GPT-5 ist da: OpenAIs neues Flaggschiff-Modell spaltet die KI-Community

Ein Laptop auf einem Konferenztisch zeigt eine digitale Gehirngrafik mit der Aufschrift "GPT-5" von OpenAI. Im Hintergrund sind große Fenster und Büromöbel zu sehen, über die rosa Netzwerkgrafiken gelegt sind, die die Innovation in der KI-Community widerspiegeln.

Der Launch von GPT-5 am 8. August 2025 markiert einen Wendepunkt in der KI-Entwicklung – doch nicht alle sind begeistert. Während OpenAI von einem „PhD-Level“ spricht und universellen Zugang verspricht, häufen sich Beschwerden über verschlechterte User Experience und technische Probleme. Was kann das neue Modell wirklich, und rechtfertigt es den Hype?

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Die Künstliche-Intelligenz-Welt hielt gestern den Atem an: GPT-5 ist endlich da. Nach monatelangen Spekulationen und mehreren Verschiebungen präsentierte OpenAI sein neuestes Sprachmodell mit großem Tamtam. Sam Altman, CEO von OpenAI, bezeichnete es als „bedeutenden Schritt auf dem Weg zur AGI“ – doch die ersten 24 Stunden zeigen ein gemischtes Bild.

Die Versprechen: Was GPT-5 können soll

OpenAI lässt sich nicht lumpen und verspricht mit GPT-5 nichts weniger als eine Revolution in der KI-Landschaft. Das neue Modell vereint erstmals alle vorherigen Modelllinien in einer einzigen, adaptiven Architektur. Statt zwischen verschiedenen Modellen wählen zu müssen, soll GPT-5 automatisch erkennen, wann intensiveres Reasoning für komplexe Aufgaben notwendig ist.

Die technischen Verbesserungen klingen beeindruckend: Deutlich weniger Halluzinationen, schnellere Antwortzeiten und eine verbesserte Fähigkeit, komplexe Dokumente zu verfassen. Besonders im Coding-Bereich und bei Gesundheitskonsultationen soll das Modell neue Maßstäbe setzen. Sam Altman spricht sogar von einer „PhD-Level“ Expertise – auch wenn er gleichzeitig klarstellt, dass es sich noch nicht um eine „echte“ Artificial General Intelligence handelt.

Ein echter Gamechanger könnte die universelle Verfügbarkeit sein: Zum ersten Mal ist ein Flaggschiff-Modell von OpenAI sofort für alle ChatGPT-Nutzer zugänglich – von der kostenlosen Version bis zu den Enterprise-Plänen. Mit über 700 Millionen wöchentlichen Nutzern und etwa 5 Millionen zahlenden Business-Kunden erreicht die neue Technologie eine noch nie dagewesene Reichweite.

Die Realität: Technische Probleme und User-Frust

Doch schon kurz nach dem Launch mehren sich kritische Stimmen. Tausende Nutzer strömen auf Reddit und äußern ihren Unmut. „ChatGPT wurde heute buchstäblich für jeden einzelnen Plus-Nutzer schlechter“, schreibt ein frustrierter User. Das Hauptproblem: Die beliebten Thinking-Modelle (o1, o3, o4-mini) wurden durch ein einziges „GPT-5 Thinking“ ersetzt, das auf 200 Nachrichten pro Woche limitiert ist.

Die Kritikpunkte sind vielfältig und teilweise vernichtend. Nutzer berichten von einem Router-System, das sie konsequent zu kleineren, weniger leistungsfähigen Modellen weiterleitet. Ein User bringt es auf den Punkt: „Es fühlt sich wie ein Downgrade an“ – nicht gerade das, was man von einem Generationssprung erwartet.

Besonders peinlich für OpenAI: Das GPT-5 Announcement-Video und die Launch-Seite enthielten mehrere Fehler – falsche Beschriftungen, unsinnige Zahlen und Farben sowie fehlende Einträge in Diagrammen. The Atlantic merkt kritisch an, dass diese Schlampigkeit Zweifel an den präzisen Fähigkeiten des Modells und der Vertrauenswürdigkeit von OpenAIs Berichterstattung aufwirft.

Performance im Detail: Licht und Schatten

Jenseits der emotionalen Reaktionen zeigt sich ein differenzierteres Bild. Die vereinheitlichte Modellarchitektur ist tatsächlich ein cleverer Schachzug. Anstatt zwischen verschiedenen Modellen jonglieren zu müssen, passt sich GPT-5 dynamisch an die Komplexität der Aufgabe an. In der Theorie brilliant – in der Praxis noch holprig.

Die Verbesserungen bei der Halluzinations-Reduktion sind messbar, aber nicht revolutionär. Erste Tests zeigen eine Fehlerquote, die etwa 30% unter GPT-4 liegt – gut, aber kein Quantensprung. Interessanterweise versagt das Modell bei simplen Aufgaben, die Grundschüler lösen könnten. VentureBeat berichtet von einem peinlichen Fehler bei einer einfachen Algebra-Aufgabe: „5.9 = x + 5.11“ – ein Problem, das GPT-5 nicht korrekt lösen konnte.

Im Coding-Bereich zeigt sich GPT-5 von seiner stärkeren Seite. Komplexe Programmieraufgaben werden tatsächlich besser gelöst als von den Vorgängern. Die Integration von Reasoning-Fähigkeiten aus den o1- und o3-Modellen macht sich hier positiv bemerkbar. Entwickler berichten von präziseren Code-Vorschlägen und besserer Fehleranalyse.

Der Preis des Fortschritts: Kapazitätsprobleme und Einschränkungen

OpenAI kämpft offensichtlich mit der enormen Nachfrage. Schon vor dem Launch warnte Sam Altman vor „capacity crunches“ in den kommenden Monaten. Die Realität bestätigt diese Befürchtungen: Server-Ausfälle, lange Wartezeiten und die erwähnten Router-Probleme trüben das Nutzererlebnis erheblich.

Die Preisstruktur bleibt weitgehend unverändert, aber die Nutzungslimits sorgen für Unmut. Besonders Plus-Nutzer fühlen sich benachteiligt, da sie für ihr Abo nun weniger Flexibilität bei der Modellwahl haben. Die automatische Zuweisung durch das Router-System wird als Bevormundung empfunden – „corporate beige zombie“ nennt es ein frustrierter User auf Reddit.

Die Community reagiert: Zwischen Hype und Hysterie

Die Reaktionen in der KI-Community könnten kaum gespaltener sein. Auf Hacker News diskutieren Experten hitzig über die tatsächlichen Fortschritte. Ein Entwickler merkt an: „Als Nutzer fühlt es sich an, als wäre das Rennen noch nie so eng gewesen wie jetzt.“ Diese Beobachtung stellt die oft propagierte Winner-takes-all-Mentalität im KI-Bereich infrage.

Auf Reddit formiert sich bereits Widerstand: Fast 5.000 Nutzer haben sich in Diskussionsforen zusammengefunden, um ihrer Enttäuschung Luft zu machen. „Ich fühle mich, als würde ich verrückt werden“, schreibt ein User – ein Gefühl, das viele teilen. Die Kritik richtet sich nicht nur gegen technische Mängel, sondern auch gegen die Kommunikationsstrategie von OpenAI.

Wissenschaftler und Forscher zeigen sich zurückhaltender. Das MIT Technology Review urteilt nüchtern: Die Verbesserungen seien zwar vorhanden, aber von AGI sei man noch weit entfernt. Diese realistische Einschätzung steht im starken Kontrast zu OpenAIs Marketing-Rhetorik.

Konkurrenz atmet auf: Das Rennen bleibt offen

Für Konkurrenten wie Anthropic, Google und Meta ist der holprige Start von GPT-5 ein Geschenk. Die erhoffte Dominanz von OpenAI materialisiert sich nicht – zumindest noch nicht. Die KI-Landschaft bleibt vielfältig und kompetitiv.

Besonders interessant: Viele Nutzer weichen bereits auf Alternativen aus. Claude von Anthropic und Gemini von Google profitieren von der aktuellen Unzufriedenheit. Ein Trend, der OpenAI zu denken geben sollte.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Für Unternehmen, die auf KI-Integration setzen, ist die Situation komplex. Einerseits bietet GPT-5 tatsächlich verbesserte Fähigkeiten für bestimmte Anwendungsfälle – besonders im Bereich der Dokumentenerstellung und Code-Generierung. Andererseits machen die aktuellen Stabilitätsprobleme einen produktiven Einsatz schwierig.

Die API-Integration scheint stabiler zu laufen als die Consumer-Version, was für B2B-Kunden ein wichtiger Faktor ist. Trotzdem raten Experten zur Vorsicht: Kritische Geschäftsprozesse sollten nicht vorschnell auf GPT-5 umgestellt werden.

Ein CTO eines mittelständischen Unternehmens bringt es auf den Punkt: „Wir bleiben vorerst bei GPT-4. Die Stabilität ist uns wichtiger als marginale Performance-Verbesserungen.“

OpenAIs Reaktion: Damage Control im Gange

OpenAI reagiert auf die Kritikwelle mit einer Mischung aus Beschwichtigung und Nachbesserungen. In einem hastig organisierten Statement betont Sam Altman, dass es sich um „Kinderkrankheiten“ handle, die in den kommenden Wochen behoben würden.

Tatsächlich wurden bereits erste Updates ausgerollt, die einige der gröbsten Fehler beheben. Das Router-System wurde überarbeitet, und die Fehlermeldungen auf der Launch-Seite sind verschwunden. Doch das Vertrauen ist angeknackst.

Ein Blick in die Zukunft

GPT-5 ist zweifellos ein technischer Fortschritt – aber kein revolutionärer Sprung. Die vereinheitlichte Architektur und die verbesserten Reasoning-Fähigkeiten sind solide Verbesserungen, die langfristig Früchte tragen werden. Doch der überhastete Launch und die technischen Probleme zeigen, dass auch OpenAI nicht unfehlbar ist.

Die nächsten Wochen werden entscheidend sein. Kann OpenAI die technischen Probleme in den Griff bekommen? Werden die versprochenen Verbesserungen tatsächlich spürbar? Und vor allem: Kann das Vertrauen der Community wiederhergestellt werden?

Eines ist sicher: Die KI-Revolution geht weiter, aber sie verläuft holpriger als von vielen erwartet. GPT-5 ist ein wichtiger Meilenstein, aber kein Endpunkt. Die Entwicklung künstlicher Intelligenz bleibt ein Marathon, kein Sprint. Und in diesem Rennen ist noch lange nicht entschieden, wer am Ende die Nase vorn haben wird.

Für Nutzer heißt es: Abwarten, testen und kritisch bleiben. Die Versprechen von heute sind nicht automatisch die Realität von morgen. GPT-5 mag das „smarteste, schnellste und nützlichste Modell“ sein, wie OpenAI behauptet – aber es ist definitiv nicht perfekt. Und vielleicht ist genau diese Erkenntnis der wichtigste Takeaway aus diesem turbulenten Launch.

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