Fast jedes zweite deutsche Unternehmen nutzt inzwischen künstliche Intelligenz – doch bei rund einem Drittel fehlt eine klare KI-Strategie. Die Folge: Fehlinvestitionen in Millionenhöhe, unstrukturierte KI-Nutzung und verpasste Wettbewerbsvorteile. Experten warnen vor einem teuren Blindflug und zeigen, warum gerade jetzt strategisches Umdenken überlebenswichtig ist.
Die Zahlen klingen zunächst beeindruckend: Laut aktuellen Erhebungen des ifo Instituts setzen mittlerweile 41 Prozent der deutschen Betriebe künstliche Intelligenz aktiv in ihren Geschäftsprozessen ein. Im Vergleich zum Vorjahr mit nur 20 Prozent ein beachtlicher Sprung. Doch hinter dieser vermeintlichen Erfolgsgeschichte verbirgt sich ein Problem, das Unternehmen teuer zu stehen kommen könnte.
„Die Demokratisierung der künstlichen Intelligenz hat einen regelrechten Hype ausgelöst“, erklärt Reinhard Hafner, Sales Director Deutschland bei CNT Management Consulting. „Riesige Datenmengen, leistungsstarke Prozessoren und kostengünstige Cloud-Infrastruktur machen KI heute praktisch überall einsetzbar.“ Soweit die Theorie. Die Praxis sieht anders aus: 31 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen über keine klare KI-Strategie für generative KI.
Der Grund für die hektische KI-Adoption? Blanke Angst, den Anschluss zu verlieren. Über 90 Prozent der deutschen Unternehmen sehen künstliche Intelligenz als entscheidend für ihr zukünftiges Geschäftsmodell an. „Unternehmen befürchten, ohne KI-Nutzung ins Hintertreffen zu geraten und nicht länger konkurrenzfähig zu bleiben“, so Hans Vanderwegen, SAP AI Global Lead bei CNT. „Sie sehen sich im Zugzwang.“
Dieser Druck führt zu einer paradoxen Situation: Man investiert in eine Technologie, deren strategische Einbindung man nicht durchdacht hat. Wie jemand, der ein Ferrari kauft, aber nicht weiß, wohin die Reise gehen soll – und dann im Stadtverkehr im Stau steht.
Die Konsequenzen einer fehlenden KI-Strategie sind gravierend. Ohne klaren Plan für die KI-Integration werden Investitionen zur Kostenfalle statt zum Wettbewerbsvorteil. „Ohne eine klare Strategie verpuffen die Chancen, die KI mit sich bringt, schnell“, warnt Vanderwegen. „Die Technologie muss gezielt in Prozesse und Strukturen eingebettet werden, sonst bleibt sie ein teures Experiment.“
Noch dramatischer: Im schlimmsten Fall drohen Compliance-Verstöße und massive Reputationsschäden. Unternehmen, die KI unstrukturiert einsetzen, laufen Gefahr, gegen Datenschutzrichtlinien zu verstoßen oder fehlerhafte Entscheidungen auf Basis mangelhafter KI-Outputs zu treffen.
Ein Großteil der Problematik liegt in einer simplen Tatsache begründet: Es fehlt schlichtweg an Know-how. Nur ein Viertel der deutschen Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben über eine Strategie für den Aufbau von KI-Kompetenzen. Das hat digital-magazin.de bei der Recherche zu diesem Thema herausgefunden – und es deckt sich mit Branchenstudien.
Hier kommt externe Beratung ins Spiel. Spezialisierte Consultants können helfen, KI-Potenziale in verschiedenen Geschäftsbereichen zu identifizieren und Investitionen gezielt zu steuern. Besonders vielversprechend: Die Kombination von Data & Process Automation (DAP) mit KI und SAP-Lösungen.
„DAP KI ermöglicht die Automatisierung wiederkehrender Verwaltungs- und Prozessaufgaben, etwa Rechnungsbearbeitung, Bestell- und Lagerprozesse oder Reporting. In Kombination mit maßgeschneiderten SAP-Lösungen können Unternehmen Daten zentral nutzen, Prozesse integrieren und Entscheidungen auf Basis verlässlicher Echtzeit-Analysen treffen.“
Hans Vanderwegen, SAP AI Global Lead bei CNT Management Consulting
Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch Lichtblicke. In Deutschlands umsatzstärksten Branchen zeigt sich, wie strategisch eingesetzte KI echten Mehrwert schafft. Die Automobilindustrie und die chemisch-pharmazeutische Industrie sind hier Vorreiter.
In der Automobilproduktion ermöglicht KI massive Effizienzsteigerungen durch Smart Manufacturing und Supply Chain-Optimierung. Prädiktive Analysen und digitale Zwillinge verkürzen Entwicklungszyklen und reduzieren Produktionsausfälle signifikant. Die deutsche Automobilindustrie nutzt KI bereits für alles von der Qualitätskontrolle bis zur vorausschauenden Wartung.
In der Pharmaindustrie beschleunigt künstliche Intelligenz die Medikamentenentwicklung erheblich. KI-Systeme analysieren molekulare Strukturen, optimieren klinische Studien und helfen bei der Produktionssteuerung. Was früher Jahre dauerte, lässt sich mit KI-Unterstützung auf Monate verkürzen.
„Wenn Deutschland wirtschaftlich weiterhin konkurrenzfähig bleiben möchte, braucht es jetzt klare Strategien“
, betont Hafner.
„Nur so kann der Fortschritt im Bereich der künstlichen Intelligenz sinnvoll genutzt werden und messbaren Mehrwert erzielen.“
Nicht jedes Unternehmen muss sofort massiv in KI investieren. Entscheidend ist die Frage: Wo kann KI in meinem Geschäftsmodell tatsächlich Mehrwert schaffen? Für manche Betriebe reichen zunächst einzelne, gut durchdachte KI-Anwendungen. Wichtig ist aber, dass selbst kleine Schritte strategisch geplant werden, um spätere Skalierung zu ermöglichen.
Die Kosten variieren stark je nach Unternehmensgröße und Komplexität. Externe Beratung kann zwischen 10.000 und 100.000 Euro kosten – klingt viel, ist aber deutlich günstiger als Fehlinvestitionen in KI-Projekte, die scheitern. Viele Beratungsunternehmen bieten mittlerweile auch modulare Ansätze an, bei denen Unternehmen schrittweise ihre KI-Strategie entwickeln können.
Von der Konzeption bis zur ersten erfolgreichen Implementierung sollten Sie mindestens 6 bis 12 Monate einplanen. Schnellschüsse führen meist zu den oben beschriebenen Problemen. Eine durchdachte KI-Strategie braucht Zeit für Analyse, Pilotprojekte und Anpassungen.
Eine zentrale! Die beste KI-Strategie scheitert, wenn die Belegschaft nicht mitgenommen wird. Change Management, Schulungen und die Einbindung von Mitarbeitern in KI-Projekte sind erfolgskritisch. Studien zeigen, dass Unternehmen mit aktiver Mitarbeitereinbindung eine um 30 Prozent höhere Erfolgsquote bei KI-Projekten haben.
Definieren Sie von Anfang an klare KPIs: Kosteneinsparungen, Zeitersparnis, Fehlerreduktion oder Umsatzsteigerung. Wichtig ist, dass diese Kennzahlen messbar und realistisch sind. Viele Unternehmen machen den Fehler, nur auf technische Metriken zu schauen, statt auf echte Geschäftsergebnisse.
Der aktuelle KI-Boom in deutschen Unternehmen ist grundsätzlich positiv – er zeigt die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Technologien. Doch ohne strategischen Unterbau wird aus Innovation schnell ein kostspieliges Abenteuer. Die gute Nachricht: Es ist noch nicht zu spät für einen Kurswechsel.
Unternehmen, die jetzt in die Entwicklung einer soliden KI-Strategie investieren, können sich entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern. Diejenigen, die weiterhin planlos agieren, riskieren nicht nur finanzielle Verluste, sondern auch den Anschluss an Konkurrenten, die es richtig machen.
Die Frage ist nicht mehr, ob Unternehmen KI einsetzen sollten – sondern wie. Und darauf gibt es nur eine Antwort: strategisch, durchdacht und mit klarem Ziel vor Augen. Alles andere ist, wie wir auf digital-magazin.de feststellen mussten, teures Stückwerk ohne Mehrwert.
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