Eine gängige These besagt, dass sich durch die Digitalisierung die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen reduzieren und gleicher Lohn für gleiche Arbeit möglich würde. Aktuelle Daten des statistischen Bundesamtes legen jedoch eine andere Schlussfolgerung nahe. So sind gerade in digitalisierten Berufen die Gehaltsunterschiede bei den Geschlechtern oft besonders stark ausgeprägt. Reine Digitalisierung sorgt somit nicht für Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt.
Die Linken-Fraktion hat eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Ziel dieser Anfrage war es, zu erfahren, wie sich die Gehaltsentwicklung bei Männern und Frauen im Zeitalter der Digitalisierung darstellt. Die Daten zu dieser Anfrage stammen vom statistischen Bundesamt und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Ergebnisse der Berechnung zeigen deutlich, dass nach wie vor große Unterschiede bei den Gehältern von Männern und Frauen vorliegen. Das ist branchenübergreifend der Fall, wobei hochqualifizierte Tätigkeiten vor allem betroffen sind.
Große Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sind insbesondere in hochqualifizierten Berufen mit einem hohen Digitalisierungsgrad anzutreffen. Vor allem in der IT-Technik verdienen Männer nach wie vor deutlich mehr als Frauen. Anders sieht es in weniger hochqualifizierten Berufen mit geringerem Digitalisierungsgrad aus. Hier sind die Gehaltsunterschiede deutlich geringer. Das liegt der Untersuchung zufolge vor allem daran, dass in Branchen wie dem Gastgewerbe der Anteil an Frauen merklich größer ist als in anderen Bereichen. Entsprechend gleichen sich die Löhne hier an.
Im verarbeitenden Gewerbe verdienen Männer im Durchschnitt 133 Euro pro Tag, wohingegen es in der IT- und Kommunikationsbranche sogar 170 Euro sind. Hiermit liegen diese Verdienste 33% beziehungsweise 38% über den Löhnen, die Frauen in diesen Bereichen erhalten. In anderen Branchen sind die Unterschiede deutlich geringer. So verdienen Männer im Handel etwa 115 Euro pro Tag und im Gastgewerbe etwa 71 Euro am Tag. Diese Löhne sind um etwa 31% beziehungsweise 15% höher als die von Frauen in vergleichbaren Berufen.
Die Digitalisierung allein ist also kein Allheilmittel gegen Ungerechtigkeiten am Arbeitsmarkt. Im Gegenteil sind stark digitalisierte Berufe scheinbar dafür prädestiniert, vorhandene Ungleichheiten zu erhalten oder sogar noch zu vertiefen. Ein großes Problem liegt nach wie vor darin, dass in der IT- und Kommunikationsbranche der Anteil an Frauen noch zu gering ist. Eine wichtige Aufgabe besteht deshalb darin, Frauen für solche Berufe zu begeistern. Das geht vor allem dann, wenn die Löhne fair und gerecht sind. Hier stellt sich wieder einmal die Frage, ob zuerst das Huhn oder das Ei da war. Müssen die Berufschancen verbessert werden, um Frauen für diese Branchen zu begeistern? Oder müssen sich mehr Frauen für diese Berufe begeistern, damit sich die Arbeitsbedingungen verbessern? Wichtig ist auf jeden Fall, die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung aktiv zu nutzen, um für mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu sorgen. Von selbst ergeben sich in diesem Bereich nämlich definitiv keine Verbesserungen.
Um Ihnen ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn Sie diesen Technologien zustimmen, können wir Daten wie Ihr Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn Sie Ihre Zustimmung nicht erteilen oder widerrufen, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.