Gezielte E-Mails an Warenkorbabbrecher bieten viel Potenzial. Häufig kann die Wiederaufnahme und der Abschluss einer Bestellung durch Nachfassmails angestoßen werden. Hierbei gilt es jedoch einige Klippen zu meistern.
Die Customer Journey hat viele Stationen, die den Kaufprozess ihrer Kunden beeinflussen. Wenn man diese Kaufprozesse besser versteht, kann man zielgerichtet nachfassen. E-Mail-Marketing bietet durch passgenaue Nachfassmails ein mächtiges Instrument, um die Abbruchrate effektiv zu verkleinern und die Bestellabbrecher doch noch zu konvertieren. Für die conversion setzen solche E-Mails genau in dem Bereich an, wo der Kaufprozess abgebrochen wurde.
Ausgangspunkt sind die Gründe für gehäufte Bestellabbrüche. Eventuell sollte der Online-Shop entsprechend angepasst werden. Ist beispielsweise die Bezahlung per Kreditkarte nicht möglich, hilft auch keine top-rabattierte Nachfassmail, um den Nutzer zu überzeugen.
Nachfassmails setzen eine E-Mail-Adresse und die entsprechende Einwilligung voraus. Deshalb empfiehlt sich eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die sich über alle Maßnahmen im Bereich Adressgenerierung erstreckt. Ist die Newsletter-Anmeldung auf der Homepage prominent genug platziert? Werden die relevanten E-Mail-Adressen möglichst früh erhoben – etwa bereits in einem vorgelagerten Schritt im Bestellprozess?
In der Regel denkt man bei Nachfassmails an eine maßgeschneiderte E-Mail, die den Nutzer in seiner Inbox zeitnah an den noch nicht abgeschlossenen Kauf „erinnert“. Unter Umständen ist es aber charmanter, den Nutzern in der nächsten regulären Abverkaufsmail einen speziellen Inhaltsblock anzuzeigen.
Grundsätzlich sollte eine Nachfassmail innerhalb von 2 bis 24 Stunden versendet werden. Allerdings kann das richtige Timing je nach Produkt- oder Kundensegment stark variieren. Besonders bei hochpreisigen Angeboten kann es Tage oder Wochen dauern, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
Gelungene Nachfassmails basieren auf den richtigen Inhalten, wobei sich eine gewisse Zurückhaltung empfiehlt. Unter Umständen kommen Sie auch mit einer Prise Ironie weiter. Vermeiden Sie aber einen Stalking-Effekt, denn auch beim Online-Shopping fühlt sich niemand gerne beobachtet. Beweisen Sie durch die richtigen Fragen Kundenorientierung („Können wir Ihnen helfen?“). Zugleich spielt der Preis natürlich immer eine große Rolle. Als Angebotsverstärker können Sie neben Sonder-Rabatten auch passende Kundenbewertungen platzieren.
Der Königsweg sind Direktlinks zum Warenkorb, die beim Klick im Browser die ursprüngliche Shop-Session aufnehmen. Diese Maßnahme kann entweder auf den gespeicherten Cookie-Informationen oder auf der Parameter-Übergabe der relevanten Angebote und Bestellwerte (HTTP-Request) basieren.
Unter Umständen ist auch ein zweistufiger Ansatz zielführend. Alles darüber hinaus würde den Werbedruck über Gebühr strapazieren. Erfolgt auf die erste Nachfassmail keine oder nicht die gewünschte Reaktion, wird nach einigen Tagen oder Wochen ein zweites und letztes Follow-up unternommen. Hierbei kann sich ein Verfallsdatum als besonders nützlich erweisen („Wir halten den Warenkorb noch drei Tage für Sie vor“). Zudem sollten Sie neben dem primären Call-to-Action für die Wiederaufnahme der Bestellung auch die Möglichkeit für das endgültige Löschen des Warenkorbs anbieten.
Testen Sie auch Ihre Nachfassmails bereits bei der Implementierung. Analysieren Sie alles vom Versandzeitpunkt über den Absender und Betreff bis hin zu den Inhalten. Da die Nachfassmails unter Umständen die Privatsphäre der Nutzer tangieren, gehen Sie dadurch auf Nummer sicher.
Die Nutzer brechen aus unterschiedlichen Gründen ab. Während sich einige Nutzer wegen, der angezeigten Versandkosten aus dem Bestellprozess „rausklicken“, brechen vielleicht andere wegen der Gesamtkosten im Warenkorb kurz vor der Bezahlung ab. Auch müssen Männer häufig anders als Frauen angesprochen werden und potenzielle Neukunden „ticken“ anders als Bestandskunden etc. Nur eine detaillierte Analyse gibt Ihnen konkrete Anhaltspunkte für eine genaue Segmentierung und hohe Relevanz.
Die technischen Voraussetzungen, um Warenkorbabbrecher zu kontaktieren:
Die Identifikation im Online-Shop erfolgt Cookie-basiert. Der Nutzer erstellt hierfür im Shop einmalig ein individuelles Benutzerkonto mit eindeutiger ID und mit Passwort. Zugleich gibt er sein Werbeeinverständnis und hinterlegt seine E-Mail-Adresse.
Die Verknüpfung zwischen dem Online-Shop und der E-Mail-Marketing-Software kann auch auf Post-Click-Tracking basieren. Hierbei wird ein HTML-/JavaScript-Codeschnipsel aus der Versand-Software auf den relevanten Seiten des Online-Shops eingefügt. Hierbei lassen sich Produktbezeichnungen, Nutzer-IDs, Mengen, Preise und Warenkorbwerte an die software übermitteln. Unternehmen, die die relevanten Seiten im Bestellprozess mit dem entsprechenden Codeschnipsel versehen, können dadurch abgebrochene Transaktionen sehr gut nachvollziehen.
Alternativ zu Post-Click-Tracking sind auch professionelle Webanalyse-Systeme nutzbar. Systeme wie Adobe SiteCatalyst (Omniture), IBM Coremetrics, Econda oder Webtrekk lassen sich im Enterprise-Segment ohne größeren Aufwand an die Versand-Software anbinden. In der Software werden die Bestellabbrecher als Zielgruppen behandelt. Relevant sind hierbei meist die Artikel-IDs und zugehörigen Warenkorbwerte des abgebrochenen Kaufs sowie der Link zur Wiederaufnahme der Bestellung.
Nachfassmails an Bestellabbrecher erfordern detaillierte Nutzungsprofile über das individuelle Surfverhalten. Deren Erstellung unterliegt wiederum strengen rechtlichen Bedingungen. WerbE-Mails bedürfen – mit Ausnahme des Soft-Opt-ins – einer ausdrücklichen Einwilligung des Nutzers. Zentral ist hierbei die Permission, werbliche E-Mails zu erhalten, sowie die Information über Widerspruchsmöglichkeit in die Bildung von (pseudonymen) Nutzungsprofilen (§ 15 Abs. 3 TMG). Zudem empfiehlt sich auch eine eindeutige datenschutzrechtliche Einwilligung in die Profildatenerfassung und -nutzung.
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