Der Einzelhandel stirbt: Ursachen und Lösungen für das Leid des stationären Handels

Das Filialsterben hat in den USA bereits erschreckende Formen angenommen. Das hat viele Ursachen, die von einem Überangebot bis hin zum Onlinehandel reichen. Sollten keine grundsätzlichen Änderungen im Angebot der Einzelhändler unternommen werden, droht diese Entwicklung auch Deutschland und Europa. Service ist das Zauberwort, mit dem sich der stationäre Handel vom E-Commerce unterscheiden kann, und auch Multichannel sollte nicht unterschätzt werden.

GESCHÄFTESTERBEN IN DEN USA: DROHT DIE „RETAIL-APOKALYPSE“ AUCH IN DEUTSCHLAND? – titelt t3n.de

Das Wegsterben des stationären Handels in den USA

In den ersten drei Quartalen im Jahr 2017 stehen 3.000 Neueröffnungen 6.800 Schließungen ganzer Geschäfte beziehungsweise einzelner Filialen gegenüber. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, ist vom stationären Einzelhandel im Land der begrenzten Unmöglichkeiten bald nichts mehr übrig. Und das angesichts einer florierenden Wirtschaft und immer neuen Rekorden im Onlinehandel. Der Einzelhandel wächst und wächst, allerdings scheinen die Fußgängerzonen weltweit von diesem Wachstumsschub nichts abzubekommen. Schon jetzt ist von einer „Retail-Apokalypse“ die Rede, die spätestens dann einsetzen wird, sobald die großartige Konjunktur, die aktuell vorherrscht, einbricht.

Droht eine solche Entwicklung auch hierzulande?

Tendenziell ist das in den USA offensichtliche Filialsterben auch hierzulande im vollen Gange. Denn auch in Deutschland kommt von den Rekordumsätzen und dem beeindruckenden Wachstum des Einzelhandels kaum etwas in den stationären Filialen der Republik an. Kunden scheinen vom klassischen Verkaufsmodell der Geschäfte nicht mehr überzeugt und lächeln zum Beispiel müde, wenn ihnen ein Buchhändler anbietet, ein Buch bis zum nächsten Tag zu bestellen. Dass aktuell noch kein Massensterben der Geschäfte eingesetzt hat, liegt an den momentan sehr guten Konjunkturdaten. Sobald diese aber einbrechen, wird Bloomberg zufolge auch der stationäre Handel in Deutschland nach und nach das zeitliche Segnen. Denn wie in den Bundesstaaten der USA gibt es auch in den Bundesländern der Bundesrepublik teils große Unterschiede, was sich zum Beispiel an den Versorgungslücken außerhalb der Ballungsräume bemerkbar macht.

Es gibt viele Ursachen für diese Situation

Es liegt nahe, dem bösen Onlinehandel die Schuld an dieser Entwicklung zu geben. Und tatsächlich bestellen viele Kunden lieber gemütlich von der Couch aus oder nutzen die Zeit auf dem Klo, um einzukaufen und Bestellungen zu tätigen. Und so sehr der stationäre Handel leidet, so rasant fährt der Onlinehandel ein Rekordergebnis nach dem anderen ein. Diese Sicht ist nicht falsch, sie greift jedoch zu kurz. Denn es gibt eine Vielzahl an Ursachen für diese Entwicklung.

Unter anderem hat eine Sättigung des Marktes stattgefunden. Wenn in einem einzigen Kaufhaus sieben Handygeschäfte und sechs Optiker zu finden sind, dann haben irgendwann nicht mehr genug Menschen ein Kommunikationsbedürfnis oder einen Sehfehler, um allen Anbietern das Überleben zu sichern. Außerdem haben gerade in den USA viele Händler in der Hoffnung, dass die Geschäfte schon immer rosig laufen würden, Kredite aufgenommen, die ihnen irgendwann das Genick brechen. Diese Situation herrscht in Deutschland in viel geringerem Maße vor, sie könnte aber ebenfalls zum Problem werden.

Das sollte der Einzelhandel jetzt tun

Um wenigstens eine Hoffnung zu haben, aus dieser Situation lebend herauszukommen, muss sich der stationäre Einzelhandel auf seine Kernkompetenz besinnen: den Service. Und das ist schwer genug. Denn die althergebrachten Überzeugungen, dass Kleidung anprobiert, Brillen getestet und Lebensmittel frisch eingekauft werden müssten und somit nichts für den Onlinehandel wären, erweisen sich immer mehr als falsch. Deswegen werden es alle Geschäfte schwer haben, die ihre Kunden nicht beraten, sondern höchstens die technischen Daten ihrer Produkte nennen können. Wenn einem Händler egal ist, wenn Kunden eine bestimmte Ware immer wieder anfragen, dann wird hierunter das Geschäft zwangsläufig leiden. Und auch der Onlinehandel bietet mit Video-Beratungen, flexiblen Öffnungszeiten, großer Auswahl und günstigen Preisen zahlreiche Serviceleistungen, gegen die der stationäre Handel erst einmal ankommen muss.

Deswegen ist Multichannel das Zukunftskonzept schlechthin. Modehändler, die jedes Kleidungsstück nur ein einziges Mal in einer Farbe zur Verfügung haben und dem Kunden nach dem Anprobieren eine Kaufberatung anhand des umfassenden Sortiments über das Tablet anbieten, gehen den richtigen Weg. Buchhändler müssen ihre online bestellten Bücher per Fahrradkurier direkt zu den Kunden bringen und auch individuell angefertigte Kleidungsstücke müssen innerhalb kürzester Zeit zum Kunden gelangen. Wer seinen Kunden lange Wege und Parkplatzsuchen erspart und gleichzeitig einen professionellen und umfassenden Service in den Filialen anbietet, hat eine Chance zu überleben.

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