Kernbankmigration: Warum 80 Prozent aller Projekte scheitern und wie Banken Millionenverluste vermeiden

Kernbankmigration

Die Kernbankmigration gilt als eine der riskantesten IT-Transformationen im Finanzwesen – doch sie ist unvermeidlich. Während 80 Prozent aller Migrationsprojekte scheitern und große Institute dabei schnell zweistellige Millionenverluste einfahren, zeigen erfolgreiche Strategien wie Dual Run, MVP-Ansätze und modulare Migrationsframeworks den Weg zum Erfolg. Karl im Brahm von Objectway erklärt, warum die Datenqualität über Triumph oder Desaster entscheidet.

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Die Modernisierung von Kernbanksystemen ist für Finanzinstitute längst keine Option mehr – sie ist eine Überlebensfrage. Während viele Banken ihre Kundenschnittstellen bereits erfolgreich digitalisiert haben, laufen die kritischen Kernsysteme oft noch auf veralteten Plattformen aus den 1980er und 1990er Jahren. Diese digitale Transformation der Bankensysteme wird durch regulatorische Anforderungen wie DORA und BCBS 239 zusätzlich forciert.

Das Problem: Eine Kernbankmigration ist ein hochriskantes Unterfangen. Karl im Brahm, CEO DACH beim Finanzdienstleister Objectway, bringt die Herausforderung auf den Punkt:

„Rund 80 Prozent aller Migrationsprojekte scheitern – meist an unvollständigen oder fehlerhaften Daten.“

Die Folgen sind dramatisch, besonders für große Institute, die bei Verzögerungen schnell zweistellige Millionenverluste verzeichnen können.

Datenqualität entscheidet über Erfolg oder Millionenverlust

Die größte Stolperfalle bei der Kernbankmigration liegt nicht in der Technologie oder im Budget, sondern in einem scheinbar trivialen Aspekt: der Datenqualität. „Große Banken müssen historisch gewachsene IT-Landschaften über Ländergrenzen hinweg harmonisieren“, erklärt im Brahm die Komplexität des Problems. „Kleinere Institute haben zwar weniger Systeme, aber ihnen fehlen oft Zeit und Personal für eine gründliche Datenbereinigung.“

Erfolgreiche Migrationsprojekte behandeln die Datenmigration als eigenständiges Teilprojekt mit klaren Verantwortlichkeiten und ausreichendem Budget. Automatisierte Prüfroutinen, wiederholte Testmigrationen und einheitliche Datenformate bilden dabei das Fundament für den Erfolg.

Während Großbanken von zentraler Data Governance und umfassender Automatisierung profitieren, empfiehlt Objectway für kleinere Institute einen sogenannten MVP-Ansatz (Minimum Viable Product). Dabei werden zunächst nur die Kernfunktionalitäten implementiert, um schnelle erste Ergebnisse zu erzielen und die Komplexität zu reduzieren.

Dual Run minimiert Risiken bei der Kernbankmigration

Zeit ist neben der Datenqualität der kritischste Erfolgsfaktor bei der Kernbankmigration. Für Großbanken können Projektverzögerungen katastrophale Folgen haben: blockierte Ressourcen, verzögerte Produkteinführungen und eine geschwächte Wettbewerbsfähigkeit führen zu Folgekosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich.

Ein bewährtes Instrument für große Institute ist der sogenannte „Dual Run“. Bei dieser Methode werden das alte und das neue Kernbanksystem parallel betrieben, um Risiken zu minimieren und den Übergang kontrolliert zu gestalten. Diese Best Practice für Dual Run-Strategien ermöglicht es, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren, bevor das alte System abgeschaltet wird.

„Für kleinere und mittelgroße Banken hingegen empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen mit festen Meilensteinen und strenger Qualitätskontrolle in jeder Phase“, erklärt im Brahm. „Standardisierte Migrationspakete und automatisierte Tests helfen dabei, Fehlerquellen zu reduzieren und Budgets im Rahmen zu halten.“

Regulatorischer Druck verschärft die Migrationssituation

Die sich ständig wandelnden regulatorischen Anforderungen verstärken den Handlungsdruck auf Finanzinstitute zusätzlich. Insbesondere die DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act) und BCBS 239-Regelungen setzen neue Standards für die operative Widerstandsfähigkeit und Risikodatensammlung.

Fehlerhafte Migrationen gefährden nicht nur den Geschäftsbetrieb, sondern ziehen auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich. „Die stark fragmentierte deutsche Bankenlandschaft verschärft die Situation zusätzlich“, erklärt im Brahm. „Viele kleinere Institute arbeiten noch mit Kernbanksystemen, die weder modular noch skalierbar sind.“

Diese Digitalisierungsherausforderungen im Bankensektor erfordern strategische Lösungsansätze, die über reine Technologie-Updates hinausgehen.

Cloud-basierte Lösungen als strategischer Vorteil

Um den Migrationsaufwand langfristig zu reduzieren und Risiken zusätzlich zu minimieren, setzen moderne Banken verstärkt auf SaaS- und BPaaS-Modelle. Diese cloudbasierten Software- und Geschäftsprozesslösungen lagern IT-Betrieb und Infrastruktur aus und ermöglichen es Banken, Skalierbarkeit und Resilienz zu erhöhen sowie flexible Kostenstrukturen zu realisieren.

Objectway begegnet den Herausforderungen der Kernbankmigration mit einem modularen Migrationsframework. Der Ansatz sieht vor, zunächst ausgewählte Kernfunktionen wie Zahlungsverkehr oder Kundenstammdaten zu migrieren. Weitere Module folgen schrittweise, sobald die ersten stabil laufen.

Vorintegrierte Module für regulatorische Anforderungen und automatisierte Tests gewährleisten dabei eine sichere und kosteneffiziente Umsetzung – oft mit Budgets im einstelligen Millionenbereich, deutlich unter den Kosten gescheiterter Großprojekte.

Führungsaufgabe statt reines IT-Projekt

Ein kritischer Erfolgsfaktor, der oft übersehen wird: Die Kernbankmigration ist keine reine IT-Angelegenheit, sondern eine strategische Führungsaufgabe. „Oft fehlen klare Zuständigkeiten und die Abstimmung zwischen Fachbereichen und IT – das Projekt wird nicht strategisch verankert“, kritisiert im Brahm.

Gerade kleinere Banken mit schlanken Strukturen tun sich hier schwer. Objectway setzt deshalb auf einen methodischen Rahmen mit klar definierten Rollen, agilen Steuerungsmodellen und einer engen Verzahnung von Business und IT.

Die erfolgreiche Kernbankmigration hängt weitgehend von der Unternehmenskultur und dem Management-Commitment ab. Ohne diese strategische Verankerung scheitern selbst technisch perfekt geplante Projekte an organisatorischen Hürden.

Der Weg zum erfolgreichen Migrationsprojekt

Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: Mit einer Erfolgsquote von nur 20 Prozent gehören Kernbankmigrationen zu den riskantesten IT-Projekten überhaupt. Doch die Beispiele erfolgreicher Transformationen zeigen, dass eine professionelle Herangehensweise die Erfolgsaussichten drastisch verbessert.

Die Erfolgsfaktoren sind klar identifiziert: erstklassige Datenqualität, ein methodisches Vorgehen mit klaren Meilensteinen, das richtige Maß an Parallelisierung zwischen altem und neuem System sowie eine starke strategische Führung. Dabei ist die Wahl des richtigen Partners entscheidend.

„Es ist entscheidend, für ein so umfassendes Migrationsprojekt einen Partner zu wählen, der die spezifischen Herausforderungen versteht, Risiken antizipiert und sie in Wettbewerbsvorteile verwandelt“, fasst Karl im Brahm zusammen. Die Kernbankmigration mag eine der schwierigsten Transformationen im Finanzwesen sein – mit der richtigen Strategie wird sie jedoch zur Grundlage für künftigen Erfolg.

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