Angesichts der digitalen Transformation durchläuft die Finanzbranche Dr. Hansjörg Leichsenring vom bank-blog.de zufolgeank-blog.de zufolge aktuell die fünf Phasen der Trauer und des Sterbens. Alles sieht danach aus, als hätte sie endlich die letzte Phase erreicht, die einen Neuanfang ermöglicht: die Akzeptanz. Denn nur wenn sie die neuen Spielregeln einer digitalen Welt akzeptiert, wird die Finanzbranche weiter im Spiel bleiben und in Zukunft von Relevanz sein. Große Hoffnungen setzen viele Unternehmen aktuell in den Chief Digital Officer (CDO) und seine Vision von der Digitalisierung.
Die fünf Phasen der Trauer und des Sterbenser und des Sterbens sind ein Modell, das auf die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross zurückgeht. Sie hat fünf typische Phasen ausgemacht, die todkranke Menschen und deren Angehörige von der Diagnose einer Krankheit bis zum Tod durchlaufen. Diese Phasen sind das Leugnen, die Wut, das Verhandeln, die Depression und die Akzeptanz. Zunächst wird die Krankheit geleugnet und so getan, als handele es sich um eine Fehldiagnose. Man spricht einfach nicht über das Thema. Dann werden die Beteiligten wütend. Diese Wut kann zielgerichtet sein (gegen Familienangehörige die weiterleben) oder der Welt im Allgemeinen gelten. Dann wird versucht zu feilschen, um durch gute Taten von der Krankheit befreit zu werden. Anschließend verfallen die Betroffenen einer Depression, bevor sie in der Lage sind, die Situation zu akzeptieren.
Angesichts der Digitalisierung durchläuft die Finanzbranche ähnliche Phasen. Bis vor wenigen Jahren haben zahlreiche Unternehmen und deren Vorstände die Digitalisierung noch kleingeredet. Sie meinten, nicht betroffen zu sein und sich nicht ändern zu müssen. Dann mussten sie wütend feststellen, dass sich ihr gesamtes Geschäftsfeld verändert und die Konkurrenz anders arbeitet als zuvor. Nun wurde versucht zu feilschen und die Digitalisierung in das bestehende Geschäftsmodell zu integrieren. Als das nicht die gewünschten Erfolge (Ertragssteigerungen und Kostensenkungen) brachte, verfielen die Unternehmen einer Depression und verloren die Hoffnung in eine erfolgreiche digitale Transformation. So langsam erreicht die Branche die Phase der Akzeptanz und versucht, ein eigenes Digitalkonzept erfolgreich zu entwickeln und umzusetzen.
Diese Parallelen zeigen, dass die Finanzbranche, wie wir sie kennen, ausgedient hat. Sie hat eine Todesnachricht bekommen und wird innerhalb der nächsten Jahre vermutlich sterben. Die digitale Transformation verändert die Welt im Allgemeinen und die Branche im Speziellen so sehr, dass althergebrachte Methoden und Strategien nicht mehr zum Ziel führen. Es ist an der Zeit, dass die betroffenen Betriebe diese Wahrheit akzeptieren und sich auf die neuen Anforderungen einer digitalisierten Welt anpassen. Sie müssen bereit sein, das Alte gehenzulassen und sich dem Neuen zu öffnen. Solange die Branche hierzu nicht bereit ist, werden alle Digitalmaßnahmen ein Tropfen auf dem heißen Stein sein und im Sande verlaufen. Denn so wenig man neuen Wein in alte Schläuche füllt, so wenig funktioniert die Digitalisierung in einer analogen Welt.
Der Hauptgrund, der die Finanzbranche in eine depressive Phase gestürzt hat, war die Tatsache, dass viele Unternehmen die Digitalisierung nur halbherzig angegangen sind. So besitzen mittlerweile zwar 79% der Geldinstitute eine Digitalagenda, doch nur 33% setzen diese mit konkreten Maßnahmen aktiv um. Entsprechend konnte die digitale Transformation die teils astronomischen Erwartungen nicht erfüllen. Die Banken gingen davon aus, dass einige einzelne Digitalisierungsmaßnahmen zu höheren Umsätzen bei geringeren Kosten führen würden und waren von den teils mageren Ergebnissen enttäuscht. Die Folge: Viele Unternehmen, deren Leitung und die Belegschaft haben das Vertrauen in die digitale Transformation verloren. Sie glauben nicht mehr so recht daran, dass die Digitalisierung ihnen tatsächlich Vorteile bringen wird. Entsprechend investieren sie weiterhin zu wenig Zeit und Geld in geeignete Digitalmaßnahmen. Dieser Teufelskreis hält nun schon einige Jahre an.
Für viele Unternehmen der Finanzbranche ist der cdo der Lichtblick am Ende des Tunnels. Viele Firmen setzen einen CDO ein und beauftragen ihn mit der erfolgreichen Umsetzung der digitalen Transformation. Das ist ein guter Schritt, allerdings dürfen nicht noch einmal zu hohe Erwartungen das Leistungspotenzial des CDOs beeinträchtigen. Es ist wichtig, nicht zu viel zu erwarten, da falsche Hoffnungen immer enttäuscht werden. Ein CDO ist selbst mit noch so großen Kompetenzen nämlich nicht in der Lage, den digitalen Wandel allein zu stemmen. Stattdessen ist es wichtig, realistische Erwartungen an die Arbeit eines CDOs zu richten und ihn bei der Umsetzung seiner Digitalagenda zu unterstützen.
Die erfolgreiche Arbeit des CDOs hängt davon ab, dass sich das Unternehmen der Digitalisierung und der damit verbundenen Aufgaben tatsächlich verschreibt. Die CDO-Stelle darf kein Vorwand für die anderen Abteilungen und die Unternehmensführung sein, um sich mit der Digitalisierung nicht auseinandersetzen zu müssen. Außerdem muss der digitale Wandel als das verstanden werden, was er tatsächlich ist: ein niemals endender Prozess. Die digitale Transformation kommt niemals zu einem Ende, sondern läuft immer weiter. Entsprechend ist die Arbeit eines CDOs niemals ganz beendet, sondern muss langfristig weitergeführt werden. Nur dieser Weg bietet der Finanzbranche die Chance, sich neu zu erfinden und in einer digitalen Welt zu überleben. Es bleibt abzuwarten, ob sie zu der Verwandlung in einen Schmetterling bereit ist oder ob die Raupe noch zu große Angst vor dem Sterben hat, um sich zu verändern.
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