Einige sehen sie vor allem als interessante dynamische Anlagemöglichkeit zum Spekulieren, andere als problematischen digitalen Klimakiller. Die Rede ist von Kryptowährungen. Ein Blick auf die technischen Details von Bitcoin und Co. zeigt jedoch, dass sowohl das System der digitalen Währungen als auch die für den Netzwerkbetrieb erforderlichen Rechenzentren nachhaltigere Alternativen bieten.
Zweifelsohne: Es ist eine Erfolgsgeschichte. Dümpelte der Bitcoin nach seiner Gründung noch jahrelang im Centbereich, knackte er im Frühjahr nunmehr die 50.000€-Marke. Doch wie viele andere spekulative Anlagen durchlief auch der Bitcoin auf diesem Weg viele Höhen und Tiefen. Nach dem Allzeithoch im April fiel der Kurs um fast die Hälfte auf 30.000€. Mit seinem Gewinnpotential, aber auch mit dem hohen Verlustrisiko steht er nicht alleine. Mangels staatlicher Regulation zeigen sich Kyptowährungen insgesamt volatil und sind bei einigen gerade deshalb so beliebt.
Mit der Beliebtheit von Krypto steigt auch der Energiebedarf für die Produktion und Transaktion der digitalen Währungen. Dies lässt sich exemplarisch an einem Chart des Cambridge Centre for Alternative Finance (CCAF) für den Bitcoin nachvollziehen. Darin ist der Energieverbrauch für das Bitcoin-Netzwerk tagesaktuell abgebildet. In der Hochphase im April diesen Jahres schätze das Modell einen voraussichtlichen jährlichen Stromverbrauch so hoch wie für die gesamte Niederlande (120 Terawattstunden). Nach den letzten Kurseinbrüchen jedoch, hat sich auch diese Prognose um etwa ein Drittel reduziert.
Für die großen Bitcoin-Miner, mit deren enormen Rechnerkapazitäten das immer komplexere Block-Chain-Netzwerk betrieben wird, lohnt sich das Geschäft vor allem bei einem starken Kurs des Bitcoins, den sie als Belohnung für den betriebenen Arbeitsaufwand (Proof-Of-Work) erhalten. Das gilt jedoch nur für denjenigen, dem es als Erstes gelingt einen Block an Transaktionen zu bestätigen und das dezentrale Netzwerk nach den hohen Sicherheitsstandards zu synchronisieren. Der daraus entstehende Wettlauf um die schnellste Rechenleistung beim Schürfen neuer Bitcoins zieht einen eskalierenden Energieaufwand nach sich.
Ein interner Mechanismus vieler Coins sorgt jedoch dafür, dass das Aufrüsten der Rechenpower nicht in einer unkontrollierten Aufwärtsspirale fortschreiten kann. Denn die beliebtesten Währungen wie Bitcoin und Ethereum sind in ihrer Geldmenge begrenzt. Ende Juli waren etwa 18,75 Millionen Bitcoins im Umlauf. Mit 21 Millionen Bitcoins ist die integrierte Obergrenze damit bereits in Sicht. Auch Ethereum, immerhin die zweitbeliebteste unter den digitalen Währungen, kennt ein jährliches Limit von maximal 18 Millionen neu produzierbaren Coins.
Damit dürfte auf absehbare Zeit zumindest das zur Herstellung neuer Coins führende „Mining“ seltener zum Stein des Anstoßes in aktuellen Nachhaltigkeitsdebatten werden. Hinzu kommt, dass sich mittlerweile neue Verfahren für Krypto-Netzwerke etablieren, die den Rechenbedarf deutlich reduzieren. Coins wie Cardano und Polkadot zum Beispiel bauen auf dem Proof-Of-Stake-Mechanismus auf. Ethereum will in einer zweiten Version damit bis Ende 2021 seinen Energiebedarf um 99% reduzieren. Zentral bei dieser Methode ist, dass das Verarbeitungsrecht für den nächsten Transaktions-Block bereits im Voraus zufällig, aber gewichtet nach dem bisherigen Vermögensanteil an dem jeweiligen Coin zugewiesen wird.
Neben einer vorprogrammierten Coin-Limitierung und alternativen Operationsmodi kommen der Umweltbilanz des Krypto-Geldes neue Fortschritte in Sachen Energieeffizienz und -quellen der Rechenzentren zu gute. Denn gerade auf dem Feld des Hochleistungsrechnens, dem High Performance Computing (HPC), welches neben dem Mining für eine Vielzahl anderer digitaler Innovationen wie KI, Big Data oder IoT eingesetzt wird, sind Anbieter schon seit Längerem dabei „grüne“ Lösungen zu entwickeln.
Die Frankfurter Rechenzentrumsbetreiberin Northern Data AG hat für mehr Effizienz eine eigene Management-Software entwickelt, die KI-basiert die eingehenden Workloads auf Multicore-Prozessoren an Standorten weltweit verteilt. Mit der dadurch erreichbaren Parallelverarbeitung auf einer Vielzahl von Chips schaffe man nicht nur eine größere Skalierbarkeit der Leistung, sondern könne Belastungskonzentrationen, die zu einem schnelleren Hardware-Verschleiß und zu einem höheren Kühlungsaufwand führten, vorbeugen.
Bei der Kühlung, die nicht selten ein Drittel des Energiebedarfs der Datenzentren ausmacht, sehen viele Branchenexperten eine entscheidende Stellschraube für eine verbesserte Energiebilanz beim HPC. Einige Anbieter wollen die entstehende Abwärme etwa zum Beheizen von Wohnungen und Büros nutzbar machen, indem sie Wasser zur Kühlung einsetzen. Andere finden neue Lösungen in der IT-Architektur der Rechenzentren.
Wenige Rechenzentren steuern ihre Klimatisierung entlang der tatsächlich benötigten Rechenleistung. Sie berücksichtigen dabei nicht, wie viel Kühlung die Server-Hardware aber auch die genutzte Software tatsächlich braucht, sondern kühlen auf fest definierte Werte herunter, erklärt Stefan Sickenberger, Chief Operation Officer von der Northern Data AG in einem Artikel der Süddeutsche Zeitung vom 15.06.2021.
Zunehmend werden diese je nach Hauptanwendungsbereich differenziert ausgestaltet, indem etwa Abluftströme zur passiven Kühlung bereits in die Planung integriert werden. Und auch bei der Standortfrage orientiert man sich nunmehr verstärkt daran, wo bereits durch niedrigere Außentemperaturen Effizienzgewinne entstehen. Die Nutzung „grüner“ Energie entwickelt sich zu einem Qualitätsmerkmal. Gerade an Orten, wo überschüssige Stromkapazitäten anfallen, sind Rechenzentren willkommene Abnehmer. Eine Studie des CCAF, nach der ca. 76% der Miner bereits erneuerbare Energien verwenden, zeigt, dass die Suche nach nachhaltigeren Lösungen offensichtlich auch die HPC-Branche erfasst hat.
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