Die Digitalisierung hat das Personalmanagement grundlegend verändert und den Weg geebnet für eine strategischere Ausrichtung. In diesem Kontext spielt Künstliche Intelligenz (KI) eine maßgebliche Rolle, indem sie Unternehmen ermöglicht, sich von wiederholenden Routinen diverser HR-Aufgaben zu befreien. Was früher auf Sachbearbeiter-Ebene oder durch Studierendenjobs erledigt wurde, kann heute durch Chatbots schneller und präziser abgewickelt werden. Dieser Artikel beleuchtet die Möglichkeiten von KI im HR-Bereich, die notwendigen und daraus resultierenden Veränderungen auf Unternehmensebene, den Nachholbedarf im Mittelstand, die Gewinnung von Talenten durch Digitalisierung und die neuen Herausforderungen an Führungskräfte.
In 2023 wurde in Deutschland eine Trendbefragung durch die DGFP mit 319 Teilnehmern führender Organisationen durchgeführt. So nutzen bisher 13,3 % der deutschen Wirtschaftsunternehmen KI-Lösungen. Bei 9,2 % sind KI-relevante Anwendungen in Planung und jedes dritte Unternehmen in Deutschland beschäftigt sich mit KI. Darüber hinaus kommen neben der Sicherheit Themen wie Transparenz, Diskriminierungsfaktoren, Nachvollziehbarkeit und Nachhaltigkeit zur Sprache, bevor es zur Umsetzung kommt. Hierauf legt Deutschland vielleicht einen besonderen Schwerpunkt im Vergleich zu anderen Ländern weltweit.
Generell wird die Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz als relevant für den HR-Arbeitsbereich betrachtet. Der Großteil der befragten Organisationen steht noch am Anfang dieser Entwicklungen. Zusätzlich mangelt es an den fehlenden Skills und der Akzeptanz in der Anwendung. Aus der HR AI Readiness Study 2023 und dem erstellten Whitepaper 2023 des ZP Think Tanks Learning & Development existiert die Annahme, dass in den nächsten zwei Jahren die vorhandenen Personalkapazitäten stark verändert eingesetzt werden. Doch welche Voraussetzungen sollten dafür geschaffen werden?
Eine Studie von Kienbaum aus 2023 betrachtet den Einsatz von ChatGPT im HR-Bereich. Dieses Tool wird bereits bei 40 % der Unternehmen im Personalbereich eingesetzt. Die größten Anwendungspotentiale bestehen in der HR-Analyse, im Onboarding und Offboarding sowie im Mitarbeiter-Engagement und HR-Support. Mehr als 60 % der Befragten schätzen ChatGPT als hilfreich ein bei der Verbesserung der Employee-Experience sowie bei Personalprozessen. 85 % betrachten diese Anwendung als Optimierung von routinemäßigen HR-Aufgaben. Jedoch wird das Risiko hinsichtlich Datenschutzes und der Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als sehr hoch angesehen. Führungskräfte geben bei mehr als der Hälfte der Befragten an, dass sie noch keine Maßnahmen zur Anwendung von ChatGPT im HR durchführen.
Implementierungsvoraussetzungen
Die erfolgreiche Implementierung von KI erfordert nicht nur technologisches Know-how, sondern auch ein Umdenken im Personalmanagement. Schulungen sind dafür ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um Mitarbeiter mit den neuen Technologien vertraut zu machen und Ängste zu nehmen. Unternehmen sollten unternehmenskulturell offen sein für Veränderungen und den Fokus auf Service, Geschwindigkeit und Qualität legen. Datenschutzbedenken müssen sehr ernst genommen, aber zugleich die Vorteile durch KI in den Vordergrund gestellt werden.
Notwendige Veränderungen im Personalbereich auf der Unternehmensebene
Die Studie von Kienbaum zeigt in der Grafik bereits aktuelle Veränderungsrichtungen im HR-Operating Model nach Gewichtung auf. So ergeben sich drei wesentliche Verschiebungen hin zur Digitalisierung der HR-Kernprozesse, der Weiterentwicklung der Business-Partner Rolle sowie Effizienz/Kundenorientierung durch Shared Service Center.
Um die Vorteile von KI im HR zu nutzen, müssen Unternehmen bereit sein, in Technologie zu investieren und ihre HR-Strategien entsprechend auszurichten. Dabei erfordert die Einführung von KI eine umfassende Analyse der bestehenden Prozesse und die Identifikation von Bereichen, in denen diese Automatisierung sinnvoll ist. Die Integration von KI-Lösungen geht über den HR-Bereich hinaus und sollte ein komplementärer Teil einer ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie sein.
Werden die operativen HR-Aufgaben durch KI maßgeblich erleichtert, fallen wesentliche Routineaufgaben weg. Es bleibt mehr Zeit für strategisch relevante Aufgaben. Dies ermöglicht eine stärkere Fokussierung auf wesentliche Erfolgsfaktoren wie die Mitarbeiterbindung, Talententwicklung und die stärkere Ausrichtung der HR-Strategie auf die Unternehmensziele. Dadurch wird die Rolle des HR-Managers zunehmend strategischer und datenorientierter. Diese generative KI in HR und ihre Auswirkungen auf die Personalfunktion beschreibt die folgende Tabelle der Kienbaumstudie mit den Anforderungen einer erneuerten HR und deren Konsequenzen sehr gut.
Zusätzliche Personalfunktionen wie ein Data Scientist oder Systemintegrationsmanager werden sich spezifisch in HR-Organisationen wiederfinden. Sogenannte HR Business Partner transformieren sich zu Umsetzungsmanagern mit professionellem Coaching-Know-how. Dem Anspruch auf Reskilling HR-Rollen sollte aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels entsprochen werden. Große Konzerne sind in diesem Transformationsprozess im Vergleich zum Mittelstand besser vorbereitet. Zu begründen ist dies häufig mit begrenzten Ressourcen, mangelndem Bewusstsein sowie der Unsicherheit im Umgang mit neuen Technologien. KI wird sich in allen Wirtschaftsbereichen immer schneller im Organisationsprozess durchsetzen. Dafür ist es besonders in mittelständischen Unternehmen notwendig, diesen Innovationssprung nicht zu übersehen.
Eine der wesentlichen Anwendungen intelligenter digitaler Prozesse ist die notwendige Gewinnung von Talenten für morgen. Durch den Einsatz innovativer Technologien im Recruiting-Prozess können Unternehmen ihre Attraktivität für Talente zusätzlich steigern. KI-gestützte Analyseverfahren ermöglichen darüber hinaus eine effiziente und objektive Auswahl von Bewerbern, was den gesamten Recruiting-Prozess zeitlich und abwicklungstechnisch optimiert.
Eine Transformation verlangt auch ein Umdenken der Führungskräfte. Von ihnen fordert man technologisches Verständnis ein, um den digitalen Wandel als Vorbild in der Führung zu unterstützen. Charisma, Empathie und professionelle Kommunikationsfähigkeit sind die wesentlichen Attribute einer Führungskraft in diesem Veränderungsprozess. Denn es geht darum, die Mitarbeiter für diese neuen, anspruchsvollen digitalen Veränderungen zu begeistern.
In Zeiten limitierter Ressourcen von Talenten, geht es nicht nur darum, passgenaue Mitarbeiter für ein Unternehmen zu gewinnen, sondern alle Talente – gleich welcher Verantwortung – im Unternehmen langfristig zu binden. Das erfordert attraktive Arbeitsbedingungen, die gezielt auf wesentliche Bedürfnisse dieser Mitarbeiter eingehen. Flexible Arbeitsmodelle, individuelle Entwicklungspläne sowie eine wertschätzende Unternehmenskultur sind Erfolgsfaktoren, um sich im Wettbewerb der KI-Experten als Unternehmen durchzusetzen.
Fazit
Die Integration von KI im Personalmanagement markiert einen fundamentalen Wandel in der Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Mitarbeitern umgehen. KI ermöglicht nicht nur die Automatisierung von Routineaufgaben, sondern schafft Raum für strategische Personalentwicklung und -führung. Der Mittelstand hat hierbei noch Nachholbedarf, sollte jedoch die Chancen erkennen und gezielt die digitale Transformation fördern. Die Gewinnung von Talenten durch Digitalisierung und die Anpassung der Führungskompetenzen an die Ära von KI sind entscheidende Aspekte für Unternehmen, die sich zukünftig im Wettbewerb behaupten möchten.