Behörden hinken in puncto Digitalisierung noch hinterher. Die Dateneingabe erfolgt manuell, die Prozesse sind veraltet und fehleranfällig. Die Bürger erwarten einen digitalen und reibungslosen Ablauf, der so einfach ist, wie sie es aus anderen Bereichen ihres Alltags kennen.
Um den direkten Bürgerkontakt und die internen Geschäftsabläufe zu optimieren, möchten viele Behörden auf moderne Systeme umsteigen. Allerdings sind die bürokratischen Hürden, Freigabeprozesse und Ausschreibungsverfahren oft langwierig und kompliziert. Das ist nur eine von vielen Herausforderungen bei der Digitalisierung von Behördenprozessen.
Die Verwaltung stellt für die Bürger den Kontaktpunkt dar, über den sie mit dem Staat interagieren. Dabei erwarten sie einen digitalen und reibungslosen Kontakt, der so einfach und durchgängig ist, wie sie es aus anderen Bereichen ihres Alltags kennen. Doch wie vermutet, erweist sich die digitale Verwaltung in der Realität als nicht zufriedenstellend. Laut des eGovernment MONITOR 2023 sind nur 58 Prozent der Deutschen mit dem aktuellen digitalen Angebot ihres Landes zufrieden. In Österreich liegt der Wert bei 75 Prozent, in der Schweiz bei 78 Prozent. Der größte Grund zur Unzufriedenheit liegt in unzureichenden Angeboten.
Das Ziel jeder Behörde sollte es sein, eine moderne, digitale und effiziente Verwaltung zu gewährleisten, um einerseits die Lebensqualität der Bürger zu verbessern und sich den veränderten Alltagsgewohnheiten anzupassen, andererseits um die wirtschaftliche Standortattraktivität zu stärken. Doch um dies umzusetzen, müssen oft sämtliche Geschäftsprozesse von Grund auf neugestaltet und Lösungen geschaffen werden, die die Verwaltung standardisieren und automatisieren. Manche Behörden bieten bereits einen elektronischen Kanal für die Bürger, über den sie per Online-Formular Kontakt aufnehmen oder via FAQs nach Informationen suchen können.
Dennoch herrscht in puncto Digitalisierung starker Nachholbedarf – und das nicht nur im direkten Bürgerkontakt. Auch bei den internen Geschäftsabläufen hakt es oftmals. Dabei sind gerade hier moderne Lösungen notwendig, etwa bei der Buchhaltung: konventionelle Methoden der Abrechnung, bei denen die Dateneingabe manuell erfolgt, sind fehleranfällig, vorwiegend dann, wenn dabei viel Papierkram anfällt. Hinzu kommen Kosten für das Sortieren und Versenden von Belegen sowie Überzahlungen oder Strafzahlungen wegen Compliance-Verstößen – ein ineffizienter, unpraktischer und frustrierender Prozess, der in Papierform nicht mehr zeitgemäß ist und den Steuerzahler auch teuer zu stehen kommt.
Komplizierte Prozesse und Strukturen
Viele Behörden möchten auf moderne Systeme umsteigen. Allerdings sind die bürokratischen Hürden, Freigabeprozesse und Ausschreibungsverfahren oft sehr langwierig, was zu einem langsameren Entscheidungsprozess führt. Zudem: Ist eine neue Lösung erst einmal implementiert, soll sie viele Jahre im Einsatz bleiben und die Bedürfnisse und Anforderungen aller Beteiligten erfüllen.
Auch der Beschaffungsprozess kann sich hinziehen: Langwierige Vertragsverhandlungen und eine umfangreiche Liste von zu erfüllenden Datenschutzvorgaben kosten viel Zeit. Zudem müssen die Mitarbeiter geschult und die notwendigen Zertifikate (wie ISO) erlangt werden, um den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen. Als weiteres Hindernis gelten die komplexen Behördenstrukturen: Behörden unterstehen in der Regel der Regierung und haben öffentliche Dienstleistungen und das Wohl der Bürger als Hauptziel. Unternehmen hingegen sind meist privatwirtschaftlich und haben die finanziellen Gewinne ihrer Eigentümer oder Aktionäre im Blick. Behörden sind dezentral organisiert und setzen für ihre unterschiedlichen Einheiten daher oft auf verschiedene Lösungen und Systeme. Dies führt zu fragmentierten Daten und Prozessen, was eine effiziente Verwaltung erheblich erschwert.
Um trotz der schwierigen Ausgangslage digitale Transformationsprojekte erfolgreich umsetzen zu können, benötigt es gut ausgebildetes Fachpersonal und Lösungsanbieter, die mit der Komplexität der behördlichen Systemlandschaft und den besonders hohen Sicherheits- und Compliance-Vorgaben vertraut sind. Deshalb setzen auch immer mehr Behörden und Verwaltungen in der Buchhaltung auf Cloud-basierte Lösungen externer Anbieter, anstatt eigenständig Lösungen zu entwickeln. Dies spart Entwicklungskosten, hält den Wartungsaufwand gering und die Aktualität aller Compliance- und Sicherheitsrichtlinien hoch. Auch langfristig entspricht eine Cloudlösung immer den aktuellen Technologiestandards.
Mit einer konsolidierten Lösung lassen sich alle wichtigen Informationen auf einer einzigen Plattform erfassen, auf die sämtliche Stellen und Abteilungen der Behörde zugreifen können. Das spart viel Arbeit, Zeit und Geld.
Verantwortung gegenüber den Bürgern
Die öffentliche Verwaltung hat den Bürgern gegenüber eine besondere Verantwortung, da sie mit öffentlichen Geldern finanziert wird. Unwirtschaftlichkeit ist hier nicht nur finanziell bedenklich, sondern auch unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern. Die Digitalisierung von Behördenprozessen stellt also nicht nur eine technologische Herausforderung dar, sondern gilt auch als moralische und ethische Verpflichtung gegenüber den Bürgern. Die Budgetierung und Verwendung dieser Mittel unterliegen oft strengen gesetzlichen Vorgaben und politischen Entscheidungen. Auch um Veruntreuung zu verhindern, sind Behörden dazu verpflichtet, transparent zu handeln und Rechenschaft abzulegen. Hierfür sind digitale Audit Trails und transparente Freigabeprozesse wichtig. Unternehmen finanzieren sich hingegen durch Einnahmen aus dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen und können flexibler bei der Verwendung ihrer Finanzmittel agieren.
Unwirtschaftliches Handeln kann die Qualität und Effektivität öffentlicher Dienstleistungen beeinträchtigen und die Bildung, Gesundheitsversorgung oder Infrastruktur negativ beeinflussen – und damit auch die Lebensqualität der Bürger. Zudem besteht die Gefahr, dass die Bürger das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung verlieren, ihre Interessen effektiv zu vertreten und die Gemeinschaftsressourcen angemessen zu verwalten. Agiert die Behörde eines Bundeslandes unwirtschaftlich, kann dies zu einem Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen Regionen führen. Unternehmen und Bürger könnten abwandern, was die lokale Wirtschaft schädigt.
Um Ressourcen und Kosten zu sparen, liegt die Zukunft der Verwaltung darin, nicht nur die internen Prozesse zu digitalisieren, sondern auch der Bevölkerung Informationen und Dienstleistungen elektronisch anzubieten. In der Schweiz beispielsweise arbeiten Bund, Kantone, Städte und Gemeinden seit 2007 institutionalisiert zusammen, um E-Government im Land umzusetzen, etwa in Form der digitalen Steuererklärung. Sie verfolgen also eine gemeinsame Strategie.
Auch Deutschland möchte möglichst viele Behördengänge für möglichst viele Menschen digital ermöglichen. Die Angebote unterscheiden sich je nach Bundesland, bundesweit einheitlich ist etwa die Online-Zulassung von Kraftfahrzeugen oder der Personalausweis samt Online-Ausweisfunktion. Beim Schwerpunkt „Digitale Infrastruktur“ liegt der Fokus auf dem Einsatz von Cloud-Technologie in der öffentlichen Verwaltung. Bund und Länder haben ihr Vorhaben bekräftigt, eine deutsche Verwaltungscloud (DVC) aufzusetzen. Bei der Verwaltung der Zukunft hält der Bund am Ziel einer flächendeckenden Ende-zu-Ende-Digitalisierung und einer zukunftssicheren Rahmenarchitektur fest, die über Plattformen erfolgen soll. Zudem soll ein Konzept entstehen, wie Angebote privater Dienstleister, also von Public-Cloud-Anbietern, aufgenommen werden können. Zur Stärkung der digitalen Kompetenzen von Verwaltungsmitarbeitenden gibt es Online-Fortbildungen auf akademischem Niveau.
Damit die Bürger und Bürgerinnen von einer effizienteren und digitalen Verwaltung spürbar profitieren können, müssen jedoch zunächst die internen Geschäftsprozesse modernisiert und den Verwaltungsmitarbeitenden die richtigen Systeme zur Verfügung gestellt werden. Die Weichen dafür sind bereits gelegt.
Richtlinien für die Zukunft der Digitalisierung
Die Prinzipien der digitalen Transformation geben klare Richtlinien vor:
Die Verwaltungsprozesse sollen in erster Linie digital ablaufen (Digital first und digital only), analoge Alternativen sollen nur im Notfall zur Verfügung stehen. Dies erleichtert nicht nur den Zugang für die Bürger, sondern führt auch zu Effizienzgewinnen und Kosteneinsparungen für die Verwaltung. Außerdem empfehlen sich Lösungen, die Daten leicht austauschbar machen (Once-only-Prinzip): Hier geben die Bürger ihre Informationen nur ein einziges Mal an, die Behörden können die Daten anschließend untereinander austauschen. Dies reduziert den Verwaltungsaufwand und minimiert die Datenübermittlung, was wiederum die Datensicherheit erhöht und das Vertrauen der Bürger stärkt.
Auch die digitale Infrastruktur benötigt Investitionen – von der Aktualisierung von Online-Plattformen über die Bereitstellung von schnellen und zuverlässigen Internetzugängen bis hin zur Implementierung moderner Technologien (künstliche Intelligenz, Blockchain). Und auch bei der Nutzererfahrung (User Experience) herrscht Nachholbedarf. Um herauszufinden, worauf die Bürger Wert legen, sollten kontinuierlich das Nutzerverhalten analysiert und regelmäßig Feedback von den Menschen eingeholt werden.
Einen weiteren Artikel von Lars Mangelsdorf finden Sie hier: