Warum setzt ein Rhetoriktrainer mit 35 Jahren Erfahrung plötzlich auf KI?

Rhetoriktrainer Peter Flume
Peter Flume, Bild von Fotograf Tom Pingel
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Nele Ruppmann (1998) hat Linguistik und Anglistik in Stuttgart studiert und arbeitet seitdem journalistisch. Die Themenschwerpunkte der freien Jour- nalistin und Marketing-Expertin sind Kommunikation, Coaching und das Musikgeschäft.
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Seit Jahrzehnten bringt Rhetoriktrainer Peter Flume Menschen bei, wie man mit Worten überzeugt – ganz klassisch, mit viel Erfahrung und Feingefühl. Doch seit kurzem schlägt der Rhetorikprofi einen völlig neuen Weg ein: Er arbeitet mit Künstlicher Intelligenz. Was steckt dahinter, wenn jemand mit knapp vier Jahrzehnten Praxis im Gepäck beginnt, digitale Tools in seine Trainings zu integrieren? Ein Blick auf einen spannenden Wandel – und auf das, was KI in der Kommunikationswelt tatsächlich leisten kann.

Wenn Tradition auf Technik trifft

Peter Flume mit Brille und hellem Button-up-Hemd steht im Freien, lächelt in die Kamera und hält eine dunkle Jacke über die Schulter. Der erfahrene Rhetoriktrainer ist vor einem unscharfen Gebäude und Gras im Hintergrund zu sehen.
Peter Flume, Bild von Fotograf Tom Pingel

Peter Flume rennt sicher nicht jedem Trend sofort hinterher. „Wenn ich neue Tools in meine Trainings einbaue, müssen sie sich für mich selbst und dann auch in ersten Proben mit Kunden beweisen“, sagt er. Und das haben künstliche Intelligenzen, wie Chat GPT und Co., inzwischen. Seit über 35 Jahren coacht er Menschen darin, wie man in der Business-Welt klar, überzeugend und auf den Punkt kommuniziert. Umso überraschender ist es, dass er mittlerweile ganz selbstverständlich mit Künstlicher Intelligenz arbeitet. Und zwar nicht irgendwie – sondern sehr gezielt. Warum also dieser Schritt? Seine Antwort ist kurz und knackig:

„Die Tools sind für die Leute, nicht für mich.“

Dem Rhetoriker geht es darum, seinen Teilnehmern das Leben leichter zu machen. Ihnen zu helfen, schneller ans Ziel zu kommen – egal ob beim Erstellen und Proben einer Rede, in der Argumentation für eine Verhandlung oder dem Vortragen eines Pitchs – und das in einer sich stetig veränderten, digitalisierten Geschäftswelt. „Die KI ist für mich ein zusätzlicher Helfer im seit Jahren bestehenden Werkzeugkasten.“ Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Was KI in der Rhetorik wirklich leisten kann

„Wer schon mal versucht hat, eine Rede zu schreiben oder einen klaren Standpunkt zu formulieren, weiß: Einfach ist das nicht“, schmunzelt der Rhetoriker. Vielen fehlt es an Struktur, an logischer Schärfe oder Perspektivenwechsel. Genau hier setzt Flume die KI ein – als Trainingspartner, Strukturlieferant oder Argumente-Generator.

Teilnehmende in seinen Seminaren arbeiten zum Beispiel mit Chatbots, um Pro- und Contra-Listen zu einem Thema zu erstellen. Oder um Gegenpositionen zu simulieren, gerne auch via AdvancedVoice Mode bei Chat GPT wie in einer echten Diskussion.

„Das hilft enorm dabei, Argumente zu schärfen, Schwächen zu erkennen und eigene Standpunkte besser zu begründen – besonders in Vorbereitung auf Verhandlungen.“

Klarer Plan statt KI-Chaos

Viele seiner Kunden kennen KI-Tools zwar, haben sie aber noch nie gezielt in der Rhetorik eingesetzt – geschweige denn systematisch. Genau da setzt Flume an: Er zeigt, wie man die Tools clever nutzt, „statt einfach drauflos zu tippen“.

Einmal die Prompts richtig aufgesetzt, verkürzt das – so der Rhetorikexperte – die Vorbereitungszeit auf etwa ein Drittel, gerade bei wiederkehrenden Aufgaben wie Vorträgen oder Präsentationen. Und: Die Tools liefern oft eine gute Basis, mit der man mit oder ohne KI weiterarbeiten kann.

Ein Beispiel:
Flume liefert das inhaltliche Material und ein Situationsanalyse in die KI ein und diese entwirft ihm ein erstes Redekonzept mit rhetorischen Stilmittel und Ansätzen für ein gutes Storytelling. Das spart nicht nur Zeit, sondern bringt auch neue Ideen. Am Ende kann er sich auf dieser Basis auch erste Ideen für PowerPoint-Folien generieren.

KI richtig füttern und korrigieren

Aber Flume nutzt die KI nicht nur für seine Teilnehmer, sondern auch für sich selbst. Die Vorbereitung von Beispielen für seine Zielgruppen hat er damit optimiert. So lässt er sich beispielsweise typische Themen für bestimmte Branchen aufbereiten. Daraus entwickelt er Argumentationsansätze, die die Teilnehmer seiner Seminare dann häufig direkt übernehmen können – maßgeschneidert und aktuell.

Dabei verlässt der Rheotriker sich natürlich nicht blind auf die Maschine: Er korrigiert, feilt nach, sortiert aus und baut die brauchbaren Elemente dann ein. Dazu kommen rhetorische Stilmittel, persönliche Beispiele, ein bisschen Humor – und fertig ist das, was er „mundgerecht“ nennt. Genau diesen Korrekturprozess rät und lehrt er auch in seinen KI-Trainings. Denn die KI kann bislang eines nicht – persönlich werden und echten Humor einbringen, dafür fehlt ihr die direkt Beziehung zum Umfeld des Sprechers.

Zwischen Datenschutz und digitalem Aufbruch

Ganz reibungslos läuft das Integrieren der KI bisher aber nicht überall. Viele Unternehmen, mit denen Flume arbeitet, dürfen ChatGPT & Co. noch gar nicht offiziell nutzen. Stichwort Datenschutz. Trotzdem ist bei allen seinen Kunden bereits geplant, KI schrittweise in die Arbeitsprozesse zu integrieren.

„Es ist also keine Frage des Ob, sondern des Wann“

, sagt Flume.

In seinen Trainings geht er nichts desto trotz schon damit um. Er zeigt, was heute schon möglich ist und, wie man die Tools sicher und verantwortungsvoll einsetzt – etwa mit anonymisierten Daten oder über firmeninterne Plattformen.

KI als smarter Sprachpartner

Besonders spannend wird es, wenn Flume mit seinen Teilnehmenden „live mit der KI übt“. Zum Beispiel über eine Advanced VoiceMode, in der die KI als Gesprächspartner oder widersprechende Instanz auftritt. Man kann also diskutieren, kontern, widersprechen – fast wie mit einem echten Menschen. „Nur ohne Aufregung und damit perfekt zum Üben“, freut sich der Nürtinger, da sich damit das klassische Prinzip des Advoctus Diaboli für den Teilnehmer einfach und unterstützend im Vorbereitungsprozess einer Präsentation integrieren lässt.

Wo die Grenzen liegen – und warum es trotzdem Sinn ergibt

Natürlich ist die KI kein Wundermittel. Flume sagt ganz klar: „KI weiß nichts – sie imitiert nur.“ Und das kann zu Problemen führen. Fakten stimmen nicht immer, Zitate sind manchmal erfunden, persönliche Erfahrungen und Emotionen fehlen komplett. Genau deshalb übt er mit seinen Teilnehmenden, wie man Aussagen der KI prüft, bewertet und sinnvoll ergänzt. Sein Credo: Nur wer die Schwächen der KI kennt, kann ihre Stärken richtig nutzen.

KI verändert Rhetorik – aber nicht den Menschen dahinter

Flumes Weg zeigt, wie sich auch ein „klassischer“ Rhetoriktrainer mit neuen Tools weiterentwickeln kann – ohne seine Prinzipien zu verraten.

„Für mich ist künstliche Intelligenz kein Ersatz für echtes Training, sondern eine Art smarte Ergänzung“

. Also eher ein Assistent, der einem Teil der Vorbereitungsarbeit abnimmt, aber nicht das Denken und die persönliche Wirkung auf der argumentativen Bühne.

„Das muss jeder schon selber leisten und daran arbeiten.“

Die Teilnehmer profitieren doppelt: Sie lernen besser zu argumentieren und klarer zu kommunizieren, bekommen gleichzeitig aber auch ein Gefühl dafür, wie sie mit modernen Tools produktiver arbeiten können. „Und vielleicht ist genau das die Zukunft der Kommunikation: Menschlich, klar, überzeugend – aber unterstützt durch Technik, die hilft, das Beste aus den eigenen Ideen herauszuholen“, schließt Flume ab.

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