Gedächtnis der Nation – digitale Erinnerungen erschaffen

Das Projekt „Gedächtnis der Nation“ sammelt Zeitzeugenberichte und stellt sie einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Seit März 2020 können die Angebote kostenlos genutzt werden. Das Ziel dieses Projekts und vieler Bibliotheken ist es, ein Vergessen unmöglich zu machen und nachweisbare Fakten für die Wissenschaft bereitzustellen. Hierbei spielen digitale Medien eine immer größere Rolle und auch die Anwender fragen digitale Angebote immer stärker nach. Eine Lösung für das in vielen Bibliotheken vorherrschende Platzproblem bietet die Digitalisierung allerdings nicht.

Die Idee hinter dem „Gedächtnis der Nation“

Das „Gedächtnis der Nation“ ist ein Projekt, das das ZDF 1998 ins Leben gerufen hat und das bis heute aktiv vorangetrieben wird. Die Idee besteht darin, Zeitzeugenberichte zu aktuellen und vergangenen Ereignissen zu sammeln und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im Rahmen von Interviews werden persönliche Meinungen und Ansichten zusammengetragen und wertfrei zur Verfügung gestellt.

Vor allem Schulen und Universitäten sollen von dem so gesammelten Material profitieren. Nachfolgende Generationen haben dann auch nach dem Tod ihrer Vorfahren die Möglichkeit, von deren Erfahrungsschatz zu profitieren und einen Einblick in deren Lebenswelt zu gewinnen. Es geht darum, festzuhalten, welche Themen die Menschen und den öffentlichen Diskurs geprägt haben und prägen, um Voraussagen für die Zukunft tätigen zu können. Das Projekt hat somit einen klar wissenschaftlichen Anspruch und möchte Geschichte greifbar machen und vor Fake News und Falschmeldungen schützen.

Seit März 2020 sind die Angebote kostenlos

Seit März 2020 verfolgt das „Gedächtnis der Nation“ einen noch breiteren Ansatz als bisher. Seit diesem Monat müssen Anwender nämlich nicht mehr bezahlen, wenn sie auf die vorhandenen Daten und Informationen zugreifen wollen. Hierdurch soll das Projekt geöffnet und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Michael Fernau, der Direktor der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) in Leipzig spricht davon, dass man den Appetit wecken müsse, um das Projekt zu einem Erfolg zu machen. Das Ziel der Öffnung des Projekts bestehe darin, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die Nutzen die Verwendung der verfügbaren Daten erschweren könnten.

Dieser Schritt könnte gerade noch rechtzeitig gekommen sein. Denn gerade in Zeiten von corona haben die Menschen Zeit, sich mit verschiedenen Inhalten zu beschäftigen und diese auszuwerten und für ihre Arbeit zu nutzen. Das gilt für Schüler und Studenten aber auch für Journalisten und Wissenschaftler. Zudem sind die Bibliotheken aufgrund der aktuellen Situation geschlossen, sodass die darin enthaltenen Bücher nicht mehr genutzt werden können. Gerade jetzt ist es deswegen wichtig, auf digitale Inhalte zurückgreifen zu können, die verlässlich und geprüft sind. Denn ein großer Anspruch des Projekt ist es, gezielt gegen Fake News vorzugehen und sicherzustellen, dass die deutsche Geschichte in nachweisbaren und überprüfbaren Daten zur Verfügung steht.

Vergessen unmöglich machen

Ein Anliegen des „Gedächtnis der Nation“ und der DNB ist es, ein Vergessen weitestgehend unmöglich zu machen. Alle verfügbaren Informationen sollen gesammelt, aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise könnte eine Übersicht darüber entstehen, welche Diskurse aktuell geführt werden und welche Themen in der Vergangenheit für die Gesellschaft besonders interessant waren. Die Vorsteherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, spricht davon, dass die DNB „Teil unseres kulturellen Gedächtnisses“ sei. Was die Gesellschaft weiß, wie sie denkt und welche Informationen sie nutzt sei durch solche Projekte und Bibliotheken greifbar.

Digitale Medien werden für Bibliotheken immer wichtiger

Die Digitalisierung spielt für die DNB und das Gedächtnis der Nation eine immer größere Rolle. Denn seit 2006 werden nicht nur haptische Medien gesammelt, sondern auch elektronische und digitale. Der Gesetzgeber hat hierfür die bestehenden Gesetze angepasst, damit die Bibliotheken ihrem neuen Auftrag gerecht werden können. Mittlerweile ist es so, das Bibliotheken jeden Tag etwa 1.000 haptische und 6.000 digitale Medien bekommen, die ihren Schatz an Informationen erweitern. Im Jahr 2005 war die Zahl der elektronischen Informationen noch so überschaubar, dass Bibliothekare sie alle kannten. Inzwischen ist die Zahl so rasant gestiegen, dass eine Übersicht kaum noch möglich ist.

Digitale Angebote werden rege genutzt

Die Menschen interessieren sich für die digitalen Angebote der Bibliotheken und das „Gedächtnis der Nation“. Allein im Jahr 2019 wurden 10,6 Millionen Zugriffe auf digitale Inhalte verzeichnet, berichtet Theresa Held auf heise.de. Gerade einmal 175.000 dieser Zugriffe erfolgten direkt aus den Bibliotheken heraus. Das bedeutet, dass viele Menschen von überall in Deutschland und der Welt aus die Inhalte nutzen und für ihre Arbeiten und Projekte verwenden. Im wissenschaftlichen Bereich sind zum Beispiel E-Books und Dissertationen stark nachgefragt, weil aus diesen in den eigenen Arbeiten zitiert werden soll.

Die Urheber der einzelnen Werke können frei darüber entscheiden, wie mit ihren Artikeln, Büchern und Inhalten umgegangen wird. Einige erlauben eine digitale Bereitstellung, andere wollen lediglich in Buchform präsent sein. Andere gehen einen Mittelweg und erlauben eine digitale Nutzung ein paar Jahre nach der Veröffentlichung. Denn es zeigt sich, dass Inhalte und Autoren umso häufiger zitiert werden, je größer die Zahl der Kanäle ist, auf denen die Publikationen zur Verfügung stehen.

Für eine bessere Übersicht werden zu allen verfügbaren Inhalten Inhaltsverzeichnisse erstellt. Diese dienen als Überblick für die Nutzer und helfen ihnen bei der Einschätzung, ob ein Buch oder Artikel für ihre Zwecke relevant ist. Mit 32.000 Zugriffen pro Tag, also rund 11,7 Millionen Zugriffen in 2019, sind diese Inhaltsverzeichnisse sehr stark nachgefragt.

Eine Lösung für das Platzproblem ist die Digitalisierung nicht

Eine Eigenart aller Bibliotheken ist, dass sie wachsen. Es geht ja gerade darum, möglichst viele Informationen zu sammeln und bereitzustellen. Deswegen werden Inhalte nicht nach einer bestimmten Zeit ausgetauscht oder entsorgt, sondern alles soll allen jederzeit zur Verfügung stehen. Das hat zur Folge, dass der Platzbedarf von Bibliotheken kontinuierlich wächst. Die haptischen Inhalte müssen untergebracht und gepflegt werden, wenn ihre Inhalte den Nutzern etwas bringen sollen. Es bestand die Hoffnung, dass sich dieses Problem durch digitale Technologien entschärfen lasse.

Es zeigt sich nun, dass diese Hoffnung trügerisch war. Denn eine Lösung für das Platzproblem stellt die Digitalisierung nicht dar. Der Bedarf an haptischen Büchern ist nach wie vor ungebrochen. Daher benötigt die DNB bald einen zusätzlichen Anbau, der nach dem Anbau von 2010 bereits der Fünfte wäre. Hierbei hat die Sicherheit der verfügbaren Bücher eine hohe Priorität. Das gilt nicht zuletzt auch für die digitalen Inhalte. Diese werden nicht nur auf den eigenen Servern, sondern auch auf externen Servern gespeichert. So soll einem Verlust entgegengewirkt werden.

 

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