Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Nach diesem Motto scheint Lidl seine Online-Strategie zu verfolgen. Irgendwie weiß das Unternehmen, dass der E-Commerce wichtig ist, aber so richtig anfreunden kann es sich damit nicht. Entsprechend wirkt Lidls gesamtes Vorgehen in diesem Bereich wie ein Flickenteppich, bei dem die einzelnen Elemente nicht zueinander passen. Entsprechend mäßig sind die Online-Erfolge des Discounters.
Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, dass sich Lidl aufgemacht hat, den E-Commerce zu erobern. Damals wurde eine eigene E-Commerce Website ins Leben gerufen, über die vorgefertigte Vorratsboxen vertrieben wurden. In der Onlinewelt sollte zunächst das gesamte Sortiment aus Lebensmitteln mit langer Haltbarkeit vertrieben werden. Später kamen dann noch Non-Food-Artikel wie Katzenstreu hinzu. Aber schon in den nächsten Monaten zeigte sich, dass der E-Commerce für Lidl vor allem ein Versuchslabor ist. So wurden zum Beispiel kostenloser Versand und ein zentrales Outlet ausprobiert. Doch Lidls Click & Collect-Strategie wurde abgesagt. So lässt eine nachvollziehbare, stringente Strategie für die Onlinewelt bislang noch auf sich warten.
Zudem fanden immer wieder Veränderungen und Misserfolge statt, die Lidls Standing in der Onlinewelt nicht gerade verbessert haben. So musste beispielsweise Lidl Express beendet werden und aktuell sind nur noch Non-Food-Artikel im Shop bestellbar. Außerdem haben die Gesichter an der Unternehmensspitze in letzter Zeit häufig gewechselt. So wurde zum Beispiel Sven Seidel von Jesper Hojer beerbt, der zuvor für den Internationalen Einkauf zuständig war. Außerdem verabschiedete sich Lidls Head of Digital Philipp Götting aus dem Unternehmen. Streitpunkt war immer wieder die Frage, wie intensiv der E-Commerce von Lidl in den Blick genommen werden sollte.
„Was ich will und was ich will, das sind zwei verschiedene Dinge“ singt die Band „Jennifer Rostock“ und man bekommt unwillkürlich das Gefühl, als handele der Text von Lidls Onlinestrategie. Denn einerseits will das Unternehmen im E-Commerce aktiv sein, doch andererseits haben die Verantwortlichen scheinbar Angst vor der eigenen Courage. Das ist angesichts des sich regelmäßig drehenden Personalkarussels und den teilweise erlittenen Schiffbrüchen in der Onlinewelt verständlich. Doch ein dauerhafter Erfolg wird dem Discounter nur dann beschieden sein, wenn er seinen Platz im E-Commerce findet und behauptet.
Das scheint Lidl sehr bewusst zu sein. Denn nach wie vor investiert das Unternehmen in den E-Commerce. Unter anderem baut Lidl seine Online-Reisesparte aus und holt sich hierfür externe Expertise ins Boot. Gleichzeitig betont die Konzernführung, dass „mit Hochdruck an der Weiterführung bestehender Geschäftsmodelle“ gearbeitet werde. Eine Neuausrichtung und ein konsequenter Schritt hin zu einem digitaleren, auf den E-Commerce ausgerichteten Geschäftsmodell sehen sicher anders aus. Allerdings zählt Lidl zu diesen bestehenden Geschäftsmodellen auch „zukunftsfähige Formate im Onlinevertrieb“. Man scheint sich also selbst noch nicht im Klaren zu sein, wohin die Reise gehen soll.
Wie es mit Lidls Aktivitäten im E-Commerce weitergeht, ist ungewiss. Aktuell versucht das Unternehmen offensichtlich, sein Kerngeschäft auf den stationären Handel zu beschränken und die Onlinewelt den Mitbewerbern zu überlassen. Scheinbar ist Lidl auf der Suche nach einer eigenen Nische, in der sich das Unternehmen etablieren und von der Konkurrenz abheben kann. Ob es eine solche Nische gibt und ob sie groß genug sein wird, um sich langfristig darin zu behaupten und erfolgreich zu sein, wird sich aber erst noch zeigen müssen.
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