Ob Online-Banking oder selbstfahrende Autos: Die digitale Transformation schreitet ständig voran. Mittlerweile ist klar, dass sich dem kein Unternehmen entziehen kann, wenn es wettbewerbsfähig bleiben will. Aber wie können kleine und mittelständische Unternehmen die Digitalisierung angehen? Die folgenden 5 Schritte helfen KMU bei der erfolgreichen Umsetzung.
Was ist mit Digitalisierung gemeint?
Prinzipiell meint der Begriff „Digitalisierung“ nichts anderes als die Umwandlung von analogen Daten (z. B. Text auf Papier, gedruckte Fotos oder Schallplatten) in eine digitale Version, die von Computern verarbeitet werden kann.
Was so simpel klingt, bringt eine schier unendliche Palette an Möglichkeiten mit sich:
- Digitale Kommunikation, etwa über Social Media, Chat oder E-Mails
- Plattformen und Datenbanken, um Daten zentral zugänglich zu machen
- Erfassung und Auswertung von riesigen Datenmengen (Big Data)
- Umfassende Vernetzung: zwischen Kunden und Unternehmen, zwischen einzelnen Unternehmensabteilungen (z. B. Controlling und HR), zwischen Produktionsschritten (Industrie 4.0) oder innerhalb der Wertschöpfungskette
- Neue Vertriebskanäle, B. eigener Online-Shop oder externe Online-Händler
Digitalisierung von klein- und mittelständischen Unternehmen kann also vieles umfassen: von der Erstellung einer Unternehmens-Website über die automatische Zeiterfassung bis hin zum Einsatz von RFID-Chips im Warenlager. Aber auch moderne Projektmanagement-Ansätze wie Scrum oder Agile werden im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung immer beliebter und lösen das klassische Projektmanagement ab. Welche Maßnahmen sich eignen, hängt jedoch nicht zuletzt von der Branche ab.
Die folgenden 5 Schritte dienen daher nur als Orientierung, um das Vorgehen von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Digitalisierung zu strukturieren. Was, wann und mit welcher Strategie umgesetzt wird – all das ist für jedes Unternehmen individuell zu entscheiden. Bevor wir jedoch konkret beleuchten, wie Unternehmen das Thema Digitalisierung umsetzen könne, werfen wir einen Blick auf den Stand der Digitalisierung in Deutschland.
Digitalisierung in Deutschland: Potenziale und Versäumnisse
Wie schneidet die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich beim Thema Digitalisierung ab? Laut Medienberichten gilt die Coronapandemie und die damit verbundene Krise als ein wichtiger Wachstumstreiber der Digitalisierung in Deutschland. Doch die Krise hat dabei vor allem auch Defizite aufgedeckt, die viele Unternehmen bei bisherigen Digitalisierungsversuchen zu verzeichnen haben.
Zum Beispiel wurde der große Nutzen von Videokonferenz-Programmen wie Zoom, Collaboration-Tools wie Slack und Microsoft Teams und Messenger-Dienste wie WhatsApp großflächig erst in der Pandemie entdeckt. Und das obwohl sie in anderen Ländern wie den USA, China oder Mexiko bereits seit Jahren etabliert sind. Zudem haben deutsche Unternehmen in neue Hardware investiert, um ein Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. Man sieht also, dass vor allem in schnell umsetzbare und kurzfristige Lösungen investiert wurde.
Sowohl der Digital Transformation Index von Dell als auch der Digital Riser Report stufen den digitalen Reifegrad der Bundesrepublik eher mittelmäßig bis schlecht ein. Das Fazit aus diesen Studien: Deutschland hat viel Potenzial, lässt aber weite Teile davon ungenutzt. Mit welchem Fahrplan Unternehmen in Deutschland jene ungenutzten Potenziale jedoch ausschöpfen können, findet sich im nachfolgenden Absatz.
Fahrplan in 5 Schritten
Mittelständische Unternehmen fühlen sich oft von der Vielzahl an Möglichkeiten überfordert: Was soll ich umsetzen? Wo fange ich an und wie gehe ich vor? Dieser Fahrplan in 5 Schritten kann dabei helfen, Klarheit zu gewinnen und in die Umsetzung zu kommen:
Die 5 Schritte zur erfolgreichen Digitalisierung im KMU (© Skribble)
1. Bestandsaufnahme
Am Anfang steht immer eine Analyse der aktuellen Situation:
- Wo steht das Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung?
- Welche digitalen Tools kommen bereits zum Einsatz?
- Wo liegen Potenziale, um mittels Digitalisierung effizienter oder kundenorientierter zu arbeiten?
Um die Ausgangslage einschätzen zu können, gibt es z. B. das Modell des „digitalen Reifegrads“. Die Plattform „Mittelstand Digital“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bietet in seinen Zentren kostenlose Digitalchecks an.
Die Potenziale zu ermitteln ist ein weiterer wichtiger Schritt – aber durchaus komplex. Hier gilt es, die Arbeitsabläufe im Unternehmen in einzelne Prozesse zu unterteilen, beispielsweise:
- Eingang, Bearbeitung, Bezahlung von Rechnungen
- Erstellung, Unterzeichnung und Archivierung von Verträgen
- Erstkontakt, Beratung und Verkaufsabschluss von Neukunden
Nun kann jeder dieser Prozesse durchleuchtet werden, ob und wie er sich mit digitalen Tools vereinfachen ließe.
2. Ziele festlegen
Potenzial gäbe es immer viel – aber Zeit und Budget sind meist begrenzt. Deshalb müssen im zweiten Schritt konkrete Ziele festgelegt werden.
- Welche Digitalisierungsprojekte möchte das Unternehmen umsetzen?
- Welcher Zeitrahmen ist dafür geplant?
- In welche übergreifende Strategie sind diese Projekte eingebettet?
3. Bedarf ermitteln
Im dritten Schritt geht es dann darum, den Bedarf zu klären, um die geplanten Ziele zu erreichen:
Benötigt es …
- … zusätzliches Personal (z. B. IT-Fachkräfte)?
- … zeitliche Ressourcen von bestehendem Personal?
- … externe Berater oder Schulungen?
- … Soft- und Hardware?
4. Finanzierung klären
In Schritt 4 wird anschließend ermittelt, wie hoch die Kosten ausfallen werden und wie sich das Projekt finanzieren lässt. Für KMU ist dies oftmals ein kritischer Punkt. Gerade die Einstellung von IT-Fachkräften kann eine große Hürde sein: Im Jahr 2020 beschäftigten nur 17 % der KMU spezielles IT-Personal – in Großunternehmen waren es 78 %.
Damit der „Digitalisierungs-Gap“ zwischen KMU und Großunternehmen nicht noch größer wird, gibt es zahlreiche Förderungen für den Mittelstand. Dazu zählen beispielsweise die Förderungen „Digital Jetzt“ und „go Inno“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und geförderte Kredite bei der KfW.
Trotz allem gilt: Wenn der finanzielle Aufwand die Möglichkeiten des Unternehmens übersteigt, müssen Ziele gegebenenfalls noch einmal angepasst werden.
5. Umsetzung planen
Last but not least geht es darum, die tatsächliche Umsetzung der Projekte zu planen. Neben den „technischen“ Aspekten – wie Lieferung neuer Geräte, Installation neuer Software, Organisation von Schulungen usw. – spielen auch „weiche“ Faktoren wie etwa die Dynamik im Team eine entscheidende Rolle.
So können sich z. B. lang etablierte Rollen und Aufgaben plötzlich drastisch verändern. Daher ist die Einführung neuer digitaler Tools ein sensibler Prozess, der begleitet werden muss.
Rechtzeitige und authentische Kommunikation mit allen Beteiligten – Kunden, Mitarbeitende, Geschäftspartner – ist dabei Voraussetzung. Gegebenenfalls kann es auch sinnvoll sein, eine externe Organisationsberatung zu engagieren.
Fazit: Digitalisierung als andauernder Prozess
Die Implementierung hat geklappt, die neue Software oder die neue App läuft erfolgreich? Hervorragend – Grund genug, allen Beteiligten zu gratulieren! Nur: Abgeschlossen ist das Thema Digitalisierung damit nicht. Denn das Tempo, mit dem digitale Innovationen entwickelt werden, ist rasant. Wer sich zu lange zurücklehnt und beobachtet, wird früher oder später auch auf dem Markt eine Zuschauerrolle einnehmen.
Die genannten 5 Schritte sind deshalb eher als Kreis, denn als Linie zu verstehen: Nach der erfolgreichen Umsetzung folgt die nächste Bestandsaufnahme: Wo hat sich mittlerweile neues Potenzial ergeben?