Die Digitalisierung verändert unsere Art zu leben ganz grundlegend. Während jedoch unsere europäischen Nachbarn dieser Entwicklung positiv gegenüberstehen, herrschen in Deutschland viele Ängste vor. Das liegt nicht zuletzt an der privilegierten Stellung Deutschlands in der Welt. Doch solche Ängste verursachen meist mehr Probleme als sie lösen. Das Ziel muss es sein, eine Jobveränderung statt Jobverlusten zu erreichen. Dies geht allerdings nur mit digitaler Bildung. Nur wenn sich die Menschen hierzulande mit der Digitalisierung auskennen, können sie sie ganz in ihrem Sinne gestalten.
Das gestörte Verhältnis der Deutschen zur Digitalisierung
Die Deutschen lieben und fürchten die Digitalisierung. So gehen 80 % der Deutschen davon aus, dass sich die digitale Transformation positiv auf die Wirtschaft auswirken wird. Gleichzeitig steht eine Zahl von 46 % der Digitalisierung unserer Lebensbereiche skeptisch gegenüber. Im europäischen Durchschnitt liegt dieser Wert gerade einmal bei 34 %. Ein besonders großer Fan der Digitalisierung ist Schweden. Hier sind 75 % der im Technik-Radar Befragten davon überzeugt, das die Digitalisierung etwas Positives sei.
Diese negative Haltung der Deutschen hat konkrete Konsequenzen für die Digitalisierung. Diese kann nämlich nur funktionieren, wenn alle Schichten der Gesellschaft an ihr mitwirken und sie umsetzen. Da dies jedoch aktuell nicht der Fall ist, kommt die Digitalisierung in Deutschland auch nur schleppend voran. Das hat ganz konkrete Auswirkungen, betont Jan-Lukas Schmitt in seinem Beitrag auf wiwo.de. So ist Deutschland beispielsweise im globalen Index für Wettbewerbsfähigkeit des Weltwirtschaftsforums von Platz 3 auf Platz 7 gerutscht. Im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie erreicht Deutschland sogar nur noch Platz 36. Chris Boos vom Digitalrat der Bundesregierung empfiehlt daher, alle Energien in die Automatisierung von Prozessen zu investieren. Das hat aber nur dann einen Wert, wenn sich die Menschen auf die Digitalisierung einlassen und an dieser mitarbeiten.
Die Deutschen haben zu viel zu verlieren
Ein Grund für die Zurückhaltung der Deutschen bei der Digitalisierung ist, dass sie sehr viel zu verlieren haben. Aktuell hat Deutschland wirtschaftlich noch einen sehr guten Stand und die Lebensqualität der Menschen hierzulande ist sehr hoch. Viele fürchten, dass die Digitalisierung das ändern könnte. Vor allem die Sorge um einen Jobverlust und eine damit einhergehende Verarmung des Landes wird befürchtet.
Es ist aber gerade die Angst vor der Digitalisierung, die eine solche negative Entwicklung wahrscheinlich macht. Denn Zögern und Zurückhaltung lösen keine Probleme, sondern schaffen in der Regel welche. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Digitalisierung in Deutschland nicht so recht vorankommt. So geht der Breitbandausbau nicht in dem Maße vonstatten, wie er nötig wäre und auch die Digitalisierung von Unternehmensprozessen steckt noch in den Kinderschuhen. Die Welt hängt Deutschland im Digitalsektor nach und nach ab. Diese Entwicklung ließe sich nur durch Mut zur Veränderung und durch mehr Offenheit der Bürgerinnen und Bürger für digitale Themen eindämmen.
Jobveränderung statt Jobverlust
Ein großes Thema unserer Zeit ist es, die Arbeitswelt der Zukunft zu gestalten. Es geht darum, eine Jobveränderung in die Wege zu leiten und Jobverluste zu vermeiden. Denn durch neue Technologien und eine Veränderung der Wirtschafts- und Arbeitsweise gehen auch immer einige Jobs verloren. Wurden früher die Laternen per Hand entzündet, so lässt sich dies heute voll automatisch erledigen. Dennoch wünscht sich niemand eine Welt zurück, in der solche Automatisierungsprozesse nicht vorhanden waren. Stattdessen mussten neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um die alten, die verloren gingen, zu ersetzen.
Dasselbe steht heute wieder an. Die Menschen müssen sich daran gewöhnen, in Zukunft keine Routine- und Fließbandaufgaben mehr erledigen zu müssen. Solche Tätigkeiten können Maschinen viel besser, schneller und kostengünstiger bewältigen als jeder Mensch. Dafür haben Menschen andere Qualitäten, die Maschine nicht mitbringen. Sie sollten sich daher auf Kreativaufgaben und die großen Fragen der Zeit fokussieren. Auch das menschliche Miteinander und die Arbeit mit anderen Menschen sollte in den Fokus rücken. Für alle anderen Aufgaben gibt es Maschinen.
Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist die Automobilindustrie. Hier sind aktuell rund 840.000 Menschen beschäftigt und noch einmal so viele Arbeitsplätze hängen indirekt mit dieser Industrie zusammen. In den kommenden zehn Jahren könnte rund ein Viertel dieser Stellen verloren gehen. Das liegt unter anderem an Automatisierungsprozessen und der Umstellung der Automobilindustrie auf den Elektrobereich. Durch solche Entwicklungen gehen einige Arbeitsplätze zwar verloren, das bedeutet jedoch noch nicht, dass auch Arbeitsstellen abgebaut werden müssen. Denn solche Veränderungen lassen immer neue Tätigkeiten entstehen, die wieder Menschen und deren kreatives Potenzial benötigen. Es ist wichtig, sich auf diese neuen Aufgaben einzulassen und sie anzunehmen, statt an alten Prozessen und Strukturen festzuhalten. Denn diese werden auf lange (eher kurze) Sicht keinen Bestand haben.
Digitale Bildung als Grundvoraussetzung der digitalen Transformation
Um den eben skizzierten Weg gehen zu können, ist eine digitale Bildung unverzichtbar. Die Menschen müssen wissen, was es mit der digitalen Transformation auf sich hat, welche Voraussetzung für sie gegeben sein müssen und welche konkreten Auswirkungen sie auf das gesellschaftliche Miteinander haben wird. Persönliche Fragen und Ängste müssen hierbei ebenso thematisiert werden wie das große Ganze. Nur wenn die Menschen die Digitalisierung verstehen und ihre Vorteile für sich erkennen, werden sie sich darauf einlassen und an dieser mitarbeiten.
Eine dringend anstehende Aufgabe besteht darin, diese digitale Bildung bereitzustellen. Es müssen Schulungen und Kurse angeboten werden, die die Menschen mit den Möglichkeiten und Technologien der Digitalisierung in Kontakt bringen. Hierbei geht es ebenso darum, Menschen in der Arbeitswelt weiterzubilden und auf neue Jobmöglichkeiten vorzubereiten, wie darum, die Jugend auszubilden und schon in jungen Jahren die Grundlagen zu schaffen, die für das Arbeiten in der Zukunft unverzichtbar sein werden. Einen solchen digitalen Bildungsplan zu entwerfen und Maßnahmen für die (Aus-)Bildung möglichst aller Bürgerinnen und Bürger zum Thema digitale Transformation voranzutreiben, ist ein lohnenswertes Anliegen, das mit Nachdruck und Engagement betrieben werden sollte.