Workshop-Ratgeber: Wie schulen, ohne Fragen zu hinterlassen?

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Focko Lowin, Head of DACH bei Jenji, ist für das kommerzielle Wachstum des Unternehmens in der DACH Region verantwortlich. Seine vorherigen beruflichen Stationen umfassen u.a. diverse deutsche Telekommunikationsunternehmen sowie bei dem deutschen Remote Connectivity SaaS Unternehmen TeamViewer.
Inhalt

Workshops dienen im Software-Kontext hauptsächlich dazu, die angebotene Lösung kundenindividuell anzupassen oder den Kund:innen bzw. den Mitarbeiter:innen den Umgang mit neuen Software-Tools zu vereinfachen. Es kommt jedoch leider nicht selten vor, dass die Fragen nach dem Workshop eher zu- als abnehmen. Wie beugt man diesem Problem vor? Und noch viel wichtiger: Wie kann vermieden werden, dass die Teilnehmer:innen mit dem Onboarding am Ende unzufrieden sind?

Alles beginnt mit der Auswahl der richtigen Moderationstechnik, denn sie ist der relevanteste Erfolgsgarant. Zum Glück gibt es dabei erprobte Techniken für jede Gruppengröße: Eine “Open Space”-Methode ist beispielsweise eher für große Projekte mit über 50 teilnehmenden Personen gedacht. Brainstorming und Mindmapping eignen sich hingegen bei kleineren Gruppen gut. Doch egal, welche Methode am Ende angewendet wird, das Ziel ist stets die Erarbeitung einer einheitlichen Arbeits- und Sichtweise unter den Teilnehmer:innen. Das befähigt sie, andere Mitarbeiter:innen des Unternehmens in Zukunft auch eigenständig unterstützen zu können. Ein gutes Onboarding ist schließlich eine essenzielle Grundvoraussetzung, damit sich Anwender:innen später selbst helfen können: Hilfe zur Selbsthilfe ist demnach das einzig logische Ziel eines jeden Onboardings. Die meisten Workshops lassen sich dazu allgemein in vier Schritten vorbereiten und durchführen.

1. Vorarbeit der Kund:innen als Basis

Damit Workshopleiter:innen auf die Sichtweisen der letztlichen Anwender:innen und deren Fragen eingehen können, sollten diese vorher schon eine Art Hausaufgabe erledigen. Die Hausaufgabe kann dabei, als Vorbereitung des Workshops, von der ersten Nutzung der Software, über das Anlegen einer Kundendatei bis zu einem Step-by-Step-Guide für das Bearbeiten eines einzelnen Falles reichen.

Bei der firmeninternen Besprechung der neuen Lösung sollten in jedem Fall aufkommende Fragen und Anforderungen der Kund:innen direkt notiert werden. So können die Unternehmen zielführend und schnell über alle beteiligten Abteilungen hinweg nötige Anwendungsfälle erschließen, die im Workshop dann mit dem Anbieter thematisiert werden können. Hier soll es aber vor allem darum gehen, dass die Nutzer:innen gemeinsam identifizieren, inwiefern die Ziele sich mit den allgemeinen Unternehmenszielen überschneiden und wie sie diese dann künftig abteilungsübergreifend mithilfe der neuen Lösung verfolgen können. Kosteneinsparungen, weniger Ressourcen, einfache Abläufe und klar definierte Prozesse, die durch ihre Einfachheit schnell delegiert werden können, sind gute Anregungen. Doch die Kund:innen sollten spezielle Beispiele entwickeln, die sich auf den gelebten Berufsalltag beziehen und die der Anbieter so nicht “auf dem Schirm” haben kann.

Als Einweisung für die firmeninternen Gespräche können die Anbieter der Softwarelösungen den künftigen Anwender:innen folgende Fragen beispielhaft mitgeben:

  • Welche Ziele möchte das Unternehmen mithilfe von digitalen und automatisierten Tools / Funktionen erreichen?

  • Welche geschäftlichen Probleme kann / soll die Software lösen?

  • In welchen Systemen soll die Lösung integriert werden?

  • Bietet die neue Lösung ebenfalls Möglichkeiten (anhand der Produktbeschreibung) mehrere bisherige Systeme zu ersetzen und somit Kosten zu sparen?

  • Wie sieht der Zeitplan für das Onboarding und die Implementierung der neuen Lösung aus?

  • Wann soll die neue Lösung final einsetzbar sein?

2. Jetzt ist der Anbieter dran

Der gesamte Prozess des Onboardings fällt dem Anbieter durch eine grundlegende Definition der Rahmenbedingungen – idealerweise bereits im Projektauftrag – leichter. So ist von Anfang an geregelt, welche zielgerichteten Lösungen geliefert werden müssen, damit die Kund:innen am Ende zufrieden sind und nach der Schulung die Software eigenständig bedienen können. Natürlich könnte man den Workshop immer und kundenübergreifend universell vorbereiten, dies würde den letztlichen Anwender:innen in den Unternehmen aber nichts nützen, da solche Onboardings oftmals zu unspezifisch sind.

Nachdem die Kund:innen sich also über die vorangegangenen Fragen bzw. “Hausaufgaben” intern ausgetauscht haben, übermitteln sie die Antworten und anschließende beziehungsweise durch die Besprechung aufgekommene Fragen an den Anbieter. Der Ball liegt nun auf der Seite des Vermittelnden. Mit dem Fragen- und Anforderungskatalog der Kund:innen ist der Anbieter jetzt erst richtig in der Lage, den Workshop an die Teilnehmer:innen anzupassen und mitsamt fallspezifischer Recherche vorzubereiten.

Dabei dürfen die Anbieter eines nicht vergessen: Besonders wichtig ist es, eine mögliche Hierarchie zu berücksichtigen, da Entscheider:innen die Software etwa anders verwenden als Teammitglieder. In einem eher prozessbezogenen Umfeld ist es daher notwendig, möglichst vielfältige Sichtweisen in das Onboarding einzubeziehen. Dazu kann der Vermittelnde zum Beispiel vor oder auch während des Workshops eine Methode wie die sechs Denkhüte nach Edward de Bono anwenden und die Teilnehmer:innen des Workshops dadurch zum “Out-of-the-Box”-Denken anregen.

3. Ruhig ein wenig Pfiff, damit niemand einschläft

Workshops sollten abwechslungsreich sein, ohne dass man die Agenda aus den Augen verliert. Damit alles einem roten Faden folgt und trotzdem unterhaltsam ist, empfiehlt es sich, neben einem definierten Ablauf des Onboardings, auf passende, interaktive Methoden zu setzen. Wichtig dabei ist stets nur, dass die Vermittlung der Inhalte in kleinen, aber umso effektiveren Disziplinen geschehen sollte.

Workshops vermitteln Learnings demnach bestenfalls eher kurz und knapp, ohne Wichtiges unter den Tisch fallen zu lassen. Humor kann dabei ebenfalls Wunder wirken, da die Teilnehmer:innen sich durch Sympathie die Inhalte besser merken können. Beispielsweise könnte man einen Fall mit allen Teilnehmer:innen durchspielen, bei dem wirklich alles Erdenkliche schiefgeht – das würde nebenbei noch dabei helfen, auch schwierige Fälle zu thematisieren.

Workshop-Veranstalter:innen sollten die Teilnehmer:innen zudem ermutigen, ihre Ideen in den neuen, digitalen Prozess einzubringen und ihn so mitzugestalten. Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass so oft Situationen entstehen, in denen von Teilnehmer:innen vorgeschlagene Prozessoptimierungen zu einer guten Veränderung des Ablaufs für das ganze Unternehmen geführt haben.

4. Zu guter Letzt: Hands-on und Handout

Praxisbezug ist immer gut. Doch damit das Onboarding auf die Anwender:innen zugeschnitten ist, muss es auch persönlich sein und die direkte Anwendung im zukünftigen Umfeld umfassen. Im Workshop sollte der Inhalt dazu auf Grundlage einer individuellen Alltagssituation des/der Kund:in durchgeführt werden. Die praxisnahen Anwendungsbeispiele helfen dabei zusätzlich dem Verständnis, da die Anwender:innen sich persönlich angesprochen und nicht aus dem Berufsalltag gerissen fühlen. Nach der Demonstration einiger weniger Beispielszenarien sollten die Teilnehmer:innen dann eigene Fälle durchspielen. Spätestens dabei kommen meist noch weitere Fragen und Ideen auf, die die Vermittelnden direkt mit den Teilnehmer:innen klären können.

Alle guten Workshops münden abschließend in einer kundenindividuellen Dokumentation. Das Handout dient dabei ebenfalls als Instrument, mit dem die Teilnehmer:innen gezielt Anwender:innen anderer Fachbereiche, Heavy-User:innen und Administrator:innen der Lösung ausstatten können. Denn nur so erfüllen die neuen, digitalisierten Prozesse letztlich ihr Hauptziel: Schließlich dienen die Erfahrungen, die alle Teilnehmer:innen im Workshop gemacht haben, mitsamt des Handouts, als Basis für künftige, interne Anlernprozesse.

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