Ohne Künstliche Intelligenz scheint nichts mehr zu funktionieren. Auch in der Unternehmens-IT ist sie endgültig angekommen und zieht enorme Investitionen sowie die volle Aufmerksamkeit von IT-Verantwortlichen auf sich. Doch eine entscheidende Frage ist vielerorts noch offen: Wo zeigt sich eigentlich der konkrete Nutzen? Bislang lässt sich der Erfolg von KI nämlich kaum in Zahlen fassen.
Was hat im nächsten Jahr die höchste Prio für CIOs? Der Softwareexperte Flexera hat über 800 IT-Verantwortlichen weltweit diese Frage gestellt, darunter 200 aus Deutschland. Das Ergebnis überrascht kaum, wenn man die Entwicklungen der letzten Jahre betrachtet: Die klare Nummer eins ist Künstliche Intelligenz. Genauer gesagt: die Integration von KI in bestehende Unternehmenssysteme und Arbeitsprozesse. Ein Drittel der IT-Entscheider sieht laut dem IT Priorities Report 2026 dieses Einbinden von Künstlicher Intelligenz in die Technologie-Umgebung als wichtigstes To-Do. Fast alle Befragten (94 Prozent) sind kontinuierlich auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, KI-Lösungen und -Systeme zu nutzen.

Verglichen mit anderen Technologien wie Cloud, Big Data oder Automatisierung hat KI erstaunlich schnell Einzug in den Arbeitsalltag gehalten. Ob in IT-Abteilungen oder Fachbereichen, intelligente Tools unterstützen heute schon bei Routineaufgaben, beschleunigen Abläufe und sorgen für bessere Nutzererlebnisse. Besonders beliebt sind Chatbots, dicht gefolgt von Coding-Assistenten sowie KI-Anwendungen für Aufgaben- und Projektmanagement.
Wo bleibt der ROI?
So weit, so erfolgreich. Doch trotz der breiten Nutzung bleibt eine Frage offen: Lässt sich der tatsächliche Mehrwert von KI belegen?
McKinsey spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten GenAI-Paradoxon: Künstliche Intelligenz ist in vielen Unternehmen bereits im Einsatz, doch spürbare Effekte bleiben aus. Laut einer Analyse haben rund 80 Prozent der Firmen generative KI in irgendeiner Form eingeführt, doch fast genauso viele sehen bislang keinen messbaren Einfluss auf ihre Geschäftsergebnisse.
Ein Grund dafür liegt im Ungleichgewicht zwischen allgemeinen und spezialisierten Anwendungen. Während Chatbots oder Copilots längst fester Bestandteil des Arbeitsalltags sind, bringen sie oft nur schwer greifbare Vorteile. Dagegen scheitern viele Projekte mit echtem Geschäftspotenzial – etwa funktionsspezifische oder branchenspezifische Lösungen – schon in der Pilotphase. Technische Hürden, organisatorische Reibung, Datenthemen und Unternehmenskultur wirken dabei wie Speedbumps auf der Überholspur der KI-Euphorie.
Auch das Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommt in einem Report zu einem ähnlichen Ergebnis: Trotz Investitionen von rund 30 bis 40 Milliarden Dollar in generative KI verfehlen rund 95 Prozent aller Projekte ihren erhofften Effekt. Mit anderen Worten: Sie bringen keinen messbaren Ertrag. Die Frage nach dem Warum ist vielschichtig. Unzureichende Datenqualität oder fehlender Zugriff auf relevante Informationen sind nur zwei mögliche Gründe.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Sichtbarkeit. Vielen IT-Chefs fehlt schlichtweg der Überblick, wo und wie KI tatsächlich im Unternehmen zum Einsatz kommt. In der Flexera-Umfrage gaben 92 Prozent der IT-Verantwortlichen an, volles Vertrauen in ihre Mitarbeitenden bei der sinnvollen Nutzung von KI-Lösungen zu haben. Das ist bemerkenswert – denn immerhin wissen 45 Prozent nicht genau, wo und für welche Zwecke die Tools tatsächlich verwendet werden. Der KI-Erfolg lässt sich so kaum messen und ein direkter ROI nicht belegen. Fehlende Kennzahlen bedeuten am Ende: Niemand weiß genau, was funktioniert, wo nachjustiert werden muss und wo man sich die nächste KI-Investition sparen kann.
Das Datenproblem: Garbage in, Garbage out
Wenn KI-Projekte ins Stocken geraten, liegt das oft weniger an der Technologie selbst als an den Daten dahinter. Sie sind das Fundament, auf dem alles aufbaut. Doch genau dort wackelt es in vielen Unternehmen schon lange. Schlechte, verstreute oder schlecht gepflegte Daten bremsen den Erfolg, bevor er überhaupt messbar wird. Das ist längst kein rein technisches Thema, sondern ein strategisches Risiko auf Vorstandsebene. Denn wer auf wackligen Daten aufbaut, riskiert, Millionen in die falschen Systeme zu investieren oder Entscheidungen zu treffen, die auf Sand stehen.
Viele Unternehmen investieren deshalb massiv in Tools, um mehr aus ihren Daten herauszuholen – also Rohinformationen in echtes Wissen zu verwandeln. Doch der Zugriff allein reicht nicht. Zwar verfügen die meisten längst über ausgefeilte Dateninfrastrukturen, doch deren Nutzung ist oft alles andere als reibungslos. Laut Flexera sind 36 Prozent unzufrieden mit der Qualität der Daten, die sie bekommen, und fast die Hälfte (48 Prozent) fühlt sich von der schieren Menge schlicht überfordert. Daten sind im Überfluss vorhanden. Sie zu verstehen, bleibt eine andere Geschichte.
Auch die Art der verfügbaren Daten spielt eine entscheidende Rolle. Nutzungs-, Performance- und Bestandsdaten liegen in den meisten IT-Abteilungen meist problemlos vor. Schwieriger wird es dagegen beim Zugriff auf Informationen zu IT-Lifecycle, Verträgen, Nachhaltigkeit oder Sicherheit. Gerade diese Datensätze sind jedoch entscheidend, wenn es um Compliance und Risikomanagement geht. Fehlender Zugriff erhöht hier schnell das Risiko von Dokumentationslücken bei Audits, Vertragsverstößen oder Sicherheitsvorfällen. Das gilt insbesondere in stark regulierten Branchen und Unternehmen im KRITIS-Umfeld. Gleichzeitig sind genau diese Daten zunehmend entscheidend für strategische Initiativen wie KI, die auf vielfältige und qualitativ hochwertige Informationen angewiesen sind.
Vom Datensalat zur Datenstrategie
Um aus Daten echten Mehrwert zu ziehen, brauchen Unternehmen mehr als nur Zugriff. Sie brauchen Struktur und hohe Datenqualität, um verarbeitet werden zu können. Der Schlüssel liegt darin, Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Einheitliche Dateninventare und konsolidierte Plattformen schaffen hier den Überblick. Noch effektiver wird es, wenn diese Daten direkt in bestehende Tools integriert sind, zum Beispiel in IT-Service-Management-Systeme (ITSM), Enterprise-Architektur oder Workflow-Plattformen. So landen Informationen genau dort, wo sie gebraucht werden, anstatt in Datensilos zu versanden.
Das allein reicht für eine erfolgreiche KI-Integration jedoch nicht aus. Denn KI ist nicht einfach nur ein Werkzeug, sondern eine organisatorische Fähigkeit, eine strategische und disziplinierte Denkweise, die im ganzen Unternehmen gelebt werden muss. Neben den reinen Technologieinvestitionen heißt es daher, Kompetenzen, Governance-Strukturen und Verantwortlichkeiten aufzubauen. Erst dann kann aus dem Hype echte Wirkung sichtbar werden.






