In einem Interview mit Shopware hat Thomas Feil, Fachanwalt für IT- und Arbeitsrecht, detaillierte Antworten auf die Fragen rund um die Button-Lösung beantwortet und gab wertvolle Ratschläge, wie Sie und Ihre Kunden optimal und vor allem rechtssicher damit umgehen sollten. Am 01.08.2022 wird die Button-Lösung 10 Jahre alt. Was hat sich seitdem getan?
Der Gesetzgeber hatte ursprünglich mit der Button-Lösung und den Änderungen des § 312g BGB die Abo-Fallen im Blick, als er Anforderungen an eine „Schaltfläche“ definierte. Die Anforderungen gelten aber auch für Onlineshops. Im Gesetzestext wird gefordert, dass die Schaltfläche gut lesbar ist und die Beschriftung „zahlungspflichtig bestellen“ enthält.
Ein bisschen öffnet dann der Gesetzgeber den Gestaltungsspielraum. Auch andere entsprechend eindeutige Formulierungen sollen möglich sein. In der Gesetzesbegründung wird beispielsweise die Beschriftung „kaufen“ oder „kostenpflichtig bestellen“ genannt. Hier sollte aber ein Onlineshop-Betreiber keinerlei Experimentierfreudigkeit an den Tag legen und es bei der Bezeichnung „zahlungspflichtig bestellen“ belassen.
Leider nein. Der Gesetzgeber möchte nicht nur die Schaltfläche gut lesbar mit der Beschriftung „zahlungspflichtig bestellen“ versehen haben, sondern verlangt weitere Informationen, die dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden müssen. Bevor ein Verbraucher seine Bestellung abgibt, soll er unter anderem über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung, die Mindestlaufzeit des Vertrages, den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung mit weiteren Preisinformationen sowie über gegebenenfalls anfallende Liefer- und Versandkosten informiert werden. Diese Informationen müssen unmittelbar vor der Bestellung klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Information soll in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung übermittelt werden.
In vielen Onlineshops hat es sich eingebürgert, dass vor der Bestellung der Kunde eine Bestellübersicht erhält. Das ist ein guter Platz, um die geforderten Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Absatz 1 Nummer 4 erster Halbsatz und Nummer 5, 7 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (so der offizielle Gesetzestext) dem Verbraucher vollständig zur Verfügung zu stellen.
Die Gesetzesänderung sieht weiterhin vor, dass unmittelbar vor Abgabe der Erklärung des Verbrauchers (also vor Anklicken des Buttons „zahlungspflichtig bestellen“, auf derselben Seite(!)) die folgenden Informationen klar und verständlich und in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden müssen:
Praktisch bedeutet dies, dass Sie im letzten Bestellschritt auch noch einmal ausdrücklich und im Klartext auf die etwa bei einer Nachnahmeversendung zusätzlich entstehenden Kosten aufmerksam machen müssen. Nach unserer Einschätzung genügt es nicht, wenn dieser Hinweis zuvor gegeben wurde oder auf einer gesondert angelegten Seite zu finden ist.
Die hier in Bezug genommenen Informationen müssen dem Verbraucher unmittelbar vor der Abgabe seiner Erklärung, also auch unmittelbar vor dem Anklicken des „zahlungspflichtig bestellen“-Buttons angezeigt werden. Dies betrifft einerseits den zeitlichen Zusammenhang, andererseits jedoch auch den räumlichen Zusammenhang.
Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass nicht ellenlange Seiten gestaltet werden dürfen, bei denen der Käufer ganz oben die wesentlichen Merkmale angezeigt bekommt und beispielsweise nach zehnmaligem Scrollen erst bei der Schaltfläche „kostenpflichtig bestellen“ ankommt.
Wir raten vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben auch dringend davon ab, die Checkboxen „Ich habe die AGB gelesen und stimme zu“ und „Die Widerrufsbelehrung habe ich gelesen“ noch nach den o.g. Pflichtinformationen darzustellen, da dann der Button „zahlungspflichtig bestellen“ nicht mehr im unmittelbaren Zusammenhang mit den Pflichtinformationen stehen würde.
Setzen Sie daher die jeweilige Checkbox jedenfalls VOR die Pflichtinformationen, beispielsweise an den Anfang der Seite. Dies gilt auch für die Darstellung der Widerrufsbelehrung und die Verlinkung Ihrer AGB in Ihrem Bestellschritt „Bestellung absenden“.
Quelle: MUTSCHKE RECHTSANWALTSGESELLSCHAFT MBH auf YouTube.com
Gefährlich ist es, wenn der Bestell-Button oberhalb der Informationen zu finden ist, die dem Verbraucher unmittelbar vor der Bestellung nach den neuen gesetzlichen Vorschriften mitzuteilen sind. Bei einer solchen Gestaltung besteht die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
Vorsicht ist auch geboten, wenn der Bestell-Button statisch auf der Übersichtsseite platziert ist. In der Gesetzesbegründung wird darauf hingewiesen, dass der Verbraucher von den Vertragsinformationen und der Bestell-Übersicht nicht abgelenkt werden soll. Schon das Scrollen kann in bestimmten Konstellationen gefährlich sein. Unterhalb des Bestell-Buttons dürfen sich keinerlei Information befinden. Es ist davon abzuraten, Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar zu machen oder zum Herunterladen anzubieten.
Bei Amazon oder eBay müssen die Anforderungen an die Button-Lösung umgesetzt werden. Auch bei Mobile-Commerce findet die Button-Lösung Anwendung.
Zwar wurde in der Gesetzesbegründung darauf verwiesen, dass bei eBay die Beschriftung „Gebot abgeben“ oder „Gebot bestätigen“ ausreichen würde. Ob bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung Gerichte diesen Weg mitgehen, bleibt zu bezweifeln. Auf jeden Fall muss dafür gesorgt sein, dass eine Bestellübersicht mit den weitergehenden Informationspflichten dem Verbraucher auch bei eBay oder Amazon präsentiert wird.
Der Gesetzgeber erwartet, dass die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung dem Verbraucher vor dem Bestell-Button präsentiert werden. Was genau die „wesentlichen Merkmale der Ware“ sind, hat das Gesetz nicht weiter definiert. Vermutlich wird sich erst nach dem 01. August hierzu eine Klärung ergeben. Teilweise wird empfohlen, die Produktbeschreibung anzuteasern und für weitere Informationen einen Link zu der eigentlichen Produktseite einzubauen.
Eine kurze Benennung des Produktes ohne weitere Beschreibung ist auf jeden Fall nicht ausreichend.
In der Diskussion ist beispielsweise, ob die man Energieeffizienzklassen bei Elektrogeräten tatsächlich noch einmal angeben muss. Aus unserer Sicht ist der Hinweis erforderlich, da die Rechtsprechung die Energieeffizienz inzwischen als wesentlich für eine Kaufentscheidung ansieht. Aber genau weiß dies im Moment niemand.
Genau lässt sich dies nicht vorhersagen. Die Neuregelungen in § 312d Abs. 2-4 BGB sind gesetzliche Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß § 4 Nr. 1 UWG handelt ein Onlineshop-Betreiber unlauter, wenn er einer solchen Marktverhaltensregelung zuwiderhandelt. Diese Zuwiderhandlung kann Ausgangspunkt für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sein. Nach den bisherigen Erfahrungen nutzen einige Onlineshop-Betreiber in Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten Gesetzesänderungen, um Abmahnungen auszusprechen. Ob gleich mit einer ganzen Abmahnwelle zu rechnen ist, bleibt abzuwarten.
Mit oder ohne Abmahnwellen sollte jeder Onlineshop-Betreiber zur Vermeidung von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen seinen Shop den aktuellen gesetzlichen Anforderungen anpassen.
Bei berechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ist der Empfänger verpflichtet, die Anwaltskosten der Abmahnung zu übernehmen. Dabei handelt es sich zumeist um Beträge von mehr als 500,00 Euro netto. Wird auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht oder zu spät reagiert, kann es zu einem gerichtlichen Eilverfahren, einer so genannten „einstweiligen Verfügung“ kommen. Dann kommen weitere Gerichts- und Anwaltskosten hinzu, so dass Betroffene plötzlich mit Forderungen im vierstelligen Bereich konfrontiert sind.
Kann ich mich darauf verlassen, dass E-Commerce-Spezialisten, wie beispielsweise Trusted Shops oder spezialisierte Anwaltskanzleien die richtigen Hinweise zur Umsetzung des Gesetzes geben?
E-Commerce-Spezialisten und spezialisierte Anwaltskanzleien haben die gesetzlichen Anforderungen genau analysiert und können rechtssichere Hinweise geben, wie die Vorschriften im Onlineshop umzusetzen sind.
Der 1. August 2012 ist tatsächlich ein Stichtag. Eine Übergangsfrist gab es, diese läuft aber zum 1. August 2012 aus. Daher müssen bis Ende Juli alle notwendigen Änderungen im Onlineshop umgesetzt sein.
Auch wenn es Kritik an der Button-Lösung gibt, es ist nicht damit zu rechnen, dass diese alsbald wieder abgeschafft wird. Die nächste Bundestagswahl steht an. Gesetzesvorhaben, die nicht spätestens bis zum dritten Quartal 2012 als Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht sind, werden in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet. So die bisherige Erfahrung.
Änderungen aufgrund von Musterprozessen sind immer möglich. Onlineshop-Betreiber sollten allerdings nicht auf den Ausgang von Musterprozessen spekulieren. Im Zweifel werden Rechtsfragen über mehrere Instanzen zu entscheiden sein. Bis beispielsweise der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil fällt, können durchaus drei bis fünf Jahre ins Land gehen.
Die Button Lösung richtet sich an Onlineshops, die an Verbraucher verkaufen. In dem neuen § 312d Abs. 2 heißt es, dass bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher die nachfolgenden Regelungen zu beachten sind. Bei reinen B2B-Shops müssen die Regelungen daher nicht beachtet werden. Vorsicht: Wenn eigentlich nur B2B verkauft wird, aber ein Verbraucher im Onlineshop bestellen könnte, müssen die gesetzlichen Vorgaben zur Button-Lösung umgesetzt werden.
Kommt ein Vertrag nicht zu Stande, entfällt der Vergütungsanspruch. Ein Onlineshop-Betreiber erhält im Zweifel seine Ware (wie auch immer diese Ware dann aussehen mag) zurück und muss die bereits eingegangene Vergütung zurückzahlen. Nicht nur in diesem Fall sind Retouren eine ärgerliche Angelegenheit, die Kosten und Mühen verursachen.
Außerdem ist die Versendung von Waren ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung ein wettbewerbswidriges Verhalten.
Der Unternehmer trägt die Beweispflicht dafür, dass der Verbraucher tatsächlich auch die entsprechenden Informationen erhalten hat und dass der Ablauf im Shop (dies gilt auch für eBay, Amazon und die weiteren Plattformen dritter Anbieter) wie gesetzlich vorgegeben gestaltet ist.
Wir raten daher dringend dazu, die Abläufe im Rahmen einer zumindest wöchentlichen Routine zu dokumentieren, etwa mit einer Testbestellung, die Sie archivieren. So haben Sie einen Nachweis, falls ein Kunde oder ein Wettbewerber sich mit Ihnen auseinandersetzen möchte.
Zwar ist die wöchentliche Dokumentation nur eine Momentaufnahme, die nicht einen „Beweis“ für den einzelnen Fall einer jeden Bestellung darstellt, jedoch ist dies eine gerade noch zuzumutende Variante, um Indizien zu sammeln, die im Streitfalle vorgelegt werden könnten. So kann ein Gericht davon überzeugt werden, dass die Abläufe zwischenzeitlich nicht anders gewesen sein können.
Christian Solmecke, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE und insbesondere in den Bereichen des IT-, des Medien- und des Internetrechts tätig, berichtet in diesem Video, dass Online-Händler bereits vier Tage nach dem Stichtag erste Abmahnungen erhalten:
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