Die unsichtbaren Emissionen: Wie Websites den CO₂-Fußabdruck beeinflussen

Ein Gastartikel von ...

Zoé Levit
Zoé Levit
Zoé Levit ist eine vielseitige Expertin in den Bereichen Content-Erstellung, SEO und Marketing. Sie hat sich darauf spezialisiert, Inhalte zu produzieren, die nicht nur spannend, sondern auch klimabewusst und für eine breite Zielgruppe verständlich sind. Als Freelancerin ist sie in das ACB-Netzwerk eingebunden und unterstützt das Projekt °Cleaner Web, das sich dafür einsetzt, das Internet nachhaltiger zu gestalten und das Bewusstsein für dieses Thema zu stärken.

Beim Surfen im Internet entstehen CO₂-Emissionen – und zwar nicht zu knapp. Es gibt bereits Möglichkeiten, den CO₂-Fußabdruck von Websites und der eigenen Internetnutzung zu reduzieren. Wie das geht, erfahren Sie in diesem Artikel.

Im Alltag sind wir uns zunehmend bewusst, dass unser Handeln einen Einfluss auf das Klima hat. Doch die versteckten Emissionen, die durch unsere Online-Aktivitäten entstehen, bleiben oft verborgen. Denn anders als beim Autofahren oder Fliegen sehen wir die CO₂-Emissionen des Internets nicht direkt. Doch die vielen Energiequellen, die das Internet mit all seinen Rechenzentren anzapft, haben einen enormen Verbrauch. Würde man das Internet als eigenständiges Land betrachten, läge sein CO₂-Ausstoß auf dem Niveau Japans. Mit steigender Tendenz, denn die Digitalisierung schreitet im schnellen Tempo fort (Statista, 2023).

Websites erzeugen immer mehr CO₂

Am 20. Dezember 1990 ging die erste Website der Welt am Kernforschungszentrum CERN in Genf online. Seitdem haben sich Websites ständig weiterentwickelt und ihre Zahl ist rasant gestiegen. Und gleichzeitig ist auch deren Größe immer weiter angewachsen: In den zehn Jahren von 2012 bis 2022 wuchsen Websites für den Desktop um mehr als das 3-fache, Websites, die am Smartphone angezeigt werden, um das 7-fache (HTTP Archive).

Der CO₂-Verbrauch von Websites

Im Durchschnitt verbraucht eine Website 4,61 Gramm CO₂ pro Seitenaufruf. Bei 10.000 Seitenaufrufen pro Monat ergibt das 553 Kilogramm CO₂ pro Jahr. Das ist so viel, als würden Sie 2500 Kilometer mit dem Auto fahren und dabei 8 Liter Diesel pro 100 Kilometer verbrauchen. Wie viel CO₂ eine Website tatsächlich verursacht, hängt davon ab, wie die Datenübertragung erfolgt, ob über Festnetz und Kabel, mit WLAN oder über mobile Daten – zweiteres verursacht deutlich mehr CO₂. Laut dem Umweltbundesamt verursacht eine Stunde Streaming mit Glasfasern 2 Gramm CO₂, mit Kupferkabel 4 Gramm und mit mobilen Daten (4G) sogar 13 Gramm.

Rechnet man den Durchschnittsverbrauch einer Website auf alle Websites weltweit hoch, so entstehen insgesamt viele Millionen Tonnen CO₂-Emissionen.

Laut der Zertifizierungsstelle °Cleaner Web ist es möglich, mit einfachen Mitteln Daten- und Stromverbrauch einer Website zu minimieren – und zwar um bis zu 50 %. Bei Websites liegt also ein enormes Einsparpotenzial von Kohlendioxid im IT-Sektor.

Wie Websites klimabewusster gestaltet werden können

Um Websites klimafreundlicher zu gestalten, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die ergriffen werden können. Einige sind einfach umzusetzen, wie zum Beispiel die Verkleinerung von Bildern, andere, wie die Reduzierung von Skripten, erfordern die Hilfe einer Agentur oder einer Programmierenden.

Als Erstes ist es wichtig zu wissen, wie viel CO₂ die eigene oder die Unternehmenswebsite überhaupt ausstößt. Dazu gibt es einige kostenlose Tools wie den Klimatest von °Cleaner Web. Dieser zeigt, wie viel CO₂ die Website pro Seitenaufruf verursacht und gibt konkrete Tipps zur Verbesserung. Die folgenden sechs Tipps sind Schritte, die Sie selbst umsetzen können, um eine Website klimabewusster zu gestalten.

1.   Wählen Sie einen nachhaltigen Website-Hoster

Websites werden auf Servern gehostet, und es ist wichtig, aus welcher Energiequelle der Strom für diese Server stammt. Achten Sie darauf, einen Webhoster zu wählen, der einen Mix aus erneuerbaren Energien verwendet. Wenn Sie Hilfe bei der Auswahl benötigen, können Sie im Archiv der Green Web Foundation Informationen über einige nachhaltigere Hoster finden.

2.   Reduzieren Sie Bilder, Videos und Animationen

Bilder, Videos und Animationen verbrauchen Rechenleistung auf der Website und führen zu längeren Ladezeiten, wenn die Dateien nicht optimiert sind. Der schnellste Weg ist, die Anzahl und Größe von Bildern sowie die Anzahl und Länge von Videos im Auge zu behalten.

Bei Bildern hilft eine Komprimierung, um die Größe einer Bilddatei zu reduzieren. Die Qualität wird in den meisten Fällen nicht beeinträchtigt. Gleiches gilt für Videos, auch hier ist in der Regel keine extrem hohe Auflösung notwendig, um das gleiche Seherlebnis zu erzielen.

Aufwändige Animationen verbrauchen viel Rechenkapazität, wenn möglich, sollte ganz darauf verzichtet oder kreativ andere Varianten gefunden werden, die Website lebendig erscheinen zu lassen.

3.   Bilder erst laden, wenn sie gebraucht werden

Eine weitere Möglichkeit, wie sie bei Bildern Energie sparen können, ist die Idee des „lazy loading“. Normalerweise werden alle Bilder auf einer Seite sofort geladen, auch wenn sie weit unten, außerhalb des sichtbaren Bereichs sind. Oft wird eine Seite aber nicht bis zum Ende gescrollt, sondern schon vorher ein Link zu einer weiteren Seite aufgerufen oder die Website verlassen. Die Bilder im unteren Teil wurden also umsonst geladen.

Das sogenannte lazy loading ermöglicht es, Bilder erst bei Bedarf zu laden, also kurz bevor sie in den sichtbaren Bereich gescrollt werden. Dadurch lassen sich auf vielen Seiten erhebliche Einsparungen erzielen.

4.   Autoplay von Videos vermeiden

Videos sollten ebenfalls nur dann abgespielt werden, wenn der User sie auch sieht bzw. sehen möchte. Es ist nicht empfehlenswert, dass Videos automatisch geladen oder gestartet werden, es sei denn, der Besuchende hat dies zuvor klar ausgelöst. Hintergrund: Autoplay verbraucht viel Energie, da Videos oft die größten Dateien auf einer Website sind.

Ebenso sollte das automatische Abspielen des nächsten Videos beim Einbetten eines Videos von einer Videoplattform deaktiviert werden.

Und die Königsklasse in dem Bereich wäre dann, eine sogenannte „facade“ zu verwenden, also selbst den Player für das Video nicht zu laden, bis die Website-Besuchende durch einen Klick oder vergleichbare Handlungen ihre Intention zeigt, das Video sehen zu wollen. Das spart bis zu einem halben Megabyte beim Aufruf der Website. Statt des Players wird zum Beispiel ein Bild des Players angezeigt – für die Nutzerin also erstmal kein sichtbarer Unterschied. Wenn das Video dann geladen werden soll, wird das Bild gegen den echten Player ausgetauscht.

5.   Reduzieren Sie Javascript

Javascript verbraucht bei der Ausführung am Endgerät mehr Energie als die meisten anderen Daten einer Website. Deshalb sollten sie hier besonders kritisch hinschauen. Die Initiative °Cleaner Web hält ein Maximum von 300 KB beim Laden der Seite für erstrebenswert. Ideal wären aus ihrer Sicht unter 50 KB.

Sie können auch prüfen, ob nicht manche der JavaScript-Funktionen erst später geladen werden, wenn diese benötigt werden, oder sogar erst, wenn diese durch eine bestimmte Handlung des Website-Besuchenden erst erforderlich wird. Anregungen hierzu kann die Idee des Progressive Enhancements geben. In manchen Fällen kann man sich natürlich auch die Frage stellen, ob ein System, das sehr stark auf Javascript im Frontend setzt, die richtige Wahl für die eigene Website ist. Das sollte man sich gut überlegen, wenn die Website nur wenige Besuchende hat und nur wenige regelmäßig damit arbeiten.

6.   Nutzen Sie Caching

Nutzen Sie Caching auf dem Server, um den Aufwand für Seitenaufrufe zu reduzieren. Jeder Seitenaufruf ohne Caching erzeugt bei vielen verbreiteten Website-Systemen wie Typo3, WordPress oder Drupal einen hohen Aufwand für die Erstellung der Seite. Das verbraucht Strom und vergrößert den ökologischen Fußabdruck einer Website. Um diese Arbeit selten auszuführen, empfiehlt sich die Nutzung eines Page-Caches am Server. Der Cache speichert beim ersten Aufrufen einer Seite die Ergebnisse. Beim erneuten Aufrufen wird dann einfach die zwischengespeicherte Seite angezeigt.

Ideal wäre ein Setting, wenn es am Server auch noch Funktions-Cache und Datenbank-Cache integrieren und am anderen Ende sehr stark den Browser-Cache nutzen würde, um nicht wiederholt dieselben Dateien herunterladen zu müssen.

Websites klimabewusster gestalten
Credit:Sarah Chai / Pexels

Wie Sie das Internet nachhaltiger nutzen & damit Ihren CO₂-Fußabdruck verkleinern

Auch wenn Sie keine eigene Website haben, sind Sie wahrscheinlich täglich im Internet unterwegs. Dabei entstehen CO₂-Emissionen. Diese entstehen beim Surfen im Internet auf verschiedene Arten: Datenzentren verbrauchen Strom, die Übertragung von Daten auch, die Benutzung von Endgeräten sowie die Herstellung des Endgeräts selbst.

Fast die Hälfte der CO₂-Emissionen im Internet entstehen durch die Nutzung von Endgeräten. Denn diese sind mit Strom betrieben und müssen immer wieder aufgeladen werden. Wenn man das Endgerät sparsam nutzt, entsteht weniger Kohlendioxid. Es gibt aber weitere Möglichkeiten, das Internet nachhaltiger zu nutzen.

4 Maßnahmen, wie Sie das Internet nachhaltiger nutzen können

1.   Nutzen Sie das Internet effizient

Bestimmt kennen Sie das auch: Man ist auf der Suche nach etwas und öffnet unzählige Tabs im Browser. Das parallele Öffnen vieler Fenster erfordert mehr Rechenleistung und benötigt mehr Energie. Deshalb schließen Sie Fenster, die Sie nicht aktiv verwenden, um den Ressourcenverbrauch zu minimieren. Auch das Nutzen einer Suchmaschine, die erneuerbare Energien verwendet, ist besser fürs Klima, wie Ecosia.

2.   Verwenden Sie Ad-Blocker

Werbung auf Websites kann dazu führen, dass mehr Daten geladen werden und somit mehr Energie verbraucht wird. Wer Ad-Blocker verwendet, kann den Datenverkehr reduzieren und den Energieverbrauch senken. Oft handelt es sich auch um Autoplay-Videos und, wie oben im Text erläutert, dies verbraucht viel Energie.

3.   Nutzen Sie lieber WLAN anstatt mobiler Daten

Es ist deutlich energieeffizienter, eine WLAN-Verbindung zu nutzen als mobile Daten. Eine Stunde Streaming mit Glasfaser verursacht 2 Gramm CO₂, mit mobilen Daten (4G) sogar 13 Gramm. Nutzen Sie also, wenn möglich, eine WLAN- oder Kabelverbindung statt mobiler Daten.

4.   Seien Sie sparsam mit datenintensiven Aktivitäten

Mal ein Netflix-Abend ist okay, aber Sie sollten sich bewusst sein, dass das Streamen von Serien und Filmen viel Energie verbraucht. Sie können bei ihrem Streaming-Dienst der Wahl in den Einstellungen auf eine niedrigere Auflösung umstellen, um Strom zu sparen.

Auch Online-Spiele sind datenintensiv. Große Dateien sollten nur dann heruntergeladen werden, wenn es notwendig ist.

Unsichtbare Emissionen sichtbar machen

Websites beeinflussen den CO₂-Fußabdruck, sowohl, wenn Sie eine eigene haben, als auch durch die generelle Nutzung. Sie können gut fahren, wenn Sie das Prinzip „Weniger ist mehr“ immer im Hinterkopf haben und sich bewusst sind, dass die Internetnutzung immer eine gewisse Menge an Kohlendioxid verursacht. Große Datenmengen verbrauchen viel Energie und verursachen damit mehr CO₂ als komprimierte kleinere Datenmengen. Das Internet wächst stetig und es kommen immer mehr Daten dazu. Es ist allerhöchste Zeit, dass nachhaltige Praktiken und klimabewusste Websites mehr Aufmerksamkeit bekommen.

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