Meta bricht sein Versprechen: Nach zehn Jahren werbefreier Nutzung führt WhatsApp ab Juni 2025 personalisierte Anzeigen im Status-Bereich ein. Die Werbung basiert auf Daten von Facebook und Instagram – und wirft erhebliche Datenschutzfragen auf. Was Nutzer jetzt wissen müssen, welche Alternativen es gibt und wie Sie Ihre Privatsphäre schützen können.
Es ist das Ende einer Ära: WhatsApp, der weltweit größte Messenger-Dienst mit über drei Milliarden Nutzern, hat offiziell die Einführung von Werbung angekündigt. Was die Gründer Jan Koum und Brian Acton einst kategorisch ausschlossen, wird nun Realität. Meta, der Mutterkonzern hinter WhatsApp, beginnt im Juni 2025 mit der schrittweisen Einführung personalisierter Anzeigen – zunächst allerdings nicht in der EU.
Am 16. Juni 2025 machte Meta den entscheidenden Schritt: WhatsApp Werbung wird in den Status-Bereich der App integriert. Die Anzeigen erscheinen zwischen den 24-Stunden-Stories der Nutzer im „Aktuelles“-Tab, der täglich von etwa 1,5 Milliarden Menschen genutzt wird.
Die Entscheidung markiert einen radikalen Kurswechsel. Will Cathcart, der Chef von WhatsApp, hatte noch Ende 2023 versprochen, dass das „Messaging-Erlebnis“ werbefrei bleiben werde. Dieses Versprechen währte weniger als zwei Jahre.
Der Rollout erfolgt gestaffelt und strategisch durchdacht. Meta startet zunächst in Märkten außerhalb der Europäischen Union – vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika. Der Grund für diese Vorsicht liegt in den strengen Datenschutzbestimmungen der DSGVO und dem Digital Markets Act der EU.
Eine Ausweitung auf Deutschland und andere EU-Länder ist geplant, allerdings ohne konkreten Zeitrahmen. Meta will zunächst „über die nächsten Monate“ weltweit einführen und dabei die rechtlichen Hürden in verschiedenen Regionen bewältigen.
Die technische Umsetzung der Meta WhatsApp Anzeigen erfolgt über drei Hauptkomponenten, die das Messaging-Erlebnis grundlegend verändern werden:
Das Herzstück der neuen Werbestrategie sind Anzeigen im Status-Bereich. Nutzer sehen zwischen den Stories ihrer Kontakte nun auch gesponserte Inhalte von Unternehmen. Diese Anzeigen sind optisch ähnlich gestaltet wie Instagram-Stories, fügen sich aber nahtlos in die vertraute WhatsApp-Umgebung ein.
Die Werbeanzeigen können verschiedene Formate umfassen: Bilder, Videos, animierte Grafiken oder interaktive Elemente. Unternehmen können direkt über diese Anzeigen mit potenziellen Kunden in Kontakt treten – ein Feature, das bereits bei Click-to-WhatsApp-Anzeigen auf Facebook und Instagram erfolgreich eingesetzt wird.
Parallel zur Status-Werbung führt WhatsApp ein System für beworbene Kanäle ein. Channel-Betreiber können ihre Inhalte gegen Bezahlung prominenter platzieren lassen. Zusätzlich werden kostenpflichtige Kanal-Abonnements eingeführt, die exklusive Inhalte gegen eine monatliche Gebühr bieten.
Diese Entwicklung verwandelt WhatsApp von einem reinen Messenger zu einer „Super-App“ nach dem Vorbild von WeChat in China – ein langgehegter Traum von Meta-Chef Mark Zuckerberg.
Die Personalisierung der WhatsApp Werbung erfolgt über verschiedene Datenquellen. Meta betont, dass Ende-zu-Ende-verschlüsselte Nachrichten nicht ausgewertet werden. Stattdessen fließen andere Informationen in die Anzeigenerstellung ein:
Besonders brisant: Nutzer, die ihre WhatsApp-, Facebook- und Instagram-Konten verknüpft haben, erhalten Werbung basierend auf Daten aller drei Plattformen. Diese plattformübergreifende Datennutzung ist ein zentraler Kritikpunkt von Datenschützern.
Die Einführung von WhatsApp Werbung verstärkt bereits bestehende Datenschutz-Probleme erheblich. Die österreichische Datenschutzorganisation noyb kritisiert die Entwicklung scharf und sieht darin einen weiteren Schritt zur Monopolisierung des digitalen Kommunikationsmarktes.
Problematisch ist vor allem die Verknüpfung verschiedener Meta-Dienste. Während WhatsApp ursprünglich als eigenständige, datenschutzorientierte Plattform vermarktet wurde, erfolgt nun eine immer stärkere Integration in Metas Werbe-Ökosystem.
Nutzer, die die „Kontenübersicht“ aktiviert haben, teilen automatisch Werbepräferenzen zwischen WhatsApp, Facebook und Instagram. Diese Datenverknüpfung ermöglicht detaillierte Nutzerprofile, die weit über das hinausgehen, was einzelne Plattformen sammeln könnten.
Auch ohne Zugriff auf Nachrichteninhalte sammelt WhatsApp umfangreiche Metadaten:
Max Schrems von noyb betont: „Diese Daten sagen sehr viel über eine Person aus, auch wenn man die Inhalte selbst gar nicht kennt.“ Solche Metadaten ermöglichen es, detaillierte Persönlichkeitsprofile zu erstellen und Verhaltensmuster vorherzusagen.
Die Einführung von WhatsApp Werbung steht vor erheblichen rechtlichen Herausforderungen, insbesondere in der Europäischen Union. Zwei Gesetze spielen dabei eine zentrale Rolle.
Die Datenschutz-Grundverordnung verlangt eine „freiwillige“ Einwilligung für personalisierte Werbung. Nutzer müssen echte Wahlfreiheit haben – ein Prinzip, das Metas bisherige „Pay or Okay“-Strategie bei Facebook und Instagram untergräbt.
Bei diesem Modell können Nutzer zwischen personalisierten Anzeigen oder einer kostenpflichtigen, werbefreien Version wählen. Für Instagram und Facebook verlangt Meta derzeit 9,99 Euro monatlich für die werbefreie Nutzung – das 120-fache der ursprünglichen WhatsApp-Jahresgebühr von einem Dollar.
Die EU-Kommission hat dieses „Pay or Okay“-Modell bereits als rechtswidrig eingestuft und Meta mit einer Strafe von 200 Millionen Euro belegt.
Der Digital Markets Act (DMA) der EU stellt weitere Hürden auf. Artikel 5(2) des DMA verlangt eine explizite Nutzereinwilligung, wenn Daten über verschiedene Dienste hinweg verknüpft werden sollen.
Genau das plant Meta mit der WhatsApp Werbung: Die Nutzung von Facebook- und Instagram-Daten für WhatsApp-Anzeigen könnte ohne separaten Einwilligungsprozess rechtswidrig sein. Dies erklärt, warum Meta den EU-Rollout zunächst aussetzt.
Die Einführung von WhatsApp Werbung verändert das Nutzererlebnis fundamental. Für die drei Milliarden Nutzer weltweit ergeben sich verschiedene direkte und indirekte Konsequenzen.
Der bisher werbefreie Status-Bereich wird zum Schauplatz kommerzieller Botschaften. Nutzer müssen sich darauf einstellen, zwischen persönlichen Updates ihrer Kontakte auch Werbeanzeigen zu sehen. Meta verspricht, dass die Anzeigen „relevant“ und „hilfreich“ sein werden – ein Versprechen, das angesichts der Erfahrungen mit Facebook und Instagram skeptisch betrachtet werden kann.
Positiv ist, dass der Chat-Bereich zunächst werbefrei bleibt. Private Unterhaltungen, Gruppenchats und Anrufe sind von der Werbeeinführung nicht betroffen. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für diese Bereiche bleibt bestehen.
Für Unternehmen eröffnet WhatsApp Werbung neue Möglichkeiten der Kundenansprache. Besonders kleinere Unternehmen könnten von der direkten Kommunikationsmöglichkeit profitieren, die Click-to-WhatsApp-Anzeigen bieten.
Die Integration mit bestehenden WhatsApp Business-Tools ermöglicht es Firmen, nahtlos von der Anzeige zum Kundenservice überzugehen. Dies könnte insbesondere in Regionen mit hoher WhatsApp-Durchdringung, wie Lateinamerika oder Südostasien, erfolgreich sein.
Eine der drängendsten Fragen für Nutzer lautet: „Wie kann ich WhatsApp Werbung ausschalten?“ Die Antwort ist ernüchternd. Meta plant voraussichtlich ein ähnliches Modell wie bei Facebook und Instagram: Werbung wird zum Standard, eine werbefreie Version könnte kostenpflichtig werden.
Erste Datenschutz-Maßnahmen können Nutzer bereits jetzt ergreifen:
Die Einführung von WhatsApp Werbung ist der logische Höhepunkt einer über zehnjährigen Strategie. 2014 kaufte Facebook WhatsApp für 22 Milliarden Dollar – eine der teuersten Übernahmen der Tech-Geschichte.
Mark Zuckerberg versprach damals, WhatsApp unverändert zu lassen. Doch bereits kurz nach der Übernahme begannen die Gründer Jan Koum und Brian Acton, das Unternehmen zu verlassen. Beide kritisierten intern die Pläne zur Kommerzialisierung und Datensammlung.
Brian Acton gründete später die Signal-Stiftung und warnte öffentlich vor den Gefahren zentralisierter Messenger-Dienste. Seine Prophezeiung wird nun Realität: „Werbung beleidigt die Intelligenz der Nutzer“, hatte Acton bereits 2018 gewarnt.
Meta verfolgt mit WhatsApp das Ziel, eine westliche Version von WeChat zu schaffen. Die chinesische App ist weit mehr als ein Messenger: Sie dient als Bezahlsystem, Shopping-Plattform und sogar als digitaler Ausweis.
Die Einführung von Werbung und Bezahl-Abonnements sind erste Schritte in diese Richtung. Künftig könnten weitere kommerzielle Features folgen: E-Commerce-Integration, Bezahldienste oder sogar ein eigenes Bewertungssystem für Unternehmen.
Kritiker argumentieren, dass die Monetarisierung von WhatsApp nicht aus finanzieller Not erfolgt. Meta erzielte 2024 einen Gewinn von über 47 Milliarden Dollar, hauptsächlich durch Werbung auf Facebook und Instagram.
Die WhatsApp-Monetarisierung dient vielmehr der Diversifizierung der Einnahmequellen und der Stärkung von Metas Werbemonopol. Mit drei Milliarden WhatsApp-Nutzern erschließt sich Meta einen riesigen, bisher ungenutzten Werbemarkt.
Die Ankündigung von WhatsApp Werbung hat in Fachkreisen eine Welle der Kritik ausgelöst. Datenschutzexperten und Technologie-Analysten sehen darin einen weiteren Beweis für Metas problematische Geschäftspraktiken.
Max Schrems, der Gründer der Datenschutzorganisation noyb, sieht in der Entwicklung eine Chance: „Metas Vorgehen ist vor allem ein Anreiz, um von WhatsApp zu Alternativen wie Signal zu wechseln. Signal funktioniert genauso gut, ist aber gemeinnützig und spendenfinanziert.“
Signal gilt als der technisch sicherste Messenger und wird von Experten weltweit empfohlen. Die App ist vollständig quelloffen, sammelt minimale Daten und finanziert sich ausschließlich durch Spenden.
Verschiedene Datenschutzorganisationen prognostizieren einen größeren Nutzerabgang von WhatsApp. Die Parallelen zu 2021 sind unübersehbar: Damals führten Änderungen an WhatsApps Datenschutzrichtlinien zu einem massiven Nutzerzuwachs bei Signal und anderen Alternativen.
Dr. Martin Blatter, CEO von Threema, betont: „Metadaten verraten extrem viel über eine Person. Diese Daten würden bei Meta landen, und das wollen wir nicht.“ Threema verfolgt einen anderen Ansatz: Der Schweizer Messenger sammelt bewusst keine Metadaten und löscht Nachrichten sofort nach der Zustellung.
Angesichts der WhatsApp Werbung und der damit verbundenen Datenschutz-Probleme gewinnen alternative Messenger-Dienste an Bedeutung. Die Verbraucherzentrale empfiehlt verschiedene Alternativen für unterschiedliche Nutzeranforderungen.
Signal führt die Liste der empfohlenen WhatsApp Alternativen an. Der Messenger bietet:
Der einzige Nachteil: Signal hat deutlich weniger Nutzer als WhatsApp, was den Netzwerkeffekt einschränkt.
Threema aus der Schweiz ist die einzige mainstream-taugliche Alternative, die ohne Telefonnummer auskommt. Nutzer erhalten eine zufällige Threema-ID und können optional E-Mail oder Telefonnummer hinzufügen.
Besonders attraktiv für Unternehmen: Threema sammelt keine Metadaten und speichert keine Informationen über Kommunikationsmuster. Der Dienst kostet allerdings eine einmalige Gebühr von etwa 4 Euro.
Telegram ist mit 900 Millionen Nutzern nach WhatsApp der zweitgrößte Messenger. Allerdings sind nur „geheime Chats“ Ende-zu-Ende-verschlüsselt, normale Nachrichten liegen unverschlüsselt auf Telegrams Servern.
Für datenschutzbewusste Nutzer ist Telegram daher nur bedingt geeignet, bietet aber gute Gruppenfunktionen und Channel-Features.
Die Einführung von WhatsApp Werbung markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Messengers. Experten erwarten weitere tiefgreifende Veränderungen in den kommenden Jahren.
Meta wird voraussichtlich nicht bei Status-Werbung stehen bleiben. Denkbare Entwicklungen umfassen:
Das Vorbild WeChat zeigt, wie umfassend die Kommerzialisierung werden könnte.
Die EU-Regulierer werden WhatsApp Werbung genau beobachten. Weitere Strafen und schärfere Regulierung sind wahrscheinlich, besonders wenn Meta versucht, das „Pay or Okay“-Modell auf WhatsApp zu übertragen.
Der Digital Markets Act könnte Meta sogar dazu zwingen, WhatsApp von Facebook und Instagram zu trennen – ein Szenario, das bereits US-Wettbewerbshüter verfolgen.
Wie 2021 könnte die Werbeeinführung zu einer Nutzerabwanderung führen. Besonders in datenschutzbewussten Ländern wie Deutschland könnten alternative Messenger wie Signal deutlich wachsen.
Unternehmen müssen sich auf eine fragmentierte Messenger-Landschaft einstellen. Während WhatsApp dominant bleibt, gewinnen spezialisierte Dienste in Nischenbereichen an Bedeutung.
Angesichts der kommenden Veränderungen sollten WhatsApp-Nutzer proaktiv handeln. Verschiedene Maßnahmen können helfen, die Auswirkungen der Werbung zu minimieren.
Nutzer können bereits jetzt ihre Privatsphäre besser schützen:
Der beste Schutz vor WhatsApp Werbung ist der Wechsel zu einer datenschutzfreundlichen Alternative. Experten empfehlen, Signal parallel zu installieren und schrittweise zu migrieren.
Für Unternehmen bieten sich spezialisierte Business-Messenger wie Teamwire oder die Schweizer Lösung Threema Work an. Diese sind DSGVO-konform und bieten zusätzliche Sicherheitsfeatures.
Der Erfolg alternativer Messenger hängt vom Netzwerkeffekt ab. Informieren Sie Freunde und Familie über die Datenschutz-Probleme von WhatsApp und die Vorteile von Alternativen wie Signal.
Kleine Gruppen können als „Early Adopter“ fungieren und andere zum Wechsel motivieren. Dies war bereits 2021 erfolgreich, als Signal durch Mundpropaganda rasant wuchs.
Die Einführung von WhatsApp Werbung markiert das endgültige Ende des ursprünglichen WhatsApp-Versprechens. Was einst als werbefreie, einfache Kommunikationsplattform startete, wird zu einem weiteren Baustein in Metas Werbe-Imperium.
Für Nutzer bedeutet dies eine fundamentale Entscheidung: Akzeptieren sie die zunehmende Kommerzialisierung und Überwachung ihrer Kommunikation, oder wechseln sie zu datenschutzfreundlichen Alternativen?
Die kommenden Monate werden zeigen, ob WhatsApp trotz Werbung seine dominante Stellung behalten kann oder ob – wie schon 2021 – eine größere Nutzerabwanderung zu Signal und anderen Alternativen erfolgt. Eines ist sicher: Die Zeit der kostenlosen, werbefreien Massenkommunikation über Meta-Plattformen geht zu Ende.
Bleiben Sie informiert über die neuesten Entwicklungen in der digitalen Welt und treffen Sie bewusste Entscheidungen über Ihre digitale Privatsphäre. Ihre Daten sind wertvoll – behandeln Sie sie entsprechend.
Derzeit gibt es keine Möglichkeit, WhatsApp Werbung vollständig zu deaktivieren. Meta plant voraussichtlich ein kostenpflichtiges Abo-Modell für werbefreie Nutzung, ähnlich wie bei Facebook und Instagram.
Nein, private Chats, Gruppenchats und Anrufe bleiben werbefrei. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für diese Bereiche bleibt bestehen. Werbung erscheint nur im Status-Bereich.
Signal gilt als sicherste WhatsApp-Alternative mit vollständiger Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, minimalem Datensammeln und gemeinnütziger Finanzierung. Threema bietet zusätzlich anonyme Nutzung ohne Telefonnummer.
WhatsApp bleibt grundsätzlich kostenlos, aber mit Werbung im Status-Bereich. Eine werbefreie Version wird voraussichtlich kostenpflichtig, ähnlich dem 9,99 Euro-Modell bei Instagram und Facebook.
Ein konkreter Zeitplan für Deutschland steht nicht fest. Meta führt Werbung zunächst außerhalb der EU ein und wartet vermutlich rechtliche Klärungen zu DSGVO und Digital Markets Act ab.
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