von Waldemar Wegner, Gründer und Geschäftsführer VR-EASY.COM
„Alleinstellung ist unbestritten etwas sehr Erstrebenswertes, als junges Unternehmen ̶ aber so ganz allein möchte ich mit meinem Unternehmen nun doch nicht sein … bin ich aber offensichtlich, zumindest in Brandenburg. Hier, so macht es gerade die Medienrunde, haben nur 1 Prozent der deutschlandweit gegründeten Start-ups ihren Sitz – so wenig wie nirgends sonst. Da tröstet das Ergebnis des zitierten Start-up-Monitors 2018 auch wenig, dass andere Flächenländer außerhalb der fünf Gründungshochburgen (an der Spitze die Rhein-Ruhr-Region und Berlin) offensichtlich nur wenig attraktiver für Gründer sind.
Bei der VR-Easy GmbH stehen – der Name sagt es – neuartige Möglichkeiten der Verarbeitung und Verbreitung von Virtual-Reality-Content auf der Grundlage einer eigenen (inzwischen patentreifen) Softwarelösung im Mittelpunkt. Und mit diesem Unternehmen bin ich vor drei Jahren von Berlin (Rang zwei im oben genannten Monitor) ins Gründungsschlusslicht Brandenburg gezogen. Nicht in den sogenannten Speckgürtel mit S-Bahnanschluss an die Gründer-Fabriketagen, sondern in die Uckermark.
Mir war das Wagnis durchaus bewusst, auch ohne die jetzt veröffentliche Rangliste zu kennen. Nach drei Jahren kann ich auch sagen: Wirklich verwundert bin ich nicht.
Warum? Gründe dafür gibt es einige. Da wir, wie ein Großteil der jungen Gründungen, in der „digitalen Wirtschaft“ tätig sind, gehört bei uns eine „brauchbare“ Internetanbindung zu den wichtigsten Standortbedingungen. Und das nicht nur am Firmensitz (wo wir eigentlich ganz zufrieden sind), sondern auch unterwegs, bei Kunden, Präsentationen, Seminaren und anderen Terminen. Und das ist eher ein Glücksspiel. Ebenso wie das Handynetz. Wenn man in der Fläche wirtschaftlich aktiv ist, sind damit lange Fahrzeiten verbunden. In denen eine telefonische Erreichbarkeit aber nicht nur überaus praktisch, sondern auch unternehmerisch wertvoll wäre.
Auch mussten wir bei unserer Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten lernen, dass man es als innovatives Unternehmen in einer „Neuland“-Branche auf dem flachen Land unter Umständen schwer hat, weil den Bankberatern das Produkt oder die Geschäftsidee nicht vertraut erscheinen und einem – so tatsächlich geschehen – bedauernd abgesagt wird mit der Begründung: „ja, wenn sie einen Friseurladen eröffnen würden, da wüssten wir …“. Punkt drei: Netzwerke sind wichtig, aber einige auch kontraproduktiv. Wenn sie nämlich so festgezurrt sind, dass es Neuem/n schwerfällt, durch die Maschen zu schlüpfen.
Wenn also mit bekannten und vorhandenen Partnern zusammengearbeitet wird und Neues eher zögerlich bis gar nicht zum Zuge kommt. So scheiterte unser Bemühen bisher, die Tourismusmarketinggesellschaft des Landes von den Vorteilen einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Stattdessen reisen wir jetzt nach Dresden, um beim südlichen Nachbarn zu präsentieren, wie sich eine Region in Zukunft innovativ vermarkten kann…
Doch ich gehe jetzt nicht (nur) in die Öffentlichkeit, um das aus Brandenburger Sicht katastrophale Abschneiden im Start-up-Monitor mit eigenen Beispielen zu illustrieren. Denn ich kann und möchte auch von Lichtblicken berichten. Davon, dass sich langer und längerer Atem lohnt. Wir konnten die Volksbank Uckermark und die Bürgschaftsbank Brandenburg von unserem Konzept überzeugen und eine Finanzierung sichern. Außerdem profitieren wir von Netzwerken wie dem Investorcenter Uckermark (und dem dort angeschlossenen Management der Regionalmarke Uckermark), finden Unterstützung bei der IHK und anderen. Nächstes Jahr starten wir eine neue Finanzierungsrunde und werden aus der Uckermark heraus auch International aktiv.
Den Schritt, nach Brandenburg gegangen zu sein, bereue ich nicht. Vielleicht wäre einiges anderswo einfacher. Aber – und damit liege ich laut Monitor mit der Mehrheit der anderen Start-up-Gründer zwischen Uckermark und München auf einer Welle – die so viel zitierte Work-Life-Balance ist mir wichtig und sie stimmt hier. Ich gehe sogar so weit, anderen Start-ups die Region ans Herz zu legen. Denn hier geht noch so viel mehr, hier gibt es viel Potenzial – es muss ja nicht alles so bleiben, wie es ist. Wir bleiben jedenfalls in Brandenburg – als einer von einem Prozent.“
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