Der M&A-Markt in Deutschland steckt in der Krise: Seit 2022 ist das Transaktionsvolumen drastisch eingebrochen, während sich gleichzeitig die Anforderungen an Verkaufsprozesse verschärft haben. Besonders mittelständische Unternehmen kämpfen mit mangelnder Vorbereitung und unterschätzen den Aufwand professioneller Transaktionen. Warum „Deal Readiness“ heute überlebenswichtig ist – und welche Branchen besonders betroffen sind.
Jahrelang galten Fusionen und Übernahmen als verlässlicher Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Doch diese Zeiten sind vorerst vorbei: Der M&A-Markt befindet sich in einer der schwierigsten Phasen der vergangenen Dekade. Geopolitische Unsicherheit, verschärfte Regulierung und vorsichtigere Investoren haben das Transaktionsvolumen seit 2022 massiv einbrechen lassen.
Besonders betroffen sind technologiegetriebene Mittelständler, die trotz innovativer Geschäftsmodelle und solidem Wachstum Schwierigkeiten haben, Käufer zu finden oder Verkaufsprozesse erfolgreich abzuschließen. Branchenexperten sehen das Problem jedoch nicht allein in der Marktlage – sondern in grundlegenden Versäumnissen bei der strategischen Vorbereitung.
„Wir sprechen mit vielen Unternehmern, die grundsätzlich offen für einen Exit wären — aber in der aktuellen Lage schlicht nicht wissen, wie und wann sie starten sollen“
, beobachtet Firat Köker die Situation im Markt.
Der M&A-Markt (Mergers & Acquisitions) umfasst alle Aktivitäten rund um Unternehmensfusionen, -übernahmen und -verkäufe. Er fungiert als zentraler Mechanismus für Unternehmenswachstum, Kapitalzufluss und Marktkonsolidierung. Im Kern geht es dabei um den strategischen Zusammenschluss von Unternehmen oder den Verkauf von Firmenanteilen an neue Eigentümer.
Während große Konzerne regelmäßig durch Zukäufe expandieren, nutzen mittelständische Unternehmen M&A-Transaktionen oft für unterschiedliche Zwecke: Nachfolgeregelungen, wenn Firmeninhaber in den Ruhestand gehen, Kapitalbeschaffung für Innovationen und Wachstum, oder strategische Neuausrichtung in veränderten Marktumfeldern.
„Über Jahre hinweg galt M&A als Wachstumshebel par excellence — doch die Regeln des Marktes haben sich geändert“
, erklärt Firat Köker von ox8 Corporate Finance die aktuelle Situation.
Für die deutsche Wirtschaft ist der M&A-Markt von besonderer Bedeutung: Er ermöglicht es etablierten Familienunternehmen, sich zu modernisieren, und Start-ups, schneller zu skalieren. Gleichzeitig entstehen durch Fusionen oft technologische Synergien, die einzelne Unternehmen allein nicht erreichen könnten. Der Markt umfasst dabei verschiedene Transaktionsarten – von kompletten Unternehmensverkäufen über Mehrheitsbeteiligungen bis hin zu strategischen Partnerschaften.
Besonders im deutschen Mittelstand spielt der M&A-Markt eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung des demografischen Wandels: Viele Firmeninhaber der Babyboomer-Generation stehen vor der Nachfolgefrage und suchen externe Lösungen, wenn keine familieninterne Übergabe möglich ist.
Die aktuellen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Laut Statista belief sich das Volumen der Unternehmensübernahmen in Deutschland 2024 auf etwa 110,9 Milliarden Euro – ein dramatischer Rückgang gegenüber den Spitzenjahren vor 2022. Parallel dazu sank auch die Anzahl der abgeschlossenen Deals auf rund 1.725 Transaktionen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig: Höhere Zinsen erschweren die Finanzierung von Übernahmen, geopolitische Spannungen schrecken internationale Investoren ab, und verschärfte regulatorische Prüfungen verlängern Genehmigungsverfahren erheblich. Hinzu kommt eine grundsätzliche Verunsicherung über Unternehmensbewertungen in einem volatilen Marktumfeld.
Während externe Faktoren den M&A-Markt belasten, offenbaren sich bei genauerer Betrachtung auch hausgemachte Probleme. Viele mittelständische Unternehmer unterschätzen systematisch den Aufwand und die Komplexität professioneller Verkaufsprozesse. Sie sind meist tief im operativen Geschäft verwurzelt und verfügen über keine Erfahrung mit M&A-Transaktionen.
Die Folge: Unvollständige Unterlagen, fehlende strategische Narrative und unrealistische Bewertungsvorstellungen. In einem selektiven Käufermarkt führen solche Defizite fast unweigerlich zum Scheitern von Verhandlungen. Professionelle M&A-Berater berichten von Fällen, in denen vielversprechende Unternehmen monatelang ohne Erfolg nach Käufern suchen – nicht wegen mangelnder Substanz, sondern aufgrund unzureichender Vorbereitung.
„Viele wissen nicht, wo sie beginnen sollen — und lassen sich vom operativen Druck treiben, statt einen belastbaren Business Plan und eine fundierte Transaktionsstrategie zu entwickeln“
, erklärt Christian Eckhardt von ox8 Corporate Finance die typischen Schwachstellen.
Experten betonen dabei einen wichtigen Paradigmenwechsel:
„Wer wachsen oder Kapital beschaffen will, muss heute strategisch denken. Wichtig ist hierbei, den Verkaufsprozess nicht als formalen Akt zu verstehen, sondern als Teil der Unternehmensentwicklung“
, so Christian Eckhardt weiter.
Besonders problematisch ist dabei das Phänomen der „gut gemeinten Naivität“: Unternehmer glauben oft, die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen spreche für sich, ohne zu erkennen, dass Investoren heute minutiös strukturierte Business Cases und belastbare Zukunftsprognosen erwarten.
Verschärft zeigt sich diese Problematik in technologiegetriebenen Branchen wie Software, IT-Services oder der Energiewirtschaft. Hier verändern sich Marktbedingungen mit hoher Geschwindigkeit, während gleichzeitig der Kapitalbedarf für Innovationen steigt. Unternehmen müssen nicht nur mit technologischen Umbrüchen Schritt halten, sondern auch jederzeit transaktionsfähig sein.
Der Aufstieg generativer Künstlicher Intelligenz beispielsweise stellt viele etablierte Geschäftsmodelle in Frage und zwingt Unternehmen zu strategischen Neuausrichtungen. In diesem Umfeld wird „Deal Readiness“ – die permanente Bereitschaft für Transaktionen – von einem Nice-to-have zu einem Überlebensfaktor.
„Wer in diesen Märkten verkaufen oder wachsen will, braucht nicht nur eine starke Position, sondern muss jederzeit transaktionsfähig sein“
, betont Firat Köker die Bedeutung permanenter Transaktionsbereitschaft.
Investoren in Technologiebranchen sind besonders anspruchsvoll: Sie erwarten nicht nur innovative Produkte, sondern auch skalierbare Geschäftsmodelle, nachvollziehbare Marktstrategien und realistische Wachstumspläne. Unternehmen, die diese Standards nicht erfüllen, haben kaum Chancen auf erfolgreiche Transaktionen.
Trotz der aktuellen Herausforderungen blicken Branchenkenner optimistisch in die Zukunft. Aktuelle Marktanalysen prognostizieren für 2025 positive Signale, da sich politische Rahmenbedingungen stabilisieren und Kapitalkosten voraussichtlich sinken werden.
„Wir erwarten, dass sowohl politische Hemmnisse zurückgehen als auch Kapitalkosten wieder sinken — und M&A-Aktivitäten infolge struktureller Umbrüche wie auch Nachfolgethematiken wieder anziehen werden“
, schätzt Firat Köker die weitere Marktentwicklung ein.
Gleichzeitig entstehen neue Chancen durch strukturelle Umbrüche: Der demografische Wandel führt zu einer Welle von Nachfolgeregelungen im Mittelstand, während die Digitalisierung etablierte Branchen revolutioniert. Unternehmen, die sich jetzt professionell auf Transaktionen vorbereiten, könnten vom kommenden Aufschwung überproportional profitieren.
Entscheidend wird dabei sein, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. M&A-Experten empfehlen eine frühzeitige und umfassende Vorbereitung: von der strategischen Positionierung über die Optimierung operativer Prozesse bis zur Entwicklung überzeugender Investment-Stories.
Der aktuelle M&A-Markt ist anspruchsvoller denn je – aber nicht hoffnungslos. Während externe Faktoren wie Zinsentwicklung und Geopolitik außerhalb der Kontrolle einzelner Unternehmen liegen, können Firmeninhaber sehr wohl beeinflussen, wie gut sie auf Transaktionen vorbereitet sind.
„Nicht der Markt verhindert den Deal, sondern die Prozessvorbereitung“
, bringen die M&A-Experten von ox8 Corporate Finance das Kernproblem auf den Punkt.
Die Zeiten, in denen allein eine gute Geschäftsidee für erfolgreiche Verkaufsprozesse ausreichte, sind endgültig vorbei. Heute brauchen Unternehmen professionelle Strukturen, realistische Bewertungen und überzeugende Zukunftsstrategien. Wer diese Hausaufgaben macht, hat auch in schwierigen Marktphasen Chancen auf erfolgreiche Transaktionen.
Für den deutschen Mittelstand bedeutet das einen Paradigmenwechsel: Weg von der traditionellen Fokussierung auf operative Exzellenz, hin zu strategischer Transaktionsfähigkeit. Nur so können Unternehmen die Herausforderungen des modernen M&A-Marktes meistern und langfristig wettbewerbsfähig bleiben.
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