Wie Sie Journalisten dazu bringen, Ihnen zuzuhören

PRESSEMITTEILUNG
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Marike Frick arbeitet als freie Journalistin und Medien-Coach. Sie wurde an der Henri-Nannen-Schule ausgebildet und schreibt seitdem unter anderem für DIE ZEIT, Mare, Brigitte Woman, Spiegel Online und Impulse. Auf www.wasjournalistenwollen.de schreibt sie darüber, wie man sein Unternehmen in die Medien bringt – auch ohne teure PR-Agentur.
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Die allermeisten Pressemitteilungen werden nie gelesen – weil Journalisten, wie auch Redakteure davon geradezu überschwemmt werden. Was also tun, um die Aufmerksamkeit von Journalisten zu erlangen? Marike Frick, freie Journalistin über die wichtigsten Do’s und Dont’s für alle, die ihr Unternehmen in die Medien bringen wollen. 

Für uns Journalisten ist es meist wenig erfreulich, morgens ins Postfach zu schauen. Der gemeine Redakteur, der gegen neun, halb zehn in sein Büro kommt und gegen zehn Uhr in der Konferenz sitzen muss, findet etwa 100 E-Mails in seinem Postfach vor. Für jede einzelne hätte er zwischen 20 und 40 Sekunden Zeit. Allein das Öffnen kostet aber ein paar Sekunden, bleiben also noch 15 bis 35 Sekunden. Und dann erwarten ihn dort Textwüsten, seitenweise PR-Text und: schon wieder keine richtige Story.

Für uns Journalisten ist es meist wenig erfreulich, morgens ins Postfach zu schauen.

Marike Frick checkt E-Mails mit PressemitteilungenWeil der Journalist das alles von Vornherein weiß, klickt er eben NICHT jede einzelne E-Mail an. Stattdessen scannt er schnell die Betreffzeilen. Mit etwas Glück bleibt er hier oder da kleben, etwa, wenn er „Themenvorschlag“ liest und danach etwas kommt, das tatsächlich mit seinem Themengebiet zu tun hat.

Alles andere kommt in den digitalen Müll. Ungelesen. Das ist hart für Sie als Verfasser der E-Mail – aber eine sehr wichtige Lektion:

Journalisten. Haben. Keine. Zeit.

Und die meisten Pressemitteilungen sind für sie reine Zeitverschwendung.

Bloß nicht das Produkt anpreisen!

Was also müssen Sie tun, wenn Sie wollen, dass über Sie oder Ihr E-Business geschrieben wird? Wie schaffen Sie es, dass wir Journalisten Ihnen zuhören?

Das ist eigentlich gar nicht schwer. Wir sind nämlich oft händeringend auf der Suche nach guten Geschichten. Sie müssen uns nur welche präsentieren.

Das Problem: Viel zu viele Unternehmer können leider nicht richtig einschätzen, was eine „Geschichte“ ist. Sie preisen ihr Produkt an, schicken einfach immer wieder E-Mails mit Beschreibungen des tollen Online-Shops, der großartigen Plattform und was so neuartig daran ist – und lassen sich selbst völlig außen vor.

Gute Geschichten handeln von Menschen und davon, wie bei ihnen etwas passiert.

Die meisten Artikel leben aber von Personen, nicht von Produkten. Gute Geschichten handeln von Menschen und davon, wie bei ihnen etwas passiert. Das heißt, es muss eine Entwicklung geben: Entscheidungen, die sich vielleicht als falsch herausstellen, Pläne, die scheitern, Hoffnungen, die sich in Luft auflösen. Oder auch: Überraschungen, emotionale Höhepunkte (die noch emotionaler werden, wenn es vorher Schwierigkeiten gab), unglaubliche Zufälle, glückliche Wendungen. Das sind Geschichten, aus denen gute Romane oder Filme bestehen. Ein tolles Produkt zu haben, das ist statisch. Ein tolles Produkt entwickeln zu müssen, mit Höhen und Tiefen, Schwierigkeiten und Verzweiflungen – da ist Bewegung drin. Das wollen die Leute lesen!

Eine gute Chance für Sie: Journalisten suchen Expertenwissen

Eine zweite Möglichkeit, Journalisten für sich zu interessieren, ist das Wissen, das viele Unternehmer geradezu horten. Wer beispielsweise einen Online-Handel für vegane Lebensmittel aufgemacht hat, musste sich mit Inhaltsstoffen beschäftigen, mit Richtlinien der Lebensmittelbranche, und er weiß sicher auch vieles über Laktose-Intoleranz oder Industrielle Tierhaltung (Letzteres vielleicht sogar aus eigener Erfahrung? Das ist immer das Beste!). Dieses Wissen anzubieten bringt so viel mehr, als einfach nur zu sagen: „Guckt mal, toller Online-Handel für vegane Produkte!“ Wenn zum Beispiel gerade eine Debatte über Veganer in Gang ist, ein Gesetz zum Tierschutz diskutiert wird, mal wieder ein Gammelfleisch-Skandal das Land erschüttert – dann haben Journalisten offene Ohren für alle, die ihnen Expertenwissen zum Thema anbieten. Da wird dann auch gern mal eine starke Meinung genommen. Den richtigen Moment für seinen Themenvorschlag abzupassen, das ist mit der wichtigste Tipp, den ich geben kann.

freie Journalistin Marike Frick telefoniert mit Experten
Journalistin holen sich gern Informationen und Wissen von Experten.

Wie also bringt man Redakteure und Journalisten dazu, aufzuhorchen? Indem man ihnen etwas bietet, das sie gerade suchen und das zu ihrer Publikation passt. Sprich: spannende Geschichten, die ihre Leser interessieren, und fundiertes Wissen, das ihre Artikel bereichert. Und indem man es schafft, sein Thema so anzupreisen, das schon im Betreff der E-Mail klar wird:

Hier wartet eine gute Story, kein durchschnittliches PR-Blabla

Als Medien-Coach rate ich deshalb meinen Kunden, Journalisten einzeln zu kontaktieren. Wer eine einzige Pressemitteilung an unzählige Redaktionen abschickt, schießt mit einer Schrotflinte in einen Vogelschwarm hinein: Kann sein, dass ein Treffer dabei ist – aber wenn ja, dann wäre es pures Glück. Die meisten „mit der Schrotflinte“ losgeschickten E-Mails werden wahrscheinlich nie geöffnet. Wer dagegen einen konkreten Journalisten einzeln anschreibt und ihm einen Themenvorschlag mit einer echten Geschichte macht, die genau zu seinem Medium passt, zu einer Rubrik, die er betreut oder einer Serie – der erhöht seine Chancen ungemein, überhaupt erst einmal zu diesem Journalisten durchzudringen (es sozusagen vom Vorzimmer an seinen Schreibtisch zu schaffen).

Wie man elegant das eigene Anliegen unterbringt? So!

Ist man dann erst einmal im Gespräch, dann ist es meist nicht sehr schwer, die persönlichen Geschichten oder das Expertenwissen mit dem eigenen Unternehmen zu verknüpfen. Haben Sie gemerkt, wie ich im letzten Absatz erwähnte, dass ich Medien-Coach bin? Unter uns: Dieser ganze Artikel ist darauf ausgelegt, dass Sie mich als einen solchen Medien-Coach entdecken. Aber damit das funktioniert, habe ich Ihnen erst einmal etwas geboten, das Sie wirklich interessiert. Wäre ich gleich mit der Tür ins Haus gefallen: Es hätte Sie gelangweilt und wie plumpe Werbung gewirkt. Deshalb: Bieten Sie etwas Interessantes – dann wird eine wie nebenbei gemachte Erwähnung Ihres Unternehmens auch tatsächlich wahrgenommen.

Was Sie von nun an tun sollten, um die Aufmerksamkeit von Redakteuren zu erregen:

  • Schauen Sie sich das entsprechende Medium gut an, damit Sie wissen, was dort gesucht wird
  • Suchen Sie nach spannenden Geschichten rund um Ihre Gründung, der Entwicklung Ihres Produkts und Ihren Erfahrungen, und überlegen Sie, was Sie persönlich besonders macht. Oder finden Sie Geschichten von Kunden heraus, deren Leben sich dank Ihres Produktes geändert hat.
  • Überlegen Sie sich, auf welchem Gebiet Sie über besonderes Wissen verfügen, das Sie von anderen abhebt, oder bei welchem Thema Sie eine starke Meinung haben
  • Machen Sie den Redakteur oder die Journalistin schon im Betreff neugierig, indem Sie im Themenvorschlag prägnant auf den Punkt bringen, was Ihre Geschichte ist
  • Halten Sie sich immer kurz. Journalisten haben wenig Zeit!
  • Und wenn Sie lieber telefonieren: Werfen Sie vorher einen Blick auf meine „Ich-rufe-jetzt-einen-Journalisten-an“-Checkliste. Leser dieses Blogs können sie hier kostenlos herunterladen.
  • Ansonsten: Nicht aufgeben! Oft muss man mehrmals „pitchen“, ehe ein Themenvorschlag wirklich passt. Aber es lohnt sich, hier Zeit zu investieren – anstatt in das Schreiben sinnloser Pressemitteilungen.
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