Mittelständische Betriebe sehen sich der Mammutaufgabe „Digitalisierung“ gegenüber. Sie müssen das für sich geeignete Digitalkonzept finden, organisieren und umsetzen. Hierbei möchte sie die Digicon unterstützen. Mitbegründerin Prof. Dr. Claudia Linnhoff Popien erklärt Irmela Schwab auf lead-digital.de vorab ihre Vision von einem digitalen Mittelstand. Hierbei geht sie auf die Chancen ein, die die Digitalisierung kleinen Betrieben bietet, und zeigt die Aufgaben auf, die solche Unternehmen jetzt zu bewältigen haben.
Vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist gar nicht bewusst, was die Digitalisierung für sie persönlich bedeutet. Während sich große Betriebe eigene Digitalexperten leisten, die sich ausschließlich um dieses Thema kümmern, fehlen den kleineren Unternehmen hierfür häufig die Ressourcen. Sie müssen sich daher ein individuelles Digitalisierungskonzept erstellen, das auf ihre eigene Situation und ihre jeweiligen Möglichkeiten zugeschnitten ist. Das ist aber schwierig, da die Digitalisierung ein kompliziertes Feld ist und quasi parallel zu den Alltagsaufgaben und dem Kerngeschäft umgesetzt werden muss.
Ein erster Schritt besteht darin, die Digitalisierung als wichtige Aufgabe anzuerkennen und erste Schritte zu ihrer Umsetzung in die Wege zu leiten. Das bedeutet zum Beispiel, verschiedene Inhalte zu digitalisieren und neue Technologien für den eigenen Onlineshop zu nutzen. Die Digitalisierung des Mittelstands darf dann aber nicht stehenbleiben. Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, gerät schnell ins Hintertreffen. Vielmehr müssen Strategien gefunden werden, um den Betrieb jeden Tag ein bisschen mehr zu digitalisieren, um so langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Für Claudia Linnhoff-Popien setzt sich die Digitalisierung aus drei Phasen zusammen. In der ersten Phase geht es um die internen Prozesse. Diese müssen so optimiert sein, dass die angebotenen Produkte und Dienstleistungen von der Zielgruppe gefunden und mittels eines einfachen Bestellvorgangs verbindlich gekauft werden können. In dieser Phase geht es vor allem darum, analoge Prozesse zu digitalisieren, Automatisierungsprozesse zu implementieren und die getroffenen Maßnahmen regelmäßig zu prüfen und anzupassen.
In der zweiten Phase setzen Innovationsprozesse ein. Es geht darum, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die für die Zielgruppe interessant sind. Hierfür muss der Markt genau beobachtet werden. Es bringt nichts, ein Produkt anzubieten, für das keine Nachfrage besteht. Andererseits dürfen keine neuen Technologien in der Schublade verschwinden, nur weil fälschlicherweise eingeschätzt wird, dass diese keine Zukunft hätten. So geschehen bei der Firma Kodak, die als erste eine Digitalkamera entwickelte, die Entwürfe aber nicht umsetzte und hierdurch von der Konkurrenz gnadenlos überrollt wurde.
In der dritten Phase schließlich muss das Unternehmensimage optimiert werden. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft unternehmensinterne Innovationsprozesse und positive Strategien wie ökologisches Wirtschaften erkennt und goutiert. Es geht also darum, Imagekampagnen zu starten und die eigenen Erfolge und Digitalisierungsmaßnahmen stolz nach außen zu tragen. Mittelständische Unternehmen, die diese drei Phasen erfolgreich durchlaufen, können selbst mit größeren Konkurrenten durchaus mithalten.
Damit die Digitalisierung des Mittelstands gelingt, müssen laut Claudia Linnhoff-Popien verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Zum einen müssen die für das eigene Digitalisierungskonzept geeigneten Technologien ausgewählt und implementiert werden. Hierbei ist zu beachten, dass es nicht d i e eine Technologie für jedes Unternehmen gibt. Je nach Unternehmensansatz müssen jeweils andere Techniken zum Einsatz kommen. Ebenso ist es intern oft sinnvoll, in verschiedenen Abteilungen jeweils andere Hilfsmittel und Technologien einzusetzen. So ist die künstliche Intelligenz (KI) in der Produktion oft von besonders großer Bedeutung, wohingegen sie bei den Human Resources (HR) weniger stark zum Einsatz kommt.
Des Weiteren müssen die Mitarbeiter auf die Digitalisierung eingeschworen werden. Linnhoff-Popien vergleicht diesen Prozess mit der Entwicklung der Schrift. Bisher wurde jede Art der Kommunikation mündlich durchgeführt. Wenn in Zukunft Schrift verwendet werden soll, genügt es nicht, Stifte, Papier und Tastaturen zu kaufen. Vielmehr müssen die Mitarbeiter angeleitet werden, wie man Stifte benutzt, wofür Papier gut ist und wie eine Tastatur arbeitet. Des Weiteren müssen alle Unternehmensbereiche dieselbe Schrift und Sprache verwenden, da eine Kommunikation sonst unmöglich wird. Dieses Vorgehen lässt sich auf den digitalen Wandel übertragen. Die beste Technologie nützt nichts, wenn die Mitarbeiter damit nicht umgehen können.
Damit die Digitalisierung des Mittelstandes ein Erfolg wird, müssen bereits heute die richtigen Weichen gestellt werden. Das gelingt nur mit innovativen Unternehmen, die Mut für neue Wege beweisen. Wie diese neuen Wege aussehen, lässt sich aber leider nicht verallgemeinern. Die Digitalisierung des Mittelstands ist die Summe der Digitalisierung aller Einzelunternehmen. Die Wege zur individuellen Digitalisierung können aber durchaus variieren und teils sehr unterschiedliche Formen annehmen. Wichtig ist allerdings, die Digitalisierung aktiv in Angriff zu nehmen und sich feste Ziele für deren Umsetzung zu setzen. Kleine Zwischenziele (in einem Jahr wollen wir diesen oder jenen Digitalisierungsprozess abgeschlossen haben) sind hierbei ebenso entscheidend wie ein großes, langfristiges Digitalisierungskonzept.
Ebenfalls bedeutsam ist der Umgang mit den Mitarbeitern. Viele fürchten sich vor den Folgen der Digitalisierung und davor, dass sie ihren Arbeitsplatz vernichten könnte. Solche Ängste müssen aufgegriffen und aus der Welt geschafft werden. Außerdem sind die Sammlung von Fachwissen und Investitionen in neue Technologien und Geräte wichtige anstehende Aufgaben. Hierbei muss jedes mittelständische Unternehmen die eigenen Kapazitäten im Auge behalten. Die Digitalisierung durch eine massive Verschuldung zu finanzieren, ist in der Regel wenig sinnvoll. Stattdessen müssen Wege gefunden werden, wie mit den begrenzten Ressourcen ein größtmöglicher Digitalisierungserfolg zu erreichen ist.
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