. Das hessische Medizintechnik- und Gesundheitsunternehmen steht nicht nur aufgrund seiner hohen Mitarbeiterzahl von über 260.000 Mitarbeitern (Stand: Dezember 2017) auf Platz 16 im wichtigsten deutschen Börsenindex, dem Dax. Unter anderem ist der Medizintechnikanbieter bekannt für Produkte und Dienstleistungen für Patienten, die unter chronischem Nierenversagen leiden und sich regelmäßig einer Dialysebehandlung unterziehen müssen.

Auch hier setzt man auf Big Data und andere Zukunftstechnologien zur Unterstützung und Verbesserung der Patientengesundheit. So greifen laut Health-i die Mediziner eines US-Ärztenetzwerks des Fresenius Medical Care per Smartphone-App auf sämtliche Patientendaten zu, um sowohl schnell Informationen zur Diagnose, Medikamentengabe, als auch Notizen für die Übergabe an andere Ärzte leicht und sicher aufrufen.

Zukunftstechnologien in der Medizintechnik

Je tiefer man in die Thematik der zukünftigen Medizintechnik eintaucht, desto deutlicher wird, dass bekannte Szenen aus Science-Fiction-Filmen schon bald Realität sein können. Gehirn-Computer-Schnittstellen, Gen-Scheren oder Pflege-Roboter sind nur ein paar der Beispiele, die wir im Folgenden auflisten, um einen Blick in die Zukunft der Medizintechnik zu geben:

App-Personalisierung im Gesundheitswesen

Von den 57 Millionen Smartphone-Nutzern, besitzen 42 Prozent bereits eine Gesundheits-App. Durch die „Selbstdiagnose“ mit App-Unterstützung, sollen Kosten und Zeit effizienter genutzt und die Mündigkeit des Patienten bekräftigt werden. Bereits heute sind viele hilfreiche Apps auf dem Markt: Digitale Stethoskope, Fragebögen zur Überwachung psychischer Erkrankungen oder zur Auswertung von Röntgenbildern, um nur einige Ausgewählte zu nennen.

Zelldruck aus dem 3D-Drucker

In den Niederlanden wird erforscht, wie sich die Technologie hinter dem 3D-Druck mit lebendigen Zellen ausarbeiten lässt. Dabei wird die sogenannte modifizierte Microfluid-Technologie (auch „In-Air-Microfluids“ genannt) eingesetzt. Diese Technologie gilt als wichtiger Schritt für den möglichen 3D-Druck von Organen oder Transplantaten aus Bio-Material.

Gen-Schere CRISPR – Kontroverse Technologie auf dem Vormarsch

Die Technologie rund um CRISPR hatte im Jahr 2017 einen medialen Höhepunkt, nachdem in den Vereinigten Staaten die ersten Baukästen für den privaten Gebrauch zum Verkauf angeboten wurden – und das ohne den Nachweis medizinischer Vorkenntnisse. CRISPRs Aufgabe liegt darin, Erreger-DANN-Bausteine im Erbgut zu eliminieren, um Erbkrankheiten wie AIDS oder Krebs den Kampf anzusagen. Dabei bedient sich die Technologie dem Prinzip der adaptiven Immunabwehr, die sich die DANN-Sequenzen von Erregern „einprägt“. Noch kann nicht abgeschätzt werden, in welche Richtung sich diese Technologie entwickeln wird – geschweige, wann die ersten Einsätze in Deutschland umgesetzt werden.

Gehirn-Computer-Schnittstellen zur telepathischen Kommunikation

„Cyborgs“ laufen bereits heutzutage unter uns. Viele Menschen tragen mechanische Prothesen, der ein oder andere hat aber auch eine Schnittstelle zwischen dem menschlichen Gehirn und einem Computer implantiert bekommen. Diese Schnittstelle – auch Brain-Computer-Interface genannt – wandelt Nervensignale in elektrische Signale um und kommuniziert mit anderen Empfängern. Diese Neuro-Prothesen, können das Hören, Sehen, Mobilität, Stimmung, Kognition und Kommunikation verbessern und sind in invasive, teil invasive und nicht invasive Methoden zu unterteilen. Tech-Mogule wie Elon Musk, aber auch Leonardo di Caprio haben hier in BCI-Unternehmen investiert und haben sich als Ziel gesetzt, direkte Gehirn-zu-Gehirn Kommunikation flächendeckend zu machen und sich direkt mit Robotern zu verbinden, um schwierige Aufgaben zu meistern und weit entfernte Gegenden zu erkunden.

Ein Ausblick auf diese Zukunftstechnologien hat noch mal gezeigt, dass wir uns hier gerade am Anfang der Reise befinden. Wie die Zukunft des Gesundheitswesens aussieht? Spannend!

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