Kundenzufriedenheit ist im E-Commerce ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Immer gezieltere und umfassendere Datenanalysen können entschlüsseln, welche Faktoren Customer Experience beeinflussen und wie man sie verbessern kann. Die Ergebnisse decken auch Schwachstellen auf, die Shop-Betreiber noch nicht im Blick haben.
Wenn man sich im E-Commerce Gedanken um die sogenannte Customer Experience macht, denkt man in der Regel als Erstes über den Shop nach. Wie gut werden Produkte gefunden? Wie passend sind die Vorschläge für Zubehör oder ähnliche Artikel? Wie reibungslos läuft der Checkout-Prozess und wie schnell ist die Ware beim Kunden?
All diese Informationen sind wichtig für die Beurteilung der Customer Experience, eine aktuelle Studie von Forbes/SAS zeigt aber, dass das Contact Center respektive der direkte Kundendialog die wichtigste Datenquelle ist, wenn man wissen will, welchen Eindruck das eigene Unternehmen beim Kunden hinterlässt. Erst auf den weiteren Plätzen folgen Daten über Webseiten-Besuche, aus mobilen Apps, E-Mails und die Einkaufshistorie. Was ist der Grund?
Gespräche, Chats oder E-Mail-Konversationen sind per se nicht strukturiert. Ihre Inhalte sind nicht von vornherein begrenzt und werden nicht in Datenbankfeldern abgebildet. Das hat ihre Auswertung viele Jahre lang erschwert, ist heute aber dank ausgefeilterer Technologie und besserer Datenverarbeitungsraten kein Problem mehr. Diese offenen Interaktionen liefern wesentlich mehr Informationen als Einträge in Datenbanken, denn man kann beispielsweise auch die Stimmung und Tonalität des Gespräches analysieren und erfährt möglicherweise Dinge, die über das Kernthema des Gespräches hinausgehen.
Außerdem können solche Interaktionen Informationen über die Gründe für ein bestimmtes Verhalten und die Motivation des Kunden liefern. Das kann eine SEO-Analyse des Shops oder des Checkout-Prozesses nicht leisten, man erfährt lediglich, was ein Käufer getan hat, aber nicht warum. Dementsprechend kann man damit zwar Schwachstellen erkennen, bekommt aber keine Tipps vom Kunden, wie man es besser machen könnte. Im Gespräch hingegen kann man nachfragen und bekommt häufig auch ohne Aufforderung eine Reihe von Optimierungsvorschlägen.
Ein weiterer Grund für die inzwischen so hohe Bedeutung der Interaktionsdaten für die Customer Experience ist ihre Unverfälschtheit. Sie sind nicht das Ergebnis der Verschlagwortung eines Mitarbeiters oder seines Eintrages in die Datenbank und werden dementsprechend nicht vorgefiltert. Ein intelligentes Analysesystem ist aber trotzdem in der Lage, die Daten auszuwerten, zu clustern und auf diese Weise einen guten Überblick darüber zu schaffen, was in den all den vielen Kundengesprächen gerade vor sich geht. So kann man erkennen, was gut und was schlecht läuft, wo Systemfehler auftreten und welchen Eindruck Kunden vom Shop und vom Service haben. Und wenn man genau wissen will, warum Gespräche so und nicht anders verlaufen sind, kann man sich bei Bedarf jede einzelne Konversation noch einmal anhören, vorausgesetzt natürlich, man hat schon zu Beginn des Gespräches die Einwilligung des Kunden eingeholt.
Analysesysteme können außerdem etwas, was Datenbanken schwerfällt: Sie spüren neue Trends auf und zeigen Phänomene auf, nach denen man die Daten nie durchsuchen würde, weil man noch nichts von ihrem Entstehen weiß. Die Systeme können lernen und nach einiger Zeit erkennen, wenn sich das Verhalten des Kundenstamms insgesamt oder einer bestimmten Kundengruppe ändert. Darüber hinaus sind die modernen Lösungen in der Lage neben dem Inhalt auch den Kontext des Gespräches zu erkennen sowie die Tonalität, die ebenfalls in die Analyse einbezogen wird.
Mehr Daten bringen Unternehmen also vor allem einen Erkenntnisvorsprung und im E-Commerce hat man den Vorteil, dass man im Gegensatz zum stationären Handel von vornherein viele Bereiche sehr gut analysieren kann. Aber auch im Online-Handel gibt es Hürden, die die Datennutzung behindern. Laut der oben bereits erwähnten Forbes/SAS-Studie sind die meisten Unternehmen in Sachen Datenanalyse schon sehr weit, haben aber Schwierigkeiten auf die Daten aus der Analyse des Kundenverhaltens zuzugreifen beziehungsweise die Informationen aus verschiedenen Systemen zu vernetzen. Das Problem sind in erster Linie die Schnittstellen, aber auch einheitliche Datenformate und Standards sowie die Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen.
Die so entstehenden Datensilos erschweren umfassendere Analysen. Call-Center-Daten werden normalerweise schon während des Anrufes einem bestimmten Kunden zugeordnet, sodass man sie mit demografischen Daten und der Einkaufshistorie verknüpfen kann. Sehr häufig werden sie auch mit der Buchhaltung und den Logistiksystemen verknüpft. Seltener jedoch ist die Anbindung an Webanalyse-Lösungen, Beschwerdemanagement-Systeme, Kreditwürdigkeitsprüfungen und sogar Feedback-Tools, wie die Forbes/SAS-Studie zeigt. Letzteres ist unabdingbar, wenn man wirklich wissen möchte, was ein Kunde denkt. Denn häufig sind es gerade die Zusammenhänge, die ein Unternehmen weiterbringen.
Der umgekehrte Fall ist natürlich auch möglich: Man stellt Zusammenhänge her, wo gar keine sind. Ein Beispiel: Ein Kunde ruft beim Anbieter an. Bis er an die Reihe kommt, vergehen sieben Minuten, was er als eine lange Wartezeit empfindet. Er ruft an, um sich ganz allgemein über einen bestimmten Prozess im Shop zu beschweren, muss aber zuvor seine Kundennummer heraussuchen, um sein Anliegen loszuwerden. Im Anschluss an das Telefonat erhält er einen Fragebogen, ob sein Problem zufriedenstellend gelöst wurde. Er ist sehr verärgert, denn seine Mühe, auf einen Fehler hinzuweisen, wird mit noch mehr Aufwand für ihn belohnt.
Entweder gibt er gar kein Feedback oder sehr schlechtes. Dementsprechend fällt die Bewertung des Mitarbeiters, der den Anruf entgegen genommen hat, negativ aus, obwohl er so gut wie nichts für die Verärgerung des Kunden konnte: Die Länge der Warteschleife hat er nicht zu verantworten, den üblichen Authentifizierungsprozess muss er einhalten (der in diesem Fall unnötig war) und den Versand des Fragebogens, der den Kunden zusätzlich verärgert hat, hat er nicht veranlasst.
Anhand dieses Beispiels wird klar, zu welchen Fehlinterpretationen Analysen führen können, wenn sie zu eindimensional durchgeführt werden. Es wurde außer Acht gelassen, wie lange der Kunde gewartet hatte und dass die Verärgerung genauso gut auf den Identifizierungsprozess und auf die Aufforderung, den Feedback-Fragebogen auszufüllen, zurückzuführen war. Dabei böten genau diese beiden Prozesse in diesem Fall Verbesserungspotenzial und Kunden würden in Zukunft bestimmt viel bereitwilliger einen Fehler im Shop melden, wenn sie wüssten, dass das schnell geht, unkompliziert ist und gewertschätzt wird.
Abgesehen davon gibt es in vielen Unternehmen ein weiteres Problem: Sie machen sich nicht klar, welche Prozesse sie bereits detailliert analysieren können und welche nicht. Denn häufig werden automatisch die Abläufe, deren Performance und Schwachstellen transparent sind, verbessert, wohingegen der Rest außer Acht gelassen wird. So kommt es beispielsweise, dass sich Shop-Betreiber fast ausschließlich auf die Leistungsfähigkeit des Shops konzentrieren und das Retouren- oder Beschwerde-Management vernachlässigen. Am Ende des Tages setzt sich die Customer Experience aber aus sehr vielen Komponenten zusammen. Im Backoffice beispielsweise wird nur sehr selten die Leistung anhand von Key Performance Indicators gemessen. Dauert eine Rücküberweisung aber Wochen, wird der Kunde nicht erfreut sein. Und selbst wenn Shop, Bestellprozess und Lieferung top sind, dafür aber eine Reklamation schlecht läuft, kann das den Kunden dazu bewegen, sich negativ über den Anbieter im Internet zu äußern.
Um mehr darüber zu erfahren, welche Faktoren das Einkaufs- und Serviceerlebnis beeinflussen, müssen Unternehmen also einiges tun. Der scheint sich aber zu lohnen. Die Teilnehmer der Forbes/SAS-Studie nannten als Vorteil besserer Datenanalyse am häufigsten, dass sie ihre Kunden gezielter ansprechen könnten (57 Prozent) und die Konsistenz über die verschiedenen Kontaktkanäle erhöht hätten (56 Prozent). Darüber hinaus gab rund die Hälfte der Befragten an, dass sie Transaktionen und Anfragen des Kunden jetzt besser in den Zusammenhang stellen und die zukünftigen Anforderungen genauer vorhersagen könnten. Außerdem hätten sie die Konversionsrate gesteigert. Ich denke all das ist Motivation genug, sich den Status-quo im eigenen Unternehmen systematisch anzuschauen und sich Gedanken darüber zu machen, was man tun könnte, um die Customer Experience zu verbessern. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen großen Effekt haben.
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