„Vereinbarkeitsstress“ vermeiden – klare Regeln für Home-Office und Schule

Der Soziologe und Arbeitsmarktforscher Werner Eichhorst hat im Deutschlandfunk ein Interview gegeben, in dem er zu große Erwartungen an die Möglichkeiten des Home-Office dämpfte. Er sprach davon, dass beim Arbeiten zu Hause durch klare Regeln ein „Vereinbarkeitsstress“ vermieden werden müsse. Außerdem sehe er durch diese Art des Arbeitens die innerbetriebliche Kommunikation gefährdet. Ähnliches gelte auch für viele Bildungseinrichtungen.

Die deutsche Wirtschaft wird immer digitaler

In seinem Interview sieht es Eichhorst durchaus positiv, dass die deutsche Wirtschaft immer digitaler wird. Er betont, dass es weitestgehend die digitalen Strukturen seien, die es Betrieben ermöglichten, während der Corona-Krise ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Ebenso hält er es für eine gute Entwicklung, dass die Schulen und Universitäten im Bereich der Digitalisierung nun investierten. Durch die Pandemie würden aktuell Dinge im Bereich der digitalen Transformation ausprobiert, für die sonst einfach nicht die Zeit oder das Geld zur Verfügung gestanden hätte.

Eichhorst sieht in der digitalen Vernetzung das größte Betätigungsfeld von Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Nur dadurch, dass die verschiedenen Bereiche miteinander vernetzt seien, könne während der Krise eine Art der Zusammenarbeit aufrechterhalten und die Kommunikation untereinander fortgeführt werden. Allerdings betont er auch, dass die Digitalisierung im Bildungswesen viel zu langsam voranschreite und dass noch ein weiter Weg zu gehen sei.

„Vereinbarkeitsstress“ muss vermieden werden

Bei allen Vorteilen, die die digitale Transformation von Unternehmen mit sich bringt, warnt Eichhorst dennoch vor überzogenen Erwartungen an das Arbeiten im Home-Office. Er betont, dass es in vielen Fällen äußerst schwierig sei, das Familienleben mit dem Arbeitsleben in Einklang zu bringen. Das gelte nicht obwohl, sondern gerade weil viele Familien in der aktuellen Krise auf sehr engem Raum dicht beieinander wären. Für Berufstätige sei es häufig schwierig, Beruf und Familie so voneinander zu trennen, dass beide Bereiche zu ihrem Recht kämen, ohne sich gegenseitig zu behindern.

Deswegen sieht Eichhorst auch im Home-Office die Notwendigkeit gegeben, eine klare Trennung von Arbeitsbereich und Wohnbereich vorzunehmen. Die Eltern müssten klare und feste Arbeitszeiten haben, in denen sie für die restlichen Familienmitglieder nicht zur Verfügung stünden. Ohne solche klaren Regeln würden die beiden Lebensbereiche miteinander verschwimmen und es käme zu einem sogenannten „Vereinbarkeitsstress“. Die Betroffenen würden versuchen, beide Lebensbereiche, die an sich nichts miteinander zu tun haben, innerhalb des Home-Office miteinander in Einklang zu bringen und müssten quasi zwangsläufig scheitern. Deswegen sei das Home-Office nicht das Allheilmittel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier müssten neue, weitreichende Lösungen gefunden werden.

Keine konkreten Zahlen für die Investitionshöhe im Home-Office

Damit die digitale Transformation der Unternehmen und der Bildungseinrichtungen gelingt, sind dringend umfassende Investitionen nötig. Eichhorst legt sich jedoch nicht auf konkrete Zahlen fest. Er sagt, dass es im Ermessen eines jeden Betriebs liegen solle, wie viel Geld in den Ausbau der digitalen Infrastruktur und das Equipment von Home-Offices investiert werden muss. Einige Betriebe hätten einen höheren Investitionsbedarf, während andere mit geringeren Geldmitteln auskämen. Eine konkrete Zahl sei deshalb wenig hilfreich.

Allerdings betont Eichhorst auch hier, dass das Home-Office nicht die Paradelösung schlechthin sei. Er befürchtet, dass durch eine Intensivierung des Arbeitens von zu Hause aus die Kommunikation der Belegschaft untereinander leiden könne. Der persönliche Kontakt sei für ein effizientes Arbeiten sehr wichtig, weswegen er in einem ausschließlichen Arbeiten von zu Hause aus nicht den Idealfall sehe. Ähnliches gelte für das Bildungssystem. Es sei einfach wichtig, dass sich Schülerinnen und Schüler sowie Studierende persönlich begegneten und zusammen lernten. Das sei unter anderem eine zentrale Voraussetzung, um soziale Unterschiede abzufedern und dafür zu sorgen, dass alle die gleichen Chancen bekämen.

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